Zweckmäßige Satzungsbestimmungen zur Gewinnverwendung und -verteilung in der GmbH – Alternative Vollausschüttung?

Die Feststellung des Jahresabschlusses ist Voraussetzung für die nachfolgende Beschlussfassung über die Gewinnverwendung, falls diese „im Gesellschaftsvertrag einer besonderen Beschlussfassung von Jahr zu Jahr vorbehalten ist“. Der in § 35 Abs 1 Z 1 GmbHG verwendete Begriff „Verteilung des Bilanzgewinns“ ist deshalb nicht ganz zutreffend, weil die „Verteilung“ eine von mehreren Gestaltungsoptionen der Verwendung des Bilanzgewinns ist.

4. Alternative Vollausschüttung?

Enthält der Gesellschaftsvertrag keine Regelung über die Gewinnverwendung, so gilt das Gebot der Vollausschüttung im Verhältnis der geleisteten Stammeinlagen; der jeweilige Bilanzgewinn ist an die Gesellschafter zur Gänze zu verteilen. Das Gewinnbezugsrecht entsteht in diesem Fall mit der Feststellung des Jahresabschlusses, ohne dass ein eigener Gewinnverwendungsbeschluss erforderlich wäre. Die gesetzliche Regelung ist sehr minderheitsfreundlich, weil der Gesellschaftermehrheit jeglicher Gestaltungsspielraum zu Lasten einzelner Gesellschafter entzogen ist. Dass Gesellschaftsverträge keine Regelungen über die Gewinnverwendung enthalten ist sehr selten und grundsätzlich auch nicht zu empfehlen. Bei Errichtungserklärungen von Ein-Personen-GmbHs, die zulässiger Weise nur aus dem gesetzlichen Mindestinhalt besteht (§ 4 Abs 1 GmbHG), fehlen hingegen Gewinnverwendungsregelungen regelmäßig. In einem solchen Fall müsste der Bilanzgewinn jährlich an den Alleingesellschafter ausgeschüttet werden, sofern von diesem der Jahresabschluss festgestellt wird. In vielen Fällen unterbleibt allerdings unbeabsichtigter Weise eine förmliche Feststellung des Jahresabschlusses. Wenn der Alleingesellschafter auch einziger Geschäftsführer ist, so kann die Einreichung des Jahresabschlusses in elektronischer Form (regelmäßig durch den Steuerberater) als konkludente Feststellung angesehen werden.

Nichtsdestoweniger hat in Ermangelung einer Regelung in der Errichtungserklärung der Alleingesellschafter die Möglichkeit, durch einen formalen Gesellschafterbeschluss den Bilanzgewinn auf andere Weise zu verwenden („Der einzige Gesellschafter entscheidet einstimmig, den Bilanzgewinn in Höhe von € [—] auf offene Rechnung vorzutragen.“) Es ist dies zwar eine Satzungsdurchbrechung, die jedoch folgenlos bliebt. Der OGH erblickt bei einer Einpersonengesellschaft keinen rechtswidrigen Verstoß gegen das Vollausschüttungsgebot und führt aus, dass es dem Alleingesellschafter unbenommen bleibt, wie er den auszuschüttenden Bilanzgewinn (also allenfalls durch „Nichtausschüttung“) verwendet. Diese sehr pragmatische Judikaturlinie ist auch auf eine Mehrpersonengesellschaft anzuwenden. Votieren demnach sämtliche Gesellschafter gegen eine Vollausschüttung, so ist eine andere Form der Gewinnverwendung zulässig. Auch diese Regelung ist minderheitsfreundlich, weil selbst quotenmäßige Kleinstgesellschafter der alternativen Gewinnverwendung ausdrücklich zustimmen müssen, andernfalls bleibt es bei der gesetzlich vorgegebenen Vollausschüttung.