Über glückliche und weniger glückliche Bestellungen von GmbH-Geschäftsführern

Man mag es in einem reglementierungsfreudigen Land wie Österreich, in dem auch für das gemeinhin gefährliche Gewerbe der Floristen eine Befähigungsprüfung erforderlich ist, nicht glauben: GmbH-Geschäftsführer kann – etwas überspitzt dargestellt – jeder werden. Es gibt zwar die juristische Haftungskategorien Einlassungsfahrlässigkeit und Auswahlverschulden; dieser Umstand interessiert die Betroffenen in vielen Fällen nicht wirklich. Nachdem im BÖB-Journal 76/18, Seite 66 ff, die verschiedenen Möglichkeiten der Geschäftsführerbestellung dargestellt wurden, beschäftigt sich dieser Beitrag mit der Frage nach dem idealen Geschäftsführer und jenen Personen, die eher nicht diesem Prädikat gerecht werden.

1. Ausgangssituation und Rechtsgrundlagen

Die Einstiegshürden für die Organfunktion eines GmbH-Geschäftsführers sind nicht hoch: Als höchstpersönliche Voraussetzung ist nur die Eigenberechtigung und Handlungsfähigkeit erforderlich. Da nur natürliche Personen eigenberechtigt handlungsfähig sind, können juristische Personen schon deshalb nicht zu Geschäftsführern bestellt werden, weil juristische Personen zwar rechtsfähig, aber eben nicht handlungsfähig sind; vgl. hierzu weiterführend N. Arnold/Pampel in Gruber/Harrer (Hrsg), GmbHG² (2018) § 15 Rz 18. Geschäftsführerpositionen in jenen Gesellschaften, die der Kontrolle des Rechnungshofes unterliegen, bedürfen nach den Bestimmungen des Stellenbesetzungsgesetzes einer öffentlichen Ausschreibung.

Schon aus gemeinschaftsrechtlichen Aspekten ist für GmbH-Geschäftsführer weder eine bestimmte Staatsbürgerschaft noch ein Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt im Inland erforderlich. Eine kaufmännische Befähigung ist weder vorgeschrieben noch wird eine solche vielfach von den Gesellschaftern ernsthaft geprüft. Konkurs und getilgte Vorstrafen haben (im Gegensatz zur Rechtslage in Deutschland) allenfalls in Form von Ausschließungsgründen Auswirkungen auf das von der GmbH ausgeübte Gewerbe. Die Funktion eines Gesellschafter-Geschäftsführers ist eine sehr weit verbreitete Gattung, eine Unvereinbarkeit besteht in der gleichen Gesellschaft lediglich mit der Mitgliedschaft im Aufsichtsrat (§ 30e Abs. 1 GmbHG) sowie der Funktion des Prokuristen.

Allerdings können Aufsichtsratsmitglieder gemäß § 30e Abs. 2 GmbHG für einen im Voraus begrenzten Zeitraum zur Vertretung von verhinderten Geschäftsführern bestellt werden; in dieser Zeit ruht ihre Mitgliedschaft im Aufsichtsrat.

Das GmbH-Gesetz normiert weder besondere Anforderungen an die Qualifikation von Geschäftsführern im Hinblick auf Ausbildung, Erfahrung sowie sonstige Kriterien noch spezielle Ausschließungsgründe oder Bestellungshindernisse. Demgegenüber sind in verschiedenen berufsrechtlichen Bestimmungen (Wirtschaftstreuhandberufsgesetz, Rechtsanwaltsordnung et cetera) weitere Qualifikationsmerkmale vorgesehen.

Im Gesellschaftsvertrag (oder auch außerhalb im Zuge eines simplen Agreements zwischen den Gesellschaftern) können für künftige Geschäftsführer auch bestimmte fachliche oder berufliche – sofern solche nicht ohnehin schon kraft Gesetz bestehen – Voraussetzungen statuiert werden. Diese fachlichen Voraussetzungen können sich unter anderem auf nachfolgende Parameter stützen:

  • Bestimmtes (Höchst-)Alter.
  • Abgeschlossene Ausbildung in einem bestimmten Fachgebiet.
  • Nachgewiesene berufliche Erfahrung innerhalb und außerhalb der Gesellschaft.
  • Es müssen die Voraussetzungen für Bestellung zum gewerberechtlichen Geschäftsführer für ein von der Gesellschaft ausgeübtes reglementiertes Gewerbe gegeben sein.
  • Vorliegen bestimmter Zusatzqualifikationen.
  • Fremdsprachenkenntnisse.
  • Zugehörigkeit zu einem Familienstamm bzw. bestimmtes Verwandtschaftsverhältnis.

Im Gegensatz zu den vorangeführten, ist die Festlegung der persönliche Voraussetzungen für Geschäftsführer wesentlich schwieriger, weil diese vielfach im Auge des Betrachters liegen. Von spezialisierten Personalberatern werden häufig Anforderungsprofile für die Übernahme einer bestimmten Geschäftsführungsfunktion ausgearbeitet. Ob die jeweiligen Kandidaten für die Übernahme der Organfunktion tatsächlich diesem Anforderungsprofil entsprechen, ist naturgemäß vor allem bei personalistischen Gesellschaftsstrukturen bis zu einem gewissen Grad auch Anschauungssache und nicht immer hinreichend objektivierbar.

Bei größeren Familienunternehmen gibt es manchmal den sog. Goldfischteich, in welchem die Söhne und Töchter der gegenwärtigen Gesellschafter für künftige Managementaufgaben vorbereitet werden. Gilt es eine Geschäftsführungsposition zu besetzen, so wird (wiederum teilweise mit Hilfe von Personalberatungsunternehmen) der als am geeignetsten erscheinende Kandidat ausgewählt. Aber selbst bei diesem sehr professionellen Programm ist der Erfolg nicht immer so, wie ihn sich seine Initiatoren wünschen würden.

2. Gibt es den idealen Geschäftsführer?

Es wird diese Spezies an Menschen mit Sicherheit geben; ob sie allerdings von der jeweiligen Gesellschaft auch gefunden werden bzw. von der Generalversammlung als oberstes Entscheidungsorgan der GmbH richtig eingesetzt sind, ist eine andere Frage.

Der ideale Geschäftsführer ist eine Person,

  • die das, was sie in Ausübung ihrer Organfunktion tut, gerne und aus Überzeugung macht;
  • die durch ein gewinnendes sowie aufgeschlossenes Wesen gekennzeichnet ist, welches zur Kultur des Unternehmens passt;
  • die über Managementfähigkeiten aus dem efef verfügt;
  • für die angewandte Wirtschaftsethik nicht nur eine Modeerscheinung ist;
  • die mit ihren Geschäftsführerkollegen ein (ungekünstelt) kollegiales und teamorientiertes Verhältnis pflegt ohne zwangsläufig verhabert zu sein;
  • die von Gesellschaftern, Mitarbeitern und Geschäftspartnern gleichermaßen geschätzt und respektiert wird;
  • die für ein hohes Maß an innerer Ruhe in der Gesellschaft und Arbeitszufriedenheit sowie gute Stimmung bei den Mitarbeitern sorgt;
  • die für zufriedenstellende wirtschaftliche Resultate sorgt, die nicht zu Lasten einer erfolgreichen langfristigen Marktpositionierung gehen;
  • der eine ausgewogene Balance zwischen beruflichem Engagement und notwendigen Freizeitaktivitäten zu eigen ist;
  • die ein harmonisches Privatleben führt und – nicht zuletzt –
  • trotz ihres Erfolges (vgl. die vorstehenden Punkte) bescheiden und unkapriziös auftritt.

Angesichts der vorangeführten Kriterien (die jeder für sich nach eigenem Belieben realistisch ergänzen kann bzw. soll) ist eigentlich alles gesagt. Davon ausgehend, dass die genannten Eigenschaften Faktor 100 (das „Optimum“) darstellen, sollte jeder Gesellschafter einen Quicktest machen, wie viele Punkte er den gegenwärtigen Geschäftsführern seiner GmbH geben würde. Das Gleiche gilt für die betroffenen Geschäftsführer: Wie sehen sie sich selbst? Wie viele Punkte würden sie an sich selbst vergeben? Wo besteht Handlungspotenzial und Verbesserungsbedarf?

3. Wer sollte besser nicht zum Geschäftsführer bestellt werden?

Die Übernahme der Geschäftsführung kann mit Macht, Einfluss, Gestaltungskraft, einer attraktiven Vergütung und einem hohen sozialen Image verbunden sein; sie stellt für viele Menschen den angestrebten Höhepunkt ihrer beruflichen Karriere dar. An die Sorgen und Entbehrungen, die mit der Übernahme der Organfunktion verbunden sind, denkt man in dem Augenblick, zu dem man im Begriff ist, Geschäftsführer zu werden, üblicherweise nicht. Und das ist auch gut so.

Leider kommt es in der Praxis sehr häufig vor, dass Personen zu Geschäftsführern bestellt werden, von denen anzunehmen ist, dass sie entweder scheitern oder Unruhe in das Unternehmen bringen werden. Es ist eben so, dass Geschäftsführer von Gesellschaftern bestellt werden und diese tragen für Fehlgriffe die Verantwortung (zumindest diejenigen die für die Bestellung eines offensichtlich ungeeigneten Kandidaten plädiert haben).

Die Bestellung einer Person zum Geschäftsführer ist (sehr) kritisch zu hinterfragen, wenn

  • der Kandidat in seiner bisherigen Funktion keine glückliche Hand im Umgang mit Mitarbeitern hatte;
  • die Organfunktion vom Mehrheitsgesellschafter durchgedrückt werden soll, bloß weil es sich um den Sohn oder die Tochter handelt;
  • eine schwierige Arbeitsbeziehung mit den übrigen Geschäftsführern zu erwarten ist;
  • der ins Auge gefasste Kandidat ist an Lebensjahren noch sehr jung;
  • das betreffende Familienmitglied auf einen Schlag mehrere Hierarchien des Unternehmens überspringen muss, um neben seinem Vater (seiner Mutter) Mitglied des Geschäftsleitungsorgans zu werden;
  • die fachliche Qualifikation (noch) nicht ausreichend vorhanden ist bzw. nicht vorhanden sein kann;
  • trotz aller positiven Vorzeichen dafür, das Bauchgefühl bei den Gesellschaftern dagegen spricht;
  • die amtierenden Geschäftsführer mehr oder wenig deutlich ihre Bedenken äußern;
  • massive Wiederstände von Teilen der Gesellschafter hervorkommen, die nicht unsachlich sind;
  • die Gesellschaft einen weiteren Geschäftsführer streng genommen gar nicht benötigt;
  • jemand – aus welchen Gründen auch immer – mit einer Funktion versorgt werden soll.

Die wirksame Bestellung zum Geschäftsführer bedarf einer Annahme durch den Bestellten selbst. Auch der für die Übernahme der Organfunktion ins Auge gefassten Person obliegt es zu evaluieren, ob sie sich im Zielunternehmen voraussichtlich wohl fühlen wird. Insoweit gibt es eine Vielzahl an Informationsquellen, wie etwa

  • sämtliche verfügbare mediale Botschaften sowie den Internetauftritt („Kann ich mich mit dem Unternehmensgegenstand identifizieren?“;
  • Firmenbuchauszüge mit historischen Daten („Wie oft gab es in den vergangenen Jahren Änderungen innerhalb der Geschäftsführung?“);
  • die veröffentlichten Jahresabschlüsse, an Hand derer die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft (einigermaßen) erkennbar ist;
  • ein Unternehmensleitbild und allfälliger Wertekatalog („Stimmen wesentliche [wirtschafts-]ethische Grundprinzipien des unternehmerischen Handelns mit meinen überein?“).

Die in diesem Beitrag angesprochenen Entscheidungsparameter stehen nicht im Gesetz, umso wichtiger ist es, sich mit ihnen auseinander zu setzen. Und mit dieser Botschaft schließt sich der Kreis.

Weiterführende Ausführungen zum Thema:

Christian Fritz, Wie führe ich eine GmbH richtig?

Praxishandbuch mit über 1.300 Beispielen, Mustern und Checklisten

2., überarbeitete und erweiterte Auflage (Linde)