Von den Pflichten eines GmbH-Geschäftsführers 1. Teil

Die GmbH-Reform 2013 mit ihrer Herabsetzung des Mindeststammkapitals auf € 10.000,– ist geschlagen. Ob es damit gelungen ist, Voraussetzungen für eine unternehmerische Tätigkeit so zu verbessern, dass es zu einer regelrechten Gründungswelle kommen wird, erscheint seht zweifelhaft. Die Herabsetzung des Stammkapitals ist nunmehr weiten Bevölkerungskreisen bekannt; die konkreten Pflichten von GmbH-Geschäftsführern sind es vielfach nicht einmal den Betroffenen. Diese Lücke versucht dieser – und in loser Reihenfolge – weitere Beiträge zu schließen.

1. Einführung

Zu den Pflichten eines GmbH-Geschäftsführers gehört es, das gesellschaftliche Unternehmen unter Beachtung aller maßgebenden Rechtsvorschriften zu leiten und sich stets ein genaues Bild von der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens, insb. von seiner Liquidität, zu verschaffen. Das klingt nicht unlogisch; welche Rechtsvorschriften allerdings maßgeblich sind, ist allerdings vielfach unbekannt. Deshalb sind die von einem GmbH-Geschäftsführer zu beachtenden Formalvorschriften in der folgenden Tabelle in alphabetischer Reihenfolge zusammen gefasst:

Beschreibung der Geschäftsführungsaufgabe

Rechtsgrundlage


(aktive und passive) Vertretung, Verwaltung und Leitung der Gesellschaft


§ 18 GmbHG



Abgabe einer Musterunterschrift


§ 12 FBG


Abwicklung der Gesellschaft


§§ 90 ff GmbHG


Anmeldung der Kapitalherabsetzung zum Firmenbuch


§ 55 Abs 1 GmbHG


Anmeldung des AR-Vorsitzenden und seines Stellvertreters zum Firmenbuch


§ 30g Abs 1 GmbHG


Anmeldung einer neu errichteten Gesellschaft zur Eintragung in das Firmenbuch 
 

§ 9 GmbHG

Anmeldung von Veränderungen im Stande der Gesellschafter, insbesondere Firmenbuchanmeldung des Überganges von Geschäftsanteilen 


§ 26 Abs 1 GmbHG


Antrag auf Einleitung eines Unternehmens-reorganisationsverfahrens


§ 1 URG GmbHG


Antrag auf gerichtliche Abberufung eines Geschäftsführers

 

§ 16 Abs 2 GmbHG
   

Antrag auf gerichtliche Bestellung eines fehlenden Geschäftsführers („Notgeschäftsführerbestellung“)



§ 15a GmbHG

Antrag auf gerichtliche Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern

§ 30d Abs 1 GmbHG
 

Aufbewahrungspflicht der Unterlagen des Rechnungswesens 


§ 212 Abs 1 UGB



Aufnahme einer Niederschrift über die Beschlüsse der Generalversammlung und Übermittlung von Beschlussabschriften an die Gesellschafter 


§ 40 Abs 2 GmbHG 


Aufstellung des Jahresabschlusses


§ 22 Abs 1 GmbHG
 

Auskunftserteilung gegenüber den Gesellschaftern
 

§§ 22 Abs 2 und 40 Abs 2 GmbHG

Auskunftspflicht gegenüber der Gesellschaft für 5 Jahren nach Beendigung der Organfunktion


§ 24a GmbHG


Beachtung der Zustimmungspflicht des Aufsichtsrates bei genehmigungspflichtigen Geschäften


§ 30j Abs 5 GmbHG


Beachtung des Gesellschaftsvertrages


§ 20 Abs 1 GmbHG


Befolgung von Weisungsbeschlüssen der Gesellschafter


§ 20 Abs 1 GmbHG 


Berichterstattung an den Aufsichtsrat


§ 28a GmbHG


Berichterstattung über Verlangen des Aufsichtsrates (Anforderungsbericht auf Verlangen des AR-Vorsitzenden oder zwei AR-Mitgliedern)


§ 30j Abs 2 GmbHG


Bestätigung der Verfügungsbefugnis über geleistete Stammeinlagen sowie von den Gesellschaftern übernommene Kapitalerhöhungsbeträge


§ 10 Abs 3 GmbHG


Durchführung des Aufgebotsverfahrens bei Herabsetzung des Stammkapitals 


§§ 54 ff GmbHG


Durchführung des Kaduzierungsverfahrens


§ 66 f GmbHG


Einberufung der (ordentlichen) Generalversammlung


§ 36 Abs 1 GmbHG


Einberufung einer (außerordentlichen) Generalversammlung, wenn es das Interesse der Gesellschaft erfordert, insbesondere bei Verlust der Hälfte des Stammkapitals 


§ 36 Abs 2 GmbHG


Einberufung einer Generalversammlung, wenn das begründete schriftliche Verlangen hierzu von mind. 10 % des Stammkapitals vorgebracht wird 


§ 37 Abs 1 GmbHG


Einforderung von Nachschüssen der Gesellschafter auf Grund eines Gesellschafterbeschlusses 


§§ 72 ff GmbHG


Einforderungen von Einzahlungen auf die Stammeinlagen der Gesellschafter


§ 64 Abs 1 GmbHG


Einhaltung des Wettbewerbsverbotes


§ 24 GmbHG


Einstellung der Zahlungen bei Insolvenzreife


§ 25 Abs. 3 Z 2 GmbHG


Erledigung aller Angelegenheiten der Geschäftsführung mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsleiters


§ 25 Abs 1 GmbHG 


Erstattung eines Sonderberichtes an den Aufsichtsrat 


§ 28a Abs 1 GmbHG


Feststellung und Evidenzhaltung der Anzahl der beschäftigen Dienstnehmer 


§ 29 Abs 4 GmbHG


Führung der Bücher sowie Verantwortung für ein ordnungsgemäßes Rechnungswesen sowie ein geeignetes Controlling-System 


§ 22 Abs1 GmbHG


Gläubigeraufruf im Zusammenhang mit einer Kapitalherabsetzung 


§ 55 Abs 2 GmbHG



Hinweis auf die verpflichtenden Angaben auf allen Geschäftspapieren der Gesellschaft 


§ 14 UGB


Kapitalerhaltung und Kapitalsicherung 


§ 82 ff GmbHG


Keine Gewährung unzulässiger Zahlungen an Gesellschafter


§ 83 GmbHG


Prüfplicht bei Sacheinlagen der Gesellschafter


§ 6a Abs 2 GmbHG


Rechtzeitige Insolvenzantragstellung bei Zahlungsfähigkeit oder Überschuldung


§ 25 Abs 3 Z 2 GmbHG; § 67 Abs 1 sowie § 69 Abs 2 und 3 IO


Vornahme der erforderlichen Anmeldungen zum Firmenbuch


§§ 3, 4, 11 FBG


Zusendung des Jahresabschlusses samt Lagebericht an die Gesellschafter


§ 22 Abs 2 GmbHG

Wie die Tabelle zeigt, ist der Pflichtenkreis eines Geschäftsführers geradezu erschreckend umfangreich. Glücklicherweise haben vor allem für kleine GmbHs gewisse Bestimmungen – etwa über den Aufsichtsrat – keine allzu große praktische Relevanz. Das was an Pflichten übrig bleibt ergibt aber, wenn die kraft Gesetz geschuldete Sorgfalt (§ 25 Abs. 1 GmbHG) nicht erbracht wird, immer noch ein ganz gehöriges Haftungspotenzial.

Ein Geschäftsführer schuldet jene Sorgfalt, Fähigkeiten und Kenntnisse, die – abstrakt – von Mitgliedern des Geschäftsleitungsorgans in einem bestimmten Geschäftszweig, einer bestimmten Unternehmensgröße sowie einer bestimmten Situation üblicherweise erwartet werden können. 

Der Sorgfaltsmaßstab hat sich zu orientieren an

Ein Geschäftsführer kann Leitungs- und Führungsverantwortung unter der Voraussetzung delegieren, dass 

Es lässt sich also sagen, dass ein Geschäftsführer Arbeit, keinesfalls aber Haftung delegieren kann.

Zu den wichtigsten Aufgaben eines GmbH-Geschäftsführers gehört die  Vertretung, Verwaltung und Leitung der Gesellschaft einschließlich der Geschäftsführung; diesen Kernaufgaben widmen sich die nachfolgenden Ausführungen.

2. Die Vertretung der Gesellschaft

2.1. Begriff und Wesen

Unter Vertretung wird das Tätig werden eines Geschäftsführers für die GmbH im Außenverhältnis verstanden; darunter fallen insbesondere die Abgabe von Willenserklärungen, der Abschluss von Verträgen und die Empfangnahme von Erklärungen Dritter, die sog. passive Vertretung.

Den Geschäftsführern obliegt ausschließlich die aktive und passive (außer)gerichtliche Vertretung der Gesellschaft (§ 18 Abs. 1 GmbHG); insoweit besteht ein Vertretungsmonopol, dass mit der Annahme der Bestellung zum Mitglied des Vertretungsorgans beginnt. Aus diesem Grunde wird die Geschäftsführung auch als notwendiges Organ einer GmbH bezeichnet. Die Vertretungsbefugnis des Aufsichtsrats (§ 30e Abs. 2 GmbHG) und der Generalversammlung (§ 35 Abs. 1 Z 6 und 7 GmbHG) sind derart beschränkt, dass die GmbH ohne Geschäftsführer nahezu handlungsunfähig ist.

Mit der Bestellung sind die Geschäftsführer kraft Gesetz geschäftsführungs- und vertretungsberechtigt. Es bedarf daher weder einer zusätzlichen Vereinbarung mit der Gesellschaft noch einer rechtsgeschäftlichen Bevollmächtigung. Der Anstellungsvertrag ist lediglich die dienstrechtliche Ausgestaltung der Organfunktion unter arbeitsrechtlichen Gesichtspunkten.

Auch der Alleingesellschafter oder Mehrheitsgesellschafter ist in dieser Eigenschaft, also ohne zum Geschäftsführer bestellt oder bevollmächtigt zu sein, zur Vertretung der Gesellschaft nicht berechtigt. Die Gesellschaft wird durch die von den Geschäftsführern in ihrem Namen geschlossenen Rechtsgeschäfte berechtigt und verpflichtet (§ 19 Abs. 1 erster Satz GmbHG). Die Geschäftsführer vertreten die Gesellschaft auch vor Verwaltungsbehörden und gegenüber den Gesellschaftern.

Eine GmbH wird immer dann vertreten, wenn in ihrem Namen Willenserklärungen abgegeben bzw. entgegen genommen werden. Äußerungen, die keine Willenserklärung sind, fallen nicht unter den Vertreterbegriff; dazu sind auch rechtserhebliche Wissenserklärungen zu zählen. Diese Wissenserklärungen können demnach auch bei organschaftlicher Gesamtvertretung von jedem einzelnen Geschäftsführer abgegeben werden; vgl. hierzu auch OGH 25.8.1998, 1 Ob 172/98w = RdW 1999, 25.

Der Umfang der Vertretungsmacht der Geschäftsführer ist nach außen hin unbeschränkbar; eine dennoch erfolgte Beschränkung bleibt in rechtlicher Hinsicht Dritten gegenüber unwirksam (§ 20 Abs. 2 GmbHG).

Die Rechtswirksamkeit der Vertretungsmacht beginnt grundsätzlich mit dem Bestellungsbeschluss der Gesellschafter und besteht (in der Regel) unabhängig von der Eintragung in das Firmenbuch. Im Bestellungsbeschluss sind der Beginn sowie die Art der Vertretung festzulegen und im Zuge der Firmenbuchanmeldung anzugeben.

Form. Die Vertretung erfolgt in der Weise, dass die erforderliche Anzahl von Geschäftsführern zur Firma der Gesellschaft ihre Unterschrift hinzufügen (§ 18 Abs. 2 letzter Satz GmbHG). Bei dieser Bestimmung handelt es sich zwar „nur“ um eine Ordnungsvorschrift, der aber für die Zurechnung einer rechtsgeschäftlichen Erklärung entscheidende Bedeutung zukommt.

2.2. Gesetzliche vs. Gesellschaftsvertragliche Regelung der Vertretungsarten

Zur Ausübung der aktiven Vertretungsmacht durch Abgabe von Willenserklärungen für die GmbH gilt Gesamtvertretung aller Geschäftsführer, soweit der Gesellschaftsvertrag nicht eine abweichende Regelung trifft (§ 18 Abs. 2 GmbHG). Die gesetzliche Regelung ermöglicht die ständige Vertretung der Gesellschaft bis zum Ausscheiden des letzten Geschäftsführers: Solange mehrere Geschäftsführer vorhanden sind, vertreten diese gemeinsam. Das Vertretungsrecht von Geschäftsführern, die nachträglich wegfallen, geht auf die übrigen noch verbleibenden Geschäftsführer über. Scheiden schließlich alle Geschäftsführer bis auf einen aus, ist der verbleibende Geschäftsführer bis zur neuerlichen Bestellung eines weiteren Geschäftsführers einzelzeichnungsberechtigt (vgl. hierzu auch OGH 17.2.2005, 6 Ob 207/04 s = SWK 2005, 870).

Im Gesellschaftsvertrag kann jede vom Gesetz abweichende Vertretungsregelung festgelegt werden:

Sieht der Gesellschaftsvertrag  ausschließlich kollektive Vertretungsberechtigung der Geschäftsführer vor oder wird eine solche im Bestellungsbeschluss festgelegt, dann können nach Ausscheiden einzelner Geschäftsführer und Unterschreiten der für die Vertretungsberechtigung erforderlichen Anzahl die verbliebenen Geschäftsführer nicht einzelzeichnungsberechtigt vertreten. Das Gleiche gilt, wenn Geschäftsführer in bestimmten personellen Kombinationen kollektiv vertretungsberechtigt sind. 

Kollektivvertretungsberechtigte Geschäftsführer sind auch bei Gefahr im Verzug nicht einzelvertretungsberechtigt. Eine Ausnahme besteht nur im Hinblick auf die Verpflichtung zur Stellung eines Insolvenzantrages.

Wird also durch Ausscheiden eines Geschäftsführers die im Gesellschaftsvertrag festgelegte Anzahl der Geschäftsführer unterschritten, so besteht die Wahl zwischen Neubestellung und Abänderung des Gesellschaftsvertrages (OGH 6.7.1998, 8 Ob 73/98p = RdW 1998, 613).

Auch wenn sich die Gesellschafter bei allen oder einzelnen ihrer Geschäftsführer für eine selbständige Vertretung entscheiden, gibt es Fälle, wo unbeschadet der tatsächlich vereinbarten Art der Vertretung sämtliche Geschäftsführer gemeinsam handeln müssen. Zwingende Gesamtvertretung der Geschäftsführer besteht demnach bei der

Unabhängig von der Art der Vertretungsbefugnis können (bzw. müssen) Erklärungen und andere Zustellungen an die Gesellschaft von jedem Geschäftsführer entgegen genommen werden  (Passive Vertretungsbefugnis). Auch das Wissen eines kollektiv zeichnungsberechtigten Geschäftsführers ist grundsätzlich  der Gesellschaft zuzurechnen.

2.3. Sonderfall Selbstkontrahieren

Beim Selbstkontrahieren vertritt der Geschäftsführer die GmbH bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts, an dem er zugleich im eigenen Namen oder als Bevollmächtigter eines Dritten als Vertragspartner der Gesellschaft auftritt. Selbstkontrahieren ist nur zulässig, wenn der Vertretene persönlich dem abgeschlossenen Rechtsgeschäft im Vorhinein zugestimmt oder dieses im Nachhinein genehmigt hat (OGH 6.10.2005, 6 Ob 56/05m = ecolex 2006, 55).

Liegt eine solche ausdrückliche Zustimmung oder Genehmigung nicht vor, ist es für die Gültigkeit und Rechtswirksamkeit eines In-sich-Geschäftes erforderlich, dass

Beim In-sich-Geschäft sind die Interessen des Vertretenen und die der Allgemeinheit besonders schutzwürdig. In diesem Fall vereinigen sich gegenläufige Interessen zweier Vertragspartner eines Rechtsgeschäfts in einer Person. Ob eine Interessengefährdung vorliegt, ist durch eine abstrakte ex-ante-Betrachtung zu beurteilen. Es ist nicht notwendig, dass das betreffende In-sich-Geschäft konkret nachteilig war, sondern es genügt die abstrakte Gefahr, dass Interessen der GmbH durch das Eigeninteresse des Geschäftsführers beeinträchtigt werden könnten. 

Keine Interessengefährdung liegt vor, wenn 

Vor Abschluss eines In-sich-Geschäfts sind die Geschäftsführer bei sonstigem Schadenersatz verpflichtet, die Zustimmung des Aufsichtsrates oder, wenn kein Aufsichtsrat besteht, sämtlicher übriger Geschäftsführer einzuholen (§ 25 Abs 4 GmbHG). Ist kein Aufsichtsrat bestellt und nur ein Geschäftsführer vorhanden, hat dieser die Zustimmung der Gesellschafter einzuholen. Der Aufsichtsrat hat über Rechtsgeschäfte, die zwischen Gesellschaft und Geschäftsführern abgeschlossen wurden, der jeweils nächsten Generalversammlung zu berichten. Verabsäumt der Geschäftsführer eines dieser Gesellschaftsorgane zu verständigen, wird er schadenersatzpflichtig.

Rechtsgeschäfte, die der Alleingesellschafter sowohl im eigenen Namen als auch namens der Gesellschaft abschließt sind dann rechtswirksam (§ 18 Abs. 5 GmbHG), wenn

2.4. Missbrauch der Vertretungsmacht

Die Vertretungsbefugnis von GmbH-Geschäftsführern ist dritten Personen gegenüber (also im Außenverhältnis) inhaltlich nicht beschränkbar (§ 20 Abs. 2 GmbHG). Dieser Grundsatz gilt auch in jenen Fällen, in denen ein Geschäftsführer im Innenverhältnis verpflichtet ist, die ihm auferlegten Beschränkungen einzuhalten (§ 20 Abs. 1 GmbHG). Diese Bestimmung bezweckt den Schutz der Allgemeinheit und befreit einen Vertragspartner der GmbH von jeder Nachforschungspflicht im Hinblick auf den konkreten Umfang der Vertretungsmacht.

Die Gesellschaft wird daher – unter der Voraussetzung, dass der Vertragspartner schutzwürdig ist – auch durch Rechtsgeschäfte berechtigt und verpflichtet, die ein Geschäftsführer in Überschreitung der ihm für seine Vertretung im Innenverhältnis auferlegten Beschränkungen abgeschlossen hat.

Ein Missbrauch der Vertretungsmacht liegt vor, wenn folgende Voraussetzungen gegeben sind:

Der Vertragspartner verliert seine Schutzwürdigkeit, wenn er den Missbrauch der Vertretungsmacht

3. Geschäftsführung

3.1. Grundlagen

Der als Gegenstück zur Vertretung geregelte Begriff Geschäftsführung umfasst jede rechtliche und tatsächliche Tätigkeit eines oder mehrerer Geschäftsführer(s) für die Gesellschaft; dazu gehören auch betriebswirtschaftlichen Maßnahmen im Rahmen der (strategischen) Unternehmensführung. Neben gesetzlichen Beschränkungen erstreckt sich  die Geschäftsführungsbefugnis auch nicht auf Angelegenheiten, die durch den Gesellschaftsvertrag auf andere Gesellschaftsorgane (Aufsichtsrat oder Beirat) übertragen sind.

Sind mehrere Geschäftsführer vorhanden, kommt ihnen Gesamtgeschäftsführungsbefugnis zu. Die Geschäftsführer bilden dabei ein Kollegialorgan; für die Willensbildung sind einstimmige Beschlüsse erforderlich. Bei Gefahr im Verzug kann dennoch jeder Geschäftsführer selbständig die notwendigen Geschäftsführungshandlungen vornehmen (§ 21 Abs. 1 GmbHG). 

Der Gesellschaftsvertrag kann die Geschäftsführungsbefugnis unabhängig von der Vertretungsberechtigung in einem relativ großen Rahmen regeln. Es besteht daher die Möglichkeit, Einzelgeschäftsführungsbefugnis einzelnen oder allen Geschäftsführern zu erteilen. In diesem Fall muss eine zur Geschäftsführung gehörende Handlung unterbleiben, wenn ein anderer Geschäftsführer dagegen Widerspruch erhebt (§ 21 Abs. 2 GmbHG). Dieses gesetzliche Widerspruchsrecht kann durch den Gesellschaftsvertrag in jeder Richtung bis zur gänzlichen Beseitigung modifiziert werden.

Der Gesellschaftsvertrag kann eine Aufgabenteilung (Geschäftsverteilung). vorsehen. Die Verantwortlichkeit der einzelnen Geschäftsführer ist dann mit Ausnahme jener Bereiche, für die zwingend Gesamtverantwortung vorgeschrieben ist, auf ihren Arbeitsbereich eingeschränkt. Erfolgt eine Aufgabenteilung nur durch eine Vereinbarung zwischen den Geschäftsführern, bleibt die Gesamtverantwortung aller Geschäftsführer bestehen.

3.2. Beschränkungen und Erweiterungen der Geschäftsführungsbefugnis

Die Gesellschafter können auch durch eine entsprechende Regelung  im Gesellschaftsvertrag die gesetzlich angeordnete Gesamtgeschäftsführung in jeder nur denkbaren Weise modifizieren und dabei andere Erfordernisse festlegen.

Konkret können Beschränkungen der Geschäftsführungsbefugnis vereinbart werden

Die Erweiterung der Geschäftsführungsbefugnis kann vereinbart werden, indem den Geschäftsführern entweder durch eine Regelung im Gesellschaftsvertrag oder durch Gesellschafterbeschluss die Erteilung von Prokura und Handlungsvollmacht nach eigenem pflichtgemäßem Ermessen gestattet wird.

3.3. Widerspruch zu Geschäftsführungsmaßnahmen

Der Widerspruch zu Geschäftsführungsmaßnahmen (§ 21 Abs. 2 GmbHG) hat in jenen Fällen zu erfolgen, in denen er die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsführers erfordert. Die nachweisliche Ausübung des Widerspruchsrechts ist von besonderer Bedeutung im Falle der wirtschaftlichen Krise der Gesellschaft. Das Widerspruchsrecht bzw. die Widerspruchspflicht ist einer der „Aufhänger“ für die Frage, wie mehrere Geschäftsführer haften. Erschwerend kommt in der Praxis hinzu, dass keine gesetzliche Regelung besteht, wie der Widerspruch zu erfolgen hat: er muss jedenfalls zumutbar  sein; dabei ist auf den jeweiligen Einzelfall abzustellen. 

Die Fortbestehensprognose – eine vielfach unbeachtete Verpflichtung

Wenn man sich vor Augen hält, wie häufig man es mit einer rechnerisch überschuldeten Gesellschaft zu tun hat, so verwundert das stiefmütterliche Dasein der Fortbestehensprognosen umso mehr. Dies, obwohl es sich um die sprichwörtlich letzte Chance handelt, um einen Insolvenzantrag zu vermeiden. Im folgenden Beitrag werden jene Fragen beantwortet, die in der Beratungs- und Bilanzierungspraxis häufig gestellt werden.

1. Was ist eine Fortbestehensprognose?

Eine Fortbestehensprognose ist ein gutachterliches Werturteil im Allgemeinen und in Form einer Sanierungsprüfung im Besonderen, welches für die praktische Anwendung beider Verfahrensschritte der zweistufigen Überschuldungsprüfungsmethode unerlässlich ist. Die Fortbestehensprognose hat im Ergebnis darzulegen, ob das Unternehmen in Zukunft mit überwiegender Wahrscheinlichkeit seine geschäftlichen Aktivitäten unter Einhaltung seiner Zahlungsverpflichtungen fortführen kann. 

2. Welche Zielsetzungen sind mit einer Fortbestehensprognose regelmäßig verbunden?

Ziel der Fortbestehensprognose ist jedenfalls die Erhaltung der Zahlungsfähigkeit oder die Wiederherstellung eines zumindest ausgeglichenen Vermögensstandes.Diese Wiederherstellung des Vermögensstandes als Prognoseziel ist deshalb erforderlich, weil die Fortbestehensprognose sonst zu einer reinen Zahlungsunfähigkeitsprüfung abgewertet werden würde; diesfalls würde auch eine Überschneidung mit dem Insolvenztatbestand Drohende Zahlungsunfähigkeit bestehen.Die Fortbestehensprognose ist das qualitative Gesamturteil über die Lebensfähigkeit des Unternehmens in der vorhersehbaren Zukunft bzw. über dessen Verwertungsaussichten. 

Es ist zwar nicht unbedingt eine Beseitigung der rechnerischen Überschuldung erforderlich, sehr wohl aber ein nachhaltiger turn around. Unter diesem Begriff ist eine Rückkehr zu positiven Ergebnissen und damit mittelfristig die Möglichkeit zur Beseitigung der vermögensmäßigen Unterdeckung zu verstehen. Zur Ableitung der Fortbe­stehensprognose und zur Minimierung der Gefahr der Fehlprognose hat die Betriebswirtschaftslehre verschiedene Instrumente zur Eingrenzung von Prognoseungenauigkeiten entwickelt. Dabei trägt die Darlegung der Ausgangsdaten, Annahmen und Auswirkungen, auf denen die Prognose beruht, wesentlich zur Einschränkung des Prognoserisikos bei.

3. Was versteht man unter der zweistufigen Überschuldungsprüfung?

Die Überschuldungsprüfung ist durch eine Fortbestehensprognose zu ergänzen, in deren Rahmen mit Hilfe sorgfältiger Analysen von Verlustursachen, eines Finanzierungsplanes sowie der Zukunftsaussichten der Gesellschaft die Wahrscheinlichkeit der zukünftigen Zahlungsunfähigkeit und damit der Liquidation der Gesellschaft zu prüfen ist. Die Auswirkungen geplanter Sanierungsmaßnahmen sind in diese Überlegungen einzubeziehen. Das zur Prüfung der rechnerischen Überschuldung hinzutretende Kriterium der Fortbestehensprognose soll weder zu einer Änderung des Beurteilungsmaßstabes „Überschuldung“ noch zu einer Verschleppung der Insolvenzantragspflicht führen. Während des – der Fortbestehensprognose zu Grunde liegenden – Beobachtungszeitraumes muss die Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft gesichert sein. Ist demnach die Gesellschaft zahlungsunfähig, so kann es auch keine Fortbestehensprognose geben.

4. Wie sollte eine Fortbestehensprognose aufgebaut werden?

Im Wesentlichen gliedert sich eine Fortbestehensprognose in eine

a. Analyse des Ist-Zustandes des Unternehmens und dessen maßgeblichen
Umfeldes

b. Darstellung der Primärprognose (Finanzplan samt Erläuterungen)

c. Darstellung der Sekundärprognose

d. Prognoseergebnis

5. Was bedeuten die Begriffe Primär- und Sekundärprognose?

In einer Primärprognose ist die Aufrechterhaltung der Zahlungsfähigkeit für einen Zeitraum von etwa sechs bis neun Monaten (bzw. bis zum nächstfolgenden Bilanzstichtages) in Form eines Finanzplanes nachzuweisen. In der Sekundärprognose ist glaubhaft zu bescheinigen, dass durch die dem Konzept zu Grunde liegenden Maßnahmen in einem Zeitraum von zwei bis drei Jahren nicht nur eine Überlebensfähigkeit des gesellschaftlichen Unternehmens gewährleistet ist, sondern auch eine spürbare Verbesserung der wirtschaftlichen Gesamtsituation erwartet werden kann.

6. Wer ist für die Aufstellung einer Fortbestehensprognose verantwortlich?

Die Erstellung einer Fortbestehensprognose fällt unter die Verantwortlichkeit der Geschäftsführung; auf Grund der Organstruktur einer GmbH ist eine gegenteilige Schlussfolgerung nicht denkbar. Eine Ressortverteilung bei dieser Kardinalaufgabe der Geschäftsführung ist in haftungsrechtlicher Hinsicht unwirksam. Die Komplexität der Erstellung einer Fortbestehensprognose und die zu ergreifenden Maßnahmen erfordern insbesondere bei kleinen und mittelständischen GmbHs fachlichen Beistand durch Angehörige der rechts- und wirtschaftsberatenden Berufe. Unterlassen die Geschäftsführer die Beiziehung externer Berater, so verletzen sie ihre der GmbH gegenüber bestehende Sorgfaltspflicht. Jeder Geschäftsführer ist zur Plausibilitätsprüfung einer nicht gänzlich von ihm selbst erstellten Fortbestehensprognose verpflichtet.

7. Wann ist eine Fortbestehensprognose positiv?

Eine positive Fortbestehensprognose ist das Gesamturteil über die Lebensfähigkeit des gesellschaftlichen Unternehmens in der näheren Zukunft (Primärprognose) und setzt dessen Fortführungsfähigkeit voraus. Der Fortbestand des Unternehmens muss für einen sachkundigen Dritten nachvollziehbar sein. Die Lebensfähigkeit ist an Hand gesicherter Erkenntnisse zu bescheinigen. Für die Erreichung der Prognoseziele ist eine überwiegende Wahrscheinlichkeit – also mehr als 50 % – erforderlich. Im Hinblick auf den Wahrscheinlichkeitsgrad für die Fortbestehensprognosegelten die nachfolgenden Grundsätze:

8. Was macht die Erstellung einer Fortführungsprognose in der Praxis so schwierig?

Da eine positive Fortbestehensprognose zu einer Verneinung des insolvenzrechtlichen Überschuldungstatbestandes führt, sind an deren Werthaltigkeit strenge Anforderungen zu stellen. Diese hohen Anforderungen betreffen insbesondere die Ermittlung der Datenbasis, die Plausibilität der getroffenen Annahmen sowie die Begründung.

9. Erfolgt eine Überprüfung durch das Gericht?

Dem Gericht kommt (auch) die Aufgabe zu, die sachgerechte Anwendung der zweistufigen Überschuldungsprüfung und das Vorliegen einer positiven Fortbestehensprognose zu beurteilen; hierfür ist ein allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger als Gehilfe des Gerichts heranzuziehen. Trotz des Grundsatzes der freien Beweiswürdigung wird das Gericht üblicherweise den Ergebnissen des Sachverständigengutachtens folgen. Bei der gerichtlichen Nachprüfung einer Fortbestehensprognose ist deren Charakter als zukunftsorientierte Betrachtung zum Zeitpunkt ihrer Erstellung im Hinblick auf die methodischen Anforderungen zu beurteilen. Von besonderer Bedeutung ist, dass die Fortführungsprognose keinesfalls als falsch zu qualifizieren ist, wenn die zu Grunde gelegten Planzahlen während des Beobachtungszeitraums nicht erreicht wurden und es letztendlich doch zu einer Insolvenz gekommen ist. Die Begleitung (Überprüfung) der Expertise durch einen sachverständigen Berater ist jedenfalls geeignet, die Glaubwürdigkeit der Prognose in einem allfälligen späteren gerichtlichen Verfahren zu dokumentieren.

10. Welche Aufgaben kommen im Zusammenhang mit einer Fortbestehensprognose einem Bilanzbuchhalter zu?

Kurz gesagt, keine unmittelbaren … und das ist gut so. Jeder Bilanzersteller ist verpflichtet, seinen Mandanten im Falle eines negativen Eigenkapitals auf die Erläuterungspflicht gemäß § 225 Abs. 1 UGB hinzuweisen (BÖB Journal, 43/10, Seite 51). Die Begründung, warum eine insolvenzrechtliche Überschuldung nicht vorliegt, sollte aus haftungsrechtlichen Erwägungen nicht vom Bilanzbuchhalter, sondern eben von den Geschäftsleitungsorganen erstattet werden. Wenn einem Bilanzbuchhalter der ausdrückliche Auftrag für eine Überschuldungsprüfung erteilt wird, so wird eine besondere Sorgfalt im Sinne des § 1299 ABGB geschuldet. Die Erstellung der Fortbestehensprognose ist Sache der Geschäftsleitungsorgane … und das sollte m. E. auch so bleiben. Wurde die Expertise von einem sachkundigen Dritten erstellt, so bestehen keine Bedenken, wenn der Mandant vom Bilanzbuchhalter bei dessen Plausibilitätsprüfung unterstützt wird.