Was muss ein GmbH-Geschäftsführer alles können?

Die Gesellschaft (mit beschränkter Haftung) muss einen oder mehrere Geschäftsführer haben. Zu Geschäftsführern können nur physische, handlungsfähige Personen bestellt werden. Die Bestellung erfolgt durch Beschluss der Gesellschafter. Werden Gesellschafter zu Geschäftsführern bestellt, so kann dies auch im Gesellschaftsvertrag geschehen, jedoch nur für die Dauer ihres Gesellschaftsverhältnisses. 

1. Einführung

Die obige Einleitung ist – an sich untypisch für einen Praxisbeitrag – eine wörtliche Widergabe von § 15 Abs. 1 GmbHG. Die gesetzliche Regelung in dieser Form besteht seit über 100 Jahren. Von besonderer praktischer Bedeutung ist der dritte Satz: Die Bestellung erfolgt durch Beschluss der Gesellschafter. Für einen solchen gilt einerseits das Mehrheitsprinzip und andererseits ist ein Gesellschafter, der (auch) zum Geschäftsführer bestellt werden soll, bei diesem Beschlussgegenstand von seinem Stimmrecht nicht ausgeschlossen. Das bedeutet also, dass

  • der Mehrheitsgesellschafter sich selber zum Geschäftsführer bestellen kann;
  • die Gesellschaftermehrheit gegen den Willen der übrigen Gesellschafter die Bestellung einer ihr genehmen Person entweder aus ihrer Mitte oder eines Dritten durchsetzen kann.

Über welche fachliche oder unternehmerische Befähigung muss nun etwa ein Mehrheitsgesellschafter verfügen, wenn er (im unangenehmsten Fall) mit seinen Stimmen seine Bestellung zum Geschäftsführer durchsetzt? Das GmbH-Gesetzt sagt hierzu … gar nichts. Zwar gibt es nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen die Rechtsinstitute 

  • der Einlassungsfahrlässigkeit (jemanden ist bekannt oder er hätte wissen müssen, dass er für eine bestimmte Funktion [fachlich] nicht geeignet ist; sowie
  • des Auswahlverschulden (die [hier] Gesellschafter haben gewusst, dass der bestellten Person die Eignung als Geschäftsführer fehlt bzw. hätte ihnen dieser Umstand bekannt sein müssen);

doch erweisen sich diese in der Praxis vielfach als zahnlos. Die Erfolgsaussichten, einen Dritten wegen Einlassungsfahrlässigkeit oder einem Auswahlverschulden nach allgemeinen schadenersatzrechtlichen Grundsätzen zu verfolgen, sind im Regelfall nicht besonders hoch.

Im Gegensatz zu Deutschland existieren in Österreich weder im Unternehmensgesetzbuch im Allgemeinen noch im GmbH-Gesetz sowie im Firmenbuchgesetz im Besonderen Beschränkungen für den Fall, dass eine Person die zum Geschäftsführer bestellt werden soll, strafrechtlich vorbelastet ist. Solche Beschränkungen bestehen in verschiedenen berufsrechtlichen Bestimmungen, insbesondere jedoch im Gewerberecht im Hinblick auf die Person des gewerberechtlichen Geschäftsführers. Und selbst wenn dieser sauber ist, gibt es Fälle, in denen von der Gewerbebehörde auch die Person des gesellschaftsrechtlichen Geschäftsführers auf Zuverlässigkeit geprüft wird (§ 95 GewO).

2. Zwischenresümee

Ist der GmbH-Geschäftsführer auch gleichzeitig gewerberechtlicher Geschäftsführer, so hat er, wenn die GmbH ein reglementiertes Gewerbe ausübt, eine entsprechende fachliche Befähigung nachzuweisen. Bei bloßen GmbH-Geschäftsführern wird in bestimmten Fällen von der Gewerbebehörde geprüft, ob bei ihnen Gewerbeausschließungsgründe (§ 13 GewO) vorliegen.

3. Praktische Gestaltungsmöglichkeiten

Nachdem eine allenfalls erforderliche berufliche Qualifikation (im Sinne von fachlich-handwerklicher Befähigung) im Regelfall keine Schlussfolgerung auf Managementfähigkeiten zulässt, können die Gesellschafter entweder im Gesellschaftsvertrag oder durch Beschluss der Generalversammlung das individuelle Anforderungsprofil für GmbH-Geschäftsführer nachschärfen. Diese fachlichen Voraussetzungen können sich unter anderem auf nachfolgende Parameter stützen:

  • Nachgewiesene berufliche Erfahrung in einem bestimmten Fachbereich innerhalb und außerhalb der Gesellschaft;
  • es müssen die Voraussetzungen für Bestellung zum gewerberechtlichen Geschäftsführer für ein von der Gesellschaft ausgeübtes reglementiertes Gewerbe vorliegen;
  • Vorliegen bestimmter Zusatzqualifikationen;
  • Fremdsprachenkenntnisse;
  • usw.

Im Gegensatz dazu, lassen sich persönliche Voraussetzungen schwerer festlegen. Von spezialisierten Personalberatern werden Anforderungsprofile für die Übernahme einer bestimmten Geschäftsführungsfunktion ausgearbeitet. Ob die jeweiligen Kandidaten für die Übernahme der Organfunktion tatsächlich diesem Anforderungsprofil entsprechen, liegt natürlich auch immer im Auge des Betrachters.

4. Gibt es den idealen Geschäftsführer?

Es wird diese Spezies an Menschen mit Sicherheit geben; ob sie allerdings richtig eingesetzt sind, ist eine andere Frage. 

Jeder versteht unter dem Begriff ideal etwas anderes. Für einen Patriarchen der alten Schule wird der ideale Geschäftsführer vielfach eine Person sein, die seine Sprache spricht, seinen Willen exekutiert und kaum einmal eigene Akzente setzt. Versucht man das Prädikat ideal etwas zu objektivieren, so wird man üblicherweise zur Schlussfolgerung gelangen, dass es sich um eine Person handelt, 

  • die das, was sie in Ausübung ihrer Geschäftsleitungsfunktion tut, gerne und aus Überzeugung tut;
  • die durch ein gewinnendes sowie aufgeschlossenes Wesen gekennzeichnet ist, welches zur Kultur des Unternehmens passt;
  • die über Managementfähigkeiten aus dem efef verfügt;
  • für welche angewandte Wirtschaftsethik nicht nur eine Modeerscheinung ist;
  • die mit ihren Geschäftsführerkollegen ein (ungekünstelt) kollegiales und teamorientiertes Verhältnis pflegt ohne zwangsläufig verhabert zu sein;
  • die von Gesellschaftern, Mitarbeitern und Geschäftspartnern gleichermaßen geschätzt und respektiert wird;
  • die für ein hohes Maß an innerer Ruhe in der Gesellschaft und Arbeitszufriedenheit sowie gute Stimmung bei den Mitarbeitern sorgt;
  • die für sehr zufriedenstellende wirtschaftliche Resultate sorgt, die nicht zu Lasten einer erfolgreichen langfristigen Marktpositionierung gehen;
  • der eine ausgewogene Balance zwischen beruflichen Engagement und notwendigen Freizeitaktivitäten zu eigen ist;
  • die ein harmonisches Privatleben führt; und – nicht zuletzt – 
  • die trotz ihres Erfolges (vgl. die vorstehenden Punkte) bescheiden und unkapriziös auftritt. 

Gehen wir nun davon aus, dass die genannten Attribute Faktor 100 (das „Optimum“) darstellen. Machen Sie als Gesellschafter (Berater, u. ä.) für sich selbst einen Quicktest, wie viele Punkte sie den gegenwärtigen Geschäftsführern Ihrer GmbH geben würden. Das gleiche gilt für die betroffenen Geschäftsführer: wie sehen Sie sich? Wie viele Punkte würden Sie an sich selbst vergeben? Wo besteht Handlungspotenzial und Verbesserungsbedarf?

5. Wer sollte besser nicht zum Geschäftsführer bestellt werden?

Die Übernahme der Geschäftsführung kann mit Macht, Einfluss, Gestaltungskraft, einer attraktiven Vergütung und einem hohen sozialen Image verbunden sein; sie stellt für viele Menschen den angestrebten Höhepunkt ihrer beruflichen Karriere dar. An die Sorgen und Entbehrungen, die mit der Übernahme der Organfunktion verbunden sind, denkt man in dem Augenblick, zu dem man im Begriffe ist, Geschäftsführer zu werden, üblicherweise nicht. Und das ist auch gut so.

Viel zu häufig passiert es, dass Personen zu Geschäftsführern bestellt werden, von denen anzunehmen ist, dass sie entweder scheitern oder Unruhe in das Unternehmen bringen werden. Immer wieder gelten archaische Grundsätze wie: Mein Sohn muss nach mir Geschäftsführer werden. Es ist eben so, dass Geschäftsführer von den Gesellschaftern bestellt werden und diese tragen für Fehlgriffe eben die Verantwortung (zumindest diejenigen, die für die Bestellung eines offensichtlich ungeeigneten Kandidaten plädiert haben).

Die Bestellung einer Person zum Geschäftsführer ist (sehr) kritisch zu hinterfragen, wenn

  • der Kandidat in seiner bisherigen Funktion keine glückliche Hand im Umgang mit Mitarbeitern hatte;
  • die Organfunktion vom Mehrheitsgesellschafter durchgedrückt werden soll, bloß weil es sich um den Sohn oder die Tochter handelt;
  • eine schwierige Arbeitsbeziehung mit den übrigen Geschäftsführern zu erwarten ist;
  • der ins Auge gefasste Kandidat noch an Lebensjahren sehr jung ist;
  • das betreffende Familienmitglied auf einem Schlag mehrere Hierarchien des Unternehmens überspringen muss, um neben seinem Vater (seiner Mutter) Mitglied des Geschäftsleitungsorgans zu werden;
  • ihre fachliche Qualifikation (noch) nicht ausreichend vorhanden ist bzw. nicht vorhanden sein kann; 
  • trotz aller positiven Vorzeichen dafür das Bauchgefühl bei den Gesellschaftern dagegen spricht;
  • die amtierenden Geschäftsführer mehr oder wenig deutlich ihre Bedenken äußern;
  • massive Wiederstände von Teilen der Gesellschafter hervorkommen, die nicht unsachlich sind;
  • die Gesellschaft einen weiteren Geschäftsführer streng genommen gar nicht benötigt;
  • jemand – aus welchen Gründen auch immer – mit einer Funktion versorgt werden soll.

6. Zusammenfassung

Die durchaus praxistauglichen gesetzlichen Bestellungsregeln für GmbH-Geschäftsführer sind die eine Seite der Medaille, die Mehrheitsverhältnisse in der Generalversammlung und gesellschaftsvertragliche vereinbarte Sonderrecht auf Geschäftsführung die Andere. Hier geht es um die Funktion, nicht jedoch die hierfür erforderliche persönliche und fachliche Kompetenz. Es lässt sich zumeist nur schwer vorhersagen, wie sich eine Person im Zuge der Übernahme einer Leitungsfunktion in der Zukunft entwickelt. Den Gesellschaftern wird jedoch empfohlen, über diese Aspekte nachzudenken und ein individuelles Anforderungsprofil für die Geschäftsführung zu erstellen.