Das gesetzliche Stimmverbot von GmbH-Gesellschaftern – ein Praxisüberblick

„Wer durch die Beschlussfassung von einer Verpflichtung befreit, oder wem ein Vorteil zugewendet werden soll, hat hiebei weder im eigenen noch im fremden Namen das Stimmrecht. Das Gleiche gilt von der Beschlussfassung, welche die Vornahme eines Rechtsgeschäftes mit einem Gesellschafter oder die Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreites zwischen ihm und der Gesellschaft betrifft.“

Dieser nackte Gesetzestext des § 39 Abs. 4 GmbHG ist die Keimzelle von in der Beratungspraxis häufig auftretenden Auffassungsunterschieden, Missverständnissen und Überraschungen. Letzteres deshalb, weil in bestimmten Konstellationen der mit einer 90 %-igen Quote beteiligte Gesellschafter vom Stimmrecht ausgeschlossen ist und sohin die 10 %-ige Minderheit bei den betreffenden Beschlussfassungsgegenständen 100 % des Kapitals repräsentiert. Dazu kommt, dass in unmittelbaren Zusammenhang zum Stimmverbot auch § 39 Abs 5 GmbHG steht, weil eben kein generelles Stimmverbot bei Interessenkollisionen besteht.

Die Bestimmung des § 39 Abs. 5 GmbHG lautet:

„Wenn ein Gesellschafter selbst zum Geschäftsführer oder Aufsichtsrat oder Liquidator bestellt oder als solcher abberufen werden soll, so ist er bei der Beschlussfassung in der Ausübung seines Stimmrechtes nicht beschränkt.“

Der Normzweck von Stimmverboten liegt darin, die gesellschaftsinterne Willensbildung auf eine möglichst fehlerfreie Grundlage zu stellen. Um es  deutlicher zu sagen: In den vom Gesetz erfassten Fällen gehen Gesellschaftsinteressen vor Gesellschafterinteressen. Die Bestimmung des § 39 Abs 4 erfasst bei weitem nicht alle Fälle widerstreitender Gesellschafts- und Eigeninteressen bzw Mehrheits- und Minderheiteninteressen, sondern lediglich zwei Teilaspekte von möglichen Interessenkonflikten:

Einem Gesellschafter kommt weder im eigenen noch im fremden Namen das Stimmrecht zu (§ 39 Abs 4), wenn

  1. er durch eine Beschlussfassung der Generalversammlung von einer bestehenden Verpflichtung befreit werden soll;
  2. ihm als Geschäftsführer im Rahmen einer ordentlichen Generalversammlung die Entlastung erteilt werden soll;
  3. ihm ein besonderer Vorteil durch eine Beschlussfassung der Generalversammlung zugewendet werden soll, dies unter der Voraussetzung, dass der GmbH oder mindestens  einem anderen Gesellschafter daraus ein Nachteil entstehen könnte;
  4. über die Vornahme eines Rechtsgeschäfts mit ihm abgestimmt werden soll;
  5. in der Generalversammlung über die Einleitung oder Beendigung eines Rechtsstreits zwischen ihm und der GmbH abgestimmt werden soll; Der Begriff „Rechtsstreit“ ist weit auszulegen; auch schiedsgerichtliche Verfahren sind erfasst. Kein Rechtsstreit im herkömmlichen Sinne ist aktives Konfliktmanagement, etwa durch einen Mediator. Als Einleitung eines Rechtsstreits ist jede mit der eigentlichen Prozessführung verbundene prozessuale Handlung zu verstehen; dazu gehören insbesondere die Bestellung eines Prozessvertreters bei einem Passivprozess, die Entscheidung, ob sich die Gesellschaft überhaupt in einen Rechtsstreit einlassen soll, die Bestellung eines Sonderprüfers nach § 45 GmbHG sowie verschiedene außergerichtliche Maßnahmen. Vom Begriff Beendigung eines Rechtsstreits umfasst sind sowohl alle (prozessualen) Rechtshandlungen zu verstehen als auch jene, die den Fortgang des Verfahrens betreffen (vgl hierzu exemplarisch Koppensteiner/Rüffler, GmbHG³ [2007] § 39 Rz 43); darunter fallen beispielsweise Rechtsmittel, Klagerücknahmen, (außer)gerichtliche Vergleiche, usw.
  6. sein  Geschäftsanteil kaduziert werden soll;
  7. er aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden soll,
  8. er Geschäftsführer ist und über die Entlastung eines anderen Gesellschafter-Geschäftsführers abgestimmt werden soll;
  9. bei Maßnahmen, die gegen ihn von den übrigen Gesellschaftern aus einem wichtigen Grund ergriffen werden, sofern es sich nicht um den Widerruf der Bestellung zum Geschäftsführer oder Liquidator handelt;
  10. im Gesellschaftsvertrag ein über die Fälle a. bis i. hinausgehendes Stimmverbot für den konkreten Fall vereinbart ist.

Die Bestimmungen über den Stimmrechtsausschluss sind bei einer Einpersonen-GmbH naturgemäß nicht anwendbar. Die gesetzlichen Regelungen über das Stimmverbot sind kein Schutzgesetz zu Gunsten der Gläubiger. Das Teilnahmerecht des vom Stimmrecht ausgeschlossenen Gesellschafters an der Generalversammlung bleibt von einem allfälligen Stimmverbot unberührt.

Die Ausübung des Stimmrechts durch einen Gesellschaftertrotz möglicher Interessenkollision ist in folgenden Fällen zulässig:

Soll demnach ein Gesellschafter selbst zum Geschäftsführer oder Aufsichtsrat oder Liquidator bestellt oder als solcher abberufen werden, ist er bei der Beschlussfassung in der Ausübung seines Stimmrechts nicht beschränkt; ein Stimmrechtsausschluss besteht in diesem Fall nicht.

Stimmverbot eines Gesellschafters bei Beschlussfassungen

Die gesetzlichen Regelungen über das Stimmverbot sind zwingend, weshalb sie durch den Gesellschaftsvertrag nicht geändert werden können.


Beschlussgegenstand


Stimm


verbot


Ja


Nein


Abstimmung über ein Auskunftsersuchen




 

Änderungen des Gesellschaftsvertrages

 



Auflösung der Gesellschaft

 



Ausschluss des Gesellschafters aus der GmbH




 

Befreiung von einer Verpflichtung aller Gesellschafter

 



Befreiung von einer Verpflichtung eines Gesellschafters (Vgl OGH 25.9.2001, 1 Ob 190/01 z)




 

Beschlussfassung über die Einforderung noch ausstehender Einlagen

 



Beschlussfassung über die Teilung und Übertragung seines Geschäftsanteiles

 



Beseitigung eines Sonderrechts

 



Bestellung zum Geschäftsführer, Aufsichtsratsmitglied oder Liquidator

 



Eigene Entlastung des Gesellschafters als Geschäftsführer, Liquidator oder Mitglied des Aufsichtsrats




 

Einleitung oder Beendigung eines Rechtsstreites zwischen dem Gesellschafter und der GmbH




 

Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits zwischen der GmbH und dem Gesellschafter




 

Entlastung eines anderen Gesellschafter-Geschäftsführers




 

Erteilung der Prokura an einen Gesellschafter

 



Feststellung des Jahresabschlusses bei Mitwirkung bei der Erstellung des Jahresabschlusses

 



Genehmigung der Übertragung des eigenen vinkulierten Geschäftsanteiles

 



Kaduzierung des eigenen Geschäftsanteiles




 

Kapitalerhöhung und Übernahme eines Geschäftsanteiles

 



Rechtsgeschäft zwischen dem Gesellschafter und der GmbH




 

Vorbereitung einer Ausschlussklage (vgl. OGH 22.2.1996, 6 Ob 657/95)




 

Wahl des Vorsitzenden der Generalversammlung

 



Widerruf der Bestellung zum Geschäftsführer, Aufsichtsratsmitglied oder Liquidator

 



Zustimmung der Generalversammlung zur Abtretung eines Geschäftsanteiles an einen Nichtgesellschafter

 



Zuwendung eines besonderen Vorteiles, wenn der GmbH oder zumindest einem Gesellschafter daraus ein Nachteil entstehen könnte




 

Bei der Beschlussfassung über die Teilung und Übertragung von Geschäftsanteilen ist der betroffene Gesellschafter uneingeschränkt stimmberechtigt, weil diese Entscheidung den Kernbereich seiner Mitgliedschaft betrifft. Vgl hierzu weiterführend Koppensteiner/Rüffler, GmbHG³(2007) § 39 Rz 46; Enzinger in Straube (Hrsg), Wiener Kommentar zum GmbH-Gesetz (2013) § 39 Rz 110.

Soweit ein Gesellschafter bei der Beschlussfassung in der Sache vom Stimmverbot betroffen wäre, darf er auch nicht mitstimmen, wenn es in der Generalversammlung um Verfahrensanträge geht.

Beispiel:

Ein Gesellschafter darf nicht bei einer Abstimmung darüber teilnehmen, ob die Beschlussfassung über einen Antrag auf seine Entlastung als Geschäftsführer auf die nächste Generalversammlung vertagt werden soll.

Stimmt ein Gesellschafter entgegen einem Stimmverbot ab, so ist seine Stimme nichtig. Bei der Beschlussfeststellung, also bei der Ermittlung und Verlautbarung des Abstimmungsergebnisses, sind die Stimmen aus dem betroffenen Geschäftsanteil nicht mitzuzählen. Sie sind auch dann nicht mitzuzählen, wenn es um die Ermittlung der für die erforderliche Mehrheit jeweils benötigten Stimmenzahl geht. Bei einer Drei-Personen-Gesellschaft mit paritätischer Beteiligung kommt demnach bei Stimmenthaltung eines Gesellschafters und Stimmrechtsausschluss des zweiten Gesellschafters der Beschluss mit der gültig abgegebenen Stimme des dritten Gesellschafters einstimmig zustande(vgl. hierzu OGH 22.9.2005, 2 Ob 175/05g).

Hat ein Abstimmungsleiter jedoch die entgegen einem Stimmverbot abgegebenen Stimmen tatsächlich mitgezählt, so ist seine Feststellung vorläufig verbindlich. Der festgestellte Beschluss kann nur durch Anfechtungsklage beseitigt werden (OGH 10.11.1996, 2 Ob 2146/96 v).

„Gemeinsam oder einsam …“ – die abgestimmte Ausübung des Stimmrechts. Oder: Der Syndikatsvertrag – das unbekannte Vertragswesen

Syndikatsverträge sind etwas, vom dem Frau oder Mann schon einmal gehört hat, damit jedoch nicht auch zwangsläufig beruflich befasst war. Was ist der Zweck von Syndikatsverträgen? Worin besteht der Unterschied zu einem Stimmbindungsvertrag? Sind solche Verträge überhaupt notwendig oder geht es auch ohne? Auf diese und andere Fragen will der folgende Beitrag im Hinblick auf das Zusammenspiel mit einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung praxistaugliche Antworten geben.

1. Allgemeine Grundlagen, Begriff und Wesen

Ein Syndikatsvertrag – für den keine gesetzliche Definition besteht – ist eine schuldrechtliche Nebenabrede, deren Zweck es ist, die Rechtsbeziehung zwischen der Gesellschaft und den Gesellschaftern sowie zwischen diesen untereinander ergänzend auszugestalten. 

Der Syndikatsvertrag regelt also in gewisser Weise das „Leben“ nach Erwerb der Gesellschafterstellung. Üblicherweise werden mit ihm Vereinbarungen

getroffen.

Stimmbindung im vorangeführten Zusammenhang bedeutet, dass die Gesellschafter die Willensbildung nicht allein nach Maßgabe der Sachargumente trifft, sondern dass die Entscheidungsfindung gleichsam vorweg genommen wird. 

Unbeschadet des engen Zusammenhanges ist ein Syndikatsvertrag nicht Bestandteil des Rechtsverhältnisses (insbesondere nicht des im Firmenbuch veröffentlichten Gesellschaftsvertrages) mit der bzw zur Gesellschaft. Er bindet nur die an der Stimmbindungsabrede Beteiligten und nicht die GmbH als solche (OGH 21.5.2014, 3 Ob 73/14b);ihr gegenüber entfaltet der Syndikatsvertrag nur ausnahmsweise Wirkung. Eine solche absolute Wirkung von Stimmbindungsverträgen besteht etwa dann, wenn diese durch eine personalistische Struktur der Gesellschaft hervorgerufen ist und sämtliche Gesellschafter auch Mitglieder der Stimmbindungsvereinbarung sind (OGH 26.8.1999, 2 Ob 46/97x). Dieser Grundsatz gilt auch für andere, bloß schuldrechtlicheVereinbarungen zwischen den Gesellschaftern, die nicht unmittelbar als Stimmbindungsvertrag einzustufen sind. Stimmbindungsverträge können für einen einmaligen Anlassfall (OGH 28.4.2003, 7 Ob 59/03g), zeitlich befristet oder unbefristet abgeschlossen werden. Gegen die Zulässigkeit einer schuldrechtlichen Vereinbarung zwischen einem Gesellschafter und der GmbH, womit sich der Betreffende zur Erbringung einer bestimmten Leistung verpflichtet, bestehen allerdings keine Bedenken. Aufgrund des Vertragszwecks und der Koppelung mit dem GmbH-Geschäftsanteil wird jedoch davon ausgegangen, dass ohne ausdrückliche gegenteilige Vereinbarung der Stimmbindungsvertrag auf Dauer der Zugehörigkeit zur GmbH abgeschlossen ist. In diesem Fall kann der Stimmbindungsvertrag vorzeitig nur aus wichtigem Grund aufgelöst werden. Der Gesellschaftsvertrag kann den Abschluss von Stimmbindungsverträgen untersagen. 

Ein Syndikatsvertrag ist als Dauerrechtsverhältnis aufgrund 

als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (§§ 1175 ff ABGB) zu qualifizieren (OGH 22.07.2009, 3 Ob 72/09y). Von dieser grundsätzlichen Einstufung bestehen zwei Ausnahmen:

Die beiden Begriffe Syndikatsvertrag und Stimmbindungsvertrag haben die gleiche rechtliche Bedeutung: Es liegt – von den vorangeführten Ausnahmen abgesehen – eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts vor.

Im Zuge eines Stimmbindungsvertrages verpflichten sich einzelne oder sämtliche Gesellschafter, im Rahmen ihrer Herrschaftsrechte ihre Stimme zu bestimmten Tagesordnungspunkten in einer Generalversammlung in einem vorab koordinierten Sinn abzugeben; Vertragsgegenstand ist die Ausübung des Stimmrechts in der GmbH. Ein Stimmbindungsvertrag ist eine Ergänzung der Satzung, ohne jedoch unmittelbar in die gesellschaftliche Organisationsstruktur einzugreifen (OGH 24.1.2001, 9 Ob 13/01d). Syndikatsverträge können auch zwischen (einzelnen) Gesellschaftern und gesellschaftsfremden Dritten geschlossen werden (OGH 28.4.2003, 7 Ob 59/03g).

Beispiel:

An der X-GmbH sind die Gesellschafter A, B, C, D und E mit je 20% des Stammkapitals beteiligt. Die Gesellschafter A, B und C vereinbaren ein Syndikat, das sodann über insgesamt 60% aller Stimmen verfügt und daher ein „Mehrheitssyndikat“ darstellt.

Beispiel:

In der X-GmbH (siehe vorangehendes Beispiel) vereinbaren die Gesellschafter D und E (Beteiligung je 20%) ein Syndikat und bilden somit ein „Minderheitssyndikat“. Gemeinsam verfügen sie immerhin in Bezug auf die qualifizierte 75%-Mehrheit über eine Sperrminorität.

Die Stimmvereinheitlichung im Syndikat kann auf verschiedene Weise erzielt werden, etwa durch

Beispiel

Die Beteiligungsquoten (und damit auch die Stimmrechte) einer GmbH zeigen, dass für Generalversammlungsbeschlüsse, für welche die einfache Mehrheit erforderlich ist, der „E“ lediglich die Mitwirkung von einem der anderen Gesellschafter benötigt.


A


B


C


D


E


15%


15%


15%


15%


40%


Glück & Fuchs GmbH

Wenn jedoch die Gesellschafter A, B, C und D ihre Stimmrechte durch eine Syndikatsvereinbarung bündeln und in der Generalversammlung auch dementsprechend abstimmen, so ist der (gesellschaftsvertraglich) meistbeteiligte Gesellschafter E mit einem Schlag in der Minderheit.  


A


B


C


D


E





60%








40%


Glück & Fuchs GmbH

Ein Mittel zur Erreichung der vorerwähnten Ziele ist die Koordinierung des Stimmverhaltens nach einem bestimmten, vertraglich vereinbarten Modus: 

Für die Willensbildung im Syndikat spielen die gesetzlichen oder gesellschaftsvertraglichen Beschlussmehrheiten keine Rolle, sodass über Angelegenheiten, für die bei Generalversammlungsbeschlüssen eine qualifizierte Mehrheit erforderlich ist, im Syndikat mit einfacher Mehrheit abgestimmt werden kann.

Als Stimmbindungsvertrag bezeichnete Vereinbarungen gehen vielfach über die eigentliche Stimmbindung im Rahmen gesellschaftlicher Entscheidungsfindungsprozesse hinaus. Syndikatsverträge können als schuldrechtliche Nebenabreden zwischen Gesellschaftern vieles mehr regeln, wie etwa Personalabsprachen, Liefer- und Leistungsbeziehungen, grundsätzliche Fragen zur Geschäfts- und Unternehmenspolitik, Finanzierungen, Kapitalerhöhungen, freiwillige Gesellschafterleistungen (Zuschüsse, Darlehen), Sonder- und Informationsrechte sowie, Rechtsnachfolgen auf übernommene Geschäftsanteile (Put- oder Call-Optionen, Vorkaufs-, Wiederkaufs- und Aufgriffsrechte). 

2. Unterschied zwischen Gesellschafts- und Syndikatsvertrag

2.1. Formvorschriften

Der Gesellschaftsvertrag ist zwingend in der Form eines Notariatsaktes abzuschließen (§ 4 Abs 3), satzungsändernde Beschlüsse bedürfen der notariellen Beurkundung (§ 49 Abs 1). Im Gegensatz dazu bedarf der Abschluss eines Stimmbindungsvertrages auch dann keiner besonderen Formpflicht, wenn notariell zu protokollierende Gesellschafterbeschlüsse integrierter Vertragsbestandteil sind. Enthält der Stimmbindungsvertrag hingegen Vorkaufs- oder Aufgriffsrechte sowie Verpflichtungen zum künftigen Erwerb oder zur Abtretung von Geschäftsanteilen, so ist die Notariatsaktform erforderlich. 

2.2. Beschlussfassung

Änderungen des Gesellschaftsvertrages bedürfen eines Beschlusses mit ¾ Mehrheit der abgegebenen Stimmen (§ 50 Abs 1), sofern nicht der Gesellschaftsvertrag eine höhere Mehrheit vorsieht; solche Beschlüsse verpflichten auch jene Gesellschafter, die einer Vertragsänderung nicht zugestimmt haben. Hingegen bedürfen Änderungen des Syndikatsvertrages der Zustimmung sämtlicher Vertragspartner, sofern nicht etwas Gegenteiliges vereinbart ist.

2.3. Publizitätserfordernisse

Der Gesellschaftsvertrag und Änderungen desselben sind im Firmenbuch einzutragen (§§ 11, 51); die Änderungen werden erst mit Eintragung im Firmenbuch wirksam. Der den strengen Publizitätsvorschriften unterliegende Gesellschaftsvertrag ist beim Firmenbuch einzureichen und in der jeweils geltenden Fassung als Bestandteil der Urkundensammlung für jedermann einsehbar (§§ 12, 33 Abs 2 FBG). Dem gegenüber wird ein Syndikatsvertrag weder im Firmenbuch eingetragen noch in die Urkundensammlung aufgenommen; dadurch bleibt er Dritten („der Öffentlichkeit“) in aller Regel verborgen. Änderungen des Syndikatsvertrages werden nach gültiger Beschlussfassung seiner Mitglieder (Gesellschafter) sofort wirksam.

2.4. Wem obliegen welche Pflichten?

Der Gesellschaftsvertrag berechtigt und verpflichtet auch zukünftige Gesellschafter unabhängig davon ob die Gesellschafterstellung im Wege der Einzel- oder Gesamtrechtsnachfolge erlangt wird; er hat sohin dingliche Wirkung. Im Gegensatz dazu verpflichtet der Syndikatsvertrag grundsätzlich nur die Vertragspartner und deren Gesamtrechtsnachfolger; ihm kommt demnach schuldrechtliche Wirkung zu. Neue Gesellschafter können dem Syndikat(svertrag) nur auf Grundlage einer Zustimmung sämtlicher Vertragspartner durch rechtsgeschäftliche Erklärung beitreten.

3. Verhältnis Syndikatsvertrag – Gesellschaftsvertrag

Durch den Syndikatsvertrag kann vom dispositiven Recht abgewichen werden. Der Syndikatsvertrag kann den Gesellschaftsvertrag im weiteren Maße ergänzen und ausgestalten, ohne dass eine Firmenbuchkontrolle und Publizität betroffen ist, an die die Gesellschafter im Syndikatsvertrag nicht gebunden sind. Soweit dritte Interessen berührt werden, kann jedoch ein Zwang zur Regelung im Gesellschaftsvertrag bestehen; die Satzung ist bei Auslegung des Syndikatsvertrages jedenfalls zu berücksichtigen. Im Hinblick auf Vereinbarungen im Syndikatsvertrag, die auf Dauer oder hinsichtlich eines konkreten Einzelfalls im Widerspruch zum Gesellschaftsvertrag stehen bzw eine abweichende Regelung begründen, ist zu unterscheiden, ob die 

Dauerhafte inhaltliche Änderungen des Gesellschaftsvertrages haben den gesetzlichen Formerfordernissen des § 49 Abs 1 GmbHG zu entsprechen, ansonsten sind diese unwirksam. Satzungsüberlagernde Regelungen im Syndikatsvertrag entfalten keine kooperative Verbindlichkeit, da damit eine dauerhafte Modifikation der Satzung verbunden wäre. Wollen demnach die Gesellschafter Organisationsrecht schaffen, so obliegt ihnen eine Änderung des Gesellschaftsvertrages. 

Die treuwidrige Verletzung der Beschlussfassungserfordernisse und Regeln des Syndikatsvertrages oder einer darin vereinbarten Stimmenbindung durch einen Vertragspartner führt dennoch dazu, dass die Ausübung des Stimmrechts wirksam ist (OGH 17.9.2014, 6 Ob 35/14m). Nichts desto weniger kann jedoch der Generalversammlungsbeschluss – sollte er auf Grund der unwirksam syndizierten Stimmen zustande gekommen sein – wegen Treuepflichtverletzung oder anderen Gründen anfechtbar, nichtig oder schwebend unwirksam sein. Schadenersatzansprüche oder eine Konventionalstrafe können aus der Nichteinhaltung einer unwirksamen Stimmbindungsvereinbarung jedoch nicht abgeleitet werden. Das entgegen des Syndikatsvertrages erfolgte Stimmenvotum führt deshalb nicht zu einer Fehlerhaftigkeit eines Beschlusses in der Generalversammlung und begründet nicht dessen Anfechtbarkeit. Von diesem Grundsatz, wonach Stimmen, die entgegen einem Syndikatsvertrag abgegeben werden, wirksam, für das Ergebnis der Abstimmung in der Generalversammlung ohne praktische Bedeutung sind und daher keinen tauglichen Grund für die Anfechtung von Beschlüssen darstellen, bestehen folgende wesentliche Ausnahmen:

Anfechtbar ist ein unter Verletzung von Syndikatsvereinbarungen zustande gekommener Generalversammlungsbeschluss dann, wenn

Damit ist klargestellt, dass ein Syndikatsvertrag dann satzungsgleiche Wirkung entfaltet, wenn die Stimmbindungsvereinbarung lediglich die Konkretisierung bestehender Treuepflichten in einem allseitigen (omnilateralen) Syndikatsvertrag zum Gegenstand hat. Die Verletzung von Treuepflichten führt zur Anfechtbarkeit von Gesellschafterbeschlüssen, da diese unabhängig von einem Syndikatsvertrag bestehen. Die Intensität der einzuhaltenden Treuepflicht steigert sich nach dem Grad der personalistischen Ausgestaltung, der Treuepflichtverstoß (sei es gegenüber den Mitgesellschaftern, sei es gegenüber der Gesellschaft) ist im GmbH-Recht unstrittig anerkannt. Nicht allseitige Syndikatsverträge vermögen Treuepflichten folglich nicht zu konkretisieren.

Satzungsbestimmungen sind einheitlich und aus sich heraus objektiv ohne Rückgriff auf den Syndikatsvertrag auszulegen (OGH 18.7.2011, 6 Ob 121/11d). Dieser Grundsatz gilt aber nur für korporative Satzungsbestimmung nicht für individualrechtliche. Für individualrechtliche Satzungsbestimmungen sind der Parteiwille und die Umstände des Einzelfalls maßgeblich (OGH 16.6.2011, 6 Ob 99/11v). Außerhalb der Satzung liegende Sachzusammenhänge sind dann zu berücksichtigen werden, wenn deren Kenntnis bei den GmbH-Gesellschaftern allgemein vorausgesetzt werden kann. Widersprüche zu individualrechtlichen Satzungsbestimmungen sind ausnahmslos anhand subjektiver Auslegungskriterien aufzulösen („Was war der Parteiwille?“), da keine schützenswerten Drittinteressen betroffen sind. Bei Widersprüchen zu kooperativen Satzungsbestimmungen gilt der Vorrang des Gesellschaftsvertrages. Eine Verletzung vertraglicher Regelungen gegen zwingendes Recht führt zur Unwirksamkeit. Fehlen Bestimmungen über die Beschlussfassung im Syndikatsvertrag, so kommt die Regelung des § 833 ABGB zur Anwendung. Bei Änderungen des Syndikatsvertrages können auch Mehrheitsbeschlüsse vereinbart werden, es darf dabei jedoch nicht – wie ganz allgemein im Personengesellschaftsrecht – in die Kernbereiche der Mitgliedschaft eingegriffen werden (OGH 13.7.2006, 2 Ob 218/05w).

Durch die Einfügung des letzten Satzes in § 1209 Abs 2 ABGB im Zuge des Abschlussprüfungsrechts-Änderungsgesetz 2016 (BGBl. I Nr. 43/2016) ist sichergestellt, dass bei auf bestimmte Dauer abgeschlossenen Syndikatsverträgen das ordentliche Kündigungsrecht wirksam ausgeschlossen werden kann; die frühere Rechtsprechung, wonach ein auf unbestimmte Dauer abgeschlossener Stimmbindungsvertrag ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Beteiligten gekündigt werden kann, ist nunmehr genauso obsolet, wie das Erfordernis eines wichtigen Grundes bei zeitlich befristeten Syndikatsverträgen.

4. Rechtsfolgen von Syndikatsverträgen

Durch den wirksamen Stimmbindungsvertrag wird der GmbH-Gesellschafter zur vertragsgemäßen Stimmrechtsausübung bzw -enthaltung verpflichtet. Im Falle der Verletzung des Syndikatsvertrages kann sowohl Schadenersatz- als auch Leistungsklage zwecks Einhaltung der vertraglichen Vereinbarungen erhoben werden; das Problem der Bezifferung der Schadenshöhe kann mit (verschuldensunabhängigen) Konventionalstrafen gelöst werden. Syndikatsverträge sind mittels Klage und Vollstreckung durchsetzbar. Nachdem die Durchsetzung von Syndikatsverträgen regelmäßig zu spät kommen würde, wird von der Rspr die Zulässigkeit von Handlungsverboten bejaht.

Syndikatsvereinbarungen sind gemäß § 879 ABGB unwirksam, wenn sie 

Ein Syndikatsvertrag ist, falls er nicht ausnahmsweise „nur“ für eine Abstimmung in der Generalversammlung abgeschlossen wird, als Dauerschuldverhältnis zu qualifizieren. Sofern keine gegenteilige Regelung vereinbart ist, kann ein auf unbestimmte Dauer abgeschlossener Stimmbindungsvertrag ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Beteiligten gekündigt werden. Wird der Stimmbindungsvertrag hingegen für eine bestimmte Zeit abgeschlossen, so ist er nur aus wichtigem Grund kündbar (OGH 14.9.2001, 6 Ob 80/11z); der völlige Verzicht auf die Kündigung kann nicht wirksam vereinbart werden (OGH 17.2.2006, 10 Ob 132/05t). Der Abschluss eines Stimmbindungsvertrages bedarf auch dann keiner Form, wenn notariell zu protokollierende Gesellschafterbeschlüsse integrierter Vertragsbestandteil sind. Enthält der Stimmbindungsvertrag hingegen Vorkaufs- oder Aufgriffsrechte sowie Verpflichtungen zum künftigen Erwerb oder zur Abtretung von Geschäftsanteilen, so ist die Notariatsaktform erforderlich. 

5. Wann ist der Abschluss eines Syndikatsvertrages zweckmäßig?

Der Abschluss eines Stimmbindungsvertrages kann empfehlenswert sein

Keinesfalls außer Acht gelassen werden sollte der Umstand, dass alle der oben angeführten Zielsetzungen auch durch eine entsprechend kreative Gestaltung des GmbH-Gesellschaftsvertrages (insbesondere im Hinblick auf allenfalls variable Mehrheitsverhältnisse) auch ohne Abschluss eines Stimmbindungsvertrages erreicht werden können. Allerdings sind in diesem Fall sämtliche Gesellschafter am Entscheidungsfindungsprozess („Was wird [nicht] geregelt?“) zu beteiligen.

6. Syndikatsvertrag Ja oder Nein – Das ist hier die Frage?

Sofern nicht gesellschaftsvertraglich eine ausdrückliche Offenlegung geboten ist, werden Syndikate meistens geheim – auch gegenüber den übrigen Gesellschaftern – gehalten. Eine Stimmbindungsvereinbarung kann insbesondere vorliegen, wenn 

1. mehrere Gesellschafter

2. ein Gesellschafter bei Generalversammlungen wiederholt mit der Vollmacht eines anderen Gesellschafters auftritt;

3. zwischen zwei oder mehreren Gesellschaftern ein rechtliches und / oder wirtschaftliches Abhängigkeitsverhältnis besteht;

4. bei Beschlussvorlagen, Anträgen sowie Stellungnahmen „zufällig“ (annähernd) wortidente Unterlagen von verschiedenen Gesellschaftern vorliegen.  

Auch eine Medienberichterstattung über geplante gemeinsame Vorhaben, Zusammenschlüsse und sonstige Strukturmaßnahmen kann – allenfalls zusammen mit anderen Indizien – auf eine Syndikatsvereinbarung hindeuten.

7. Empfohlener Regelungsinhalt 

Die inhaltliche Bandbreite von Stimmbindungsverträgen ist je nach der individuellen Ausgangssituation sehr weit; üblicherweise werden die nachfolgenden Regelungen getroffen:

1.Umfang der Syndikatsbindung

2. Umfang der syndikatsmäßig gebundenen Geschäftsanteile

3. Organisatorische Bestimmungen über die Willensbildung im Syndikat

4. Pflicht zum syndikatskonformen Verhalten in den Gesellschaftsorganen der GmbH 

5. Wechselseitige Einräumung von Vorkaufs- und Aufgriffsrechte, Put- und Call-Optionen oder Mitverkaufsrechte 

6. Vertragsdauer, Kündigungsrecht, Pflicht zur Überbindung des Stimmbindungsvertrags auf Rechtsnachfolger

7. Geheimhaltungsverpflichtung

8. Vereinbarung einer Konventionalstrafe im Falle von Vertragsverletzungen

9. Anzuwendendes Recht

10. Streitbeilegung im Falle nicht gütlich beizulegender Meinungsverschiedenheiten