Was ist, wenn die Sanierung einer GmbH nicht gelingt? – Grundsätzliches zur Beraterhaftung
Die zunehmende Verrechtlichung unseres Lebens führt auch dazu, dass die Haftung von Beratern ein Thema wird; dies gilt insbesondere für die Tätigkeit als Sanierungsberater in der wirtschaftlichen Krise einer GmbH. Der folgende Beitrag befasst sich mit möglichen Haftungsgefahren all jener Personen, die sich zur Sanierung von Unternehmen – neben den hiezu verpflichteten Organen von Kapitalgesellschaften – zur Sanierung berufen fühlen (Wirtschaftstreuhänder, Bilanzbuchhalter, Sachverständige. Unternehmensberater, Rechtsanwälte, usw.).
1. Das Sanierungsrisiko im Allgemeinen
Die Krise eines Unternehmens kann meist ohne Mitwirkung externer Berater kaum überwunden werden. Jede Unternehmenssanierung ist aber mit Risiken verbunden. Gelingt eine Sanierung ist alles in Ordnung und die Geschäftsführer als Auftraggeber sowie die Gesellschafter werden zufrieden sein. Scheitert eine Sanierung wird regelmäßig nach Ursachen und Verantwortlichen gesucht. Allzu oft können für externe Berater erhebliche Haftungsprobleme entstehen. Für das finanzierende Kreditinstitut steht dabei vor allem das Ausfallsrisiko im Vordergrund. Nicht nur bereits vor der Krise gewährte Kredite sind gefährdet, sondern auch die zur Beseitigung der Krise notwendigen weiteren Mittel wie Überbrückungs- und Sanierungskredite stehen auf dem Prüfstand der Anfechtung durch den Masseverwalter.
2. Die Haftung des Sanierungsberaters
Führen Ertrags- und Liquiditätsprobleme eines Unternehmens zu einer Krise, drängen Gesellschafter und Banken, wird – und wir empfehlen dies ja dringend – ein externer Berater gerufen. Nicht immer wird dieser neben dem Geschäftsführer tätig und erteilt diesem Ratschläge. Vielmehr wird seitens der Gesellschafter und der Banken (manchmal auch durch die Geschäftsführung selbst) dieser externe Berater ersucht, selbst eine Organfunktion in der Gesellschaft zu übernehmen. Für den externen Berater stellt sich nun die Frage, ob er lediglich unternehmensintern auf die Entscheidungen der Geschäftsführung einwirken, (also keine faktische Geschäftsführung übernehmen möchte) oder aber durch eigenes Handeln gegenüber Außenstehenden wie ein Geschäftsführer, (also in faktischer Geschäftsführungsfunktion) auftreten möchte.
Der deutsche BGH hat in seiner Entscheidung die Kriterien festgelegt, unter welchen von einer faktischen Geschäftsführung gesprochen werden kann oder wann es sich lediglich um eine extensive Wahrnehmung sehr weit gehender Zuständigkeiten handelt. Dabei kommt es für die Beurteilung der Frage, ob jemand faktisch wie ein Organmitglied gehandelt und als Konsequenz seines Verhaltens sich wie ein nach dem Gesetz bestelltes Organmitglied zu verantworten hat, auf das Gesamterscheinungsbild seines Auftretens an. Danach ist es allerdings nicht erforderlich, dass der Handelnde die gesetzliche Geschäftsführung völlig verdrängt. Entscheidend ist vielmehr, dass der Betreffende die Geschicke der Gesellschaft – über die interne Einwirkung auf die satzungsmäßige Geschäftsführung hinaus – durch eigenes Handeln im Außenverhältnis, das die Tätigkeit des rechtlichen Geschäftsführungsorgans nachhaltig prägt, maßgeblich in die Hand genommen hat.
3. Wann liegt eine faktische Geschäftsführung vor?
Noch bedeutender ist der Fall, dass anstelle oder neben dem bestellten Geschäftsführer Tätigkeiten durch den Berater ausgeübt werden, von denen der Rechtsverkehr eigentlich Geschäftsführungskompetenz verlangt, ohne das überhaupt ein Bestellungsakt vorliegt. Rechtlich gesehen ist dieses Handeln für die Gesellschaft grundsätzlich unwirksam, duldet oder gestattet die Gesellschaft jedoch dieses Handeln muss sie sich dieses nach den Grundsätzen der Duldungs- und Anscheinensvollmacht zurechnen lassen. Doch welche Tätigkeiten sind dem Sanierungsberater erlaubt, ohne dass er sich der Gefahr einer Haftung aus faktischer Geschäftsführung aussetzt?
Anhaltspunkte für eine faktische Geschäftsführung sind unter anderem
- die Festlegung der Unternehmenspolitik und Strategie,
- die Bestimmung und Gestaltung der Unternehmensorganisation Gestaltung der Geschäftsbeziehung zu Vertragspartnern (Lieferanten, Kunden),
- (alleinige) Verhandlungsführung mit Kreditgebern,
- völlige Identifikation mit dem Unternehmen,
- die Übernahme der Agenden des Personal- und Sozialwesen (Festlegung der Gehälter, Abschluss und Beendigung von Dienstverhältnissen, Ausstellung von Dienstzeugnissen),
- die Steuerung des Rechnungswesens (Buchungsanweisungen an Mitarbeiter),
- Entscheidungen über Steuerangelegenheiten (Beauftragung/Besprechungen mit Steuerberater/Wirtschaftsprüfer).
Der faktische Geschäftsführer muss an diesen Tätigkeiten einen maßgeblichen Anteil haben. Die reine Delegation und die bloße Durchführung von Entscheidungen reichen nicht aus. Die Rspr. geht – abstrakt – von einer überragenden Stellung des faktischen Geschäftsführers aus: darunter ist u. E. nur die gleichzeitige Erfüllung mehrerer Merkmale ausreichend, um die weit reichenden persönlichen Konsequenzen zu rechtfertigen. Wenn ein Sanierungsberater als Geschäftsführer tätig wird, gehen alle diesem obliegenden Haftungen (auch gegenüber Neugläubigern) auf den Berater über.
Die Haftung als Sanierungsberater besteht insbesondere in folgenden Ausprägungsformen:
- Er haftet als Sachverständiger und bereits bei leichter Fahrlässigkeit.
- Es bestehen umfassende Fürsorge- und Schadenabwehrpflichten insb. die Pflicht zur Aufklärung der Insolvenzreife.
- Aufklärung über die weiteren Folgen im Sanierungsstadium
- unverzügliche Verhaltenspflichten
- Ausarbeitung von Alternativen zur Verbesserung der Eigenkapitalbasis
- Thematisierung der Frage Sanierung mit oder ohne Insolvenz
- Hinweise auf verfahrensrechtliche Besonderheiten eines Konkurs-, Ausgleichs- oder Unternehmensreorganisationsverfahrens
- Verletzung der Sorgfaltspflicht, weil
- unzulängliche Beratung über Sanierungswege
- unzureichende Information der Geschäftsführung
- fehlerhafte Bescheinigung der Sanierungsfähigkeit.
- Mitwirkung an der Konkursverschleppung
Diesen doch sehr weitgehenden Haftungsgefahren kann m. E. praxisgerecht entgegen getreten werden durch einen klaren schriftlichen Auftrag mit genauer Beschreibung des Auftrags sowie eine ausreichende Dokumentation über den Ablauf der Sanierungsberatung. Wenn auf allgemeine Geschäftsbedingungen verwiesen wird, so sollte der Auftraggeber nachweislich die Möglichkeit haben, in diese auch Einsicht zu nehmen. Unerlässlich ist es zudem, im konkreten Beratungsmandat auch den Auftragszeitpunkt festzuhalten.
4. Vermeidung von Haftungsrisiken aus faktischer Geschäftsführung
Dont´s. Im Hinblick auf die persönliche Haftung als schädlich erweisen sich beispielsweise die beherrschende Einflussnahme auf Schuldner durch Steuerung über Management, sowie Lenkungsausschüsse etc. zum Nachteil von Gläubigern. Um hier Haftungen für den Berater zu minimieren erweist sich der Einsatz eines professionellen Interimsmanagements und deren Bestellung als offizielles Organ als vorteilhaft.
Zu den gefährlichen Einflussnahmen zählt auch die vollständige Kontrolle des Zahlungsverkehrs. Als Berater sollten nur Empfehlungen unterbreitet werden; die sich darauf stützenden Entscheidungen sind in formeller Hinsicht von der Geschäftsführung zu treffen.
Auftragsdokumentation. Vor Beginn der eigentlichen Beratung ist mit dem Mandanten der eigentliche Auftrag umfassend zu besprechen. Der externe Berater sollte schon aus eigenem Interesse, eben um persönlichen Haftungen zu entgehen, dabei äußerst sorgfältig sein. Zunächst sollte der Auftrag im Detail schriftlich niedergeschrieben und vereinbart werden, ob es sich bei dem Auftrag nur um ein Sanierungskonzept handelt, oder ob auch die Umsetzung desselben Gegenstand des Auftrages ist. Wesentlich wird auch sein, inwieweit der Berater als faktischer Geschäftsführung verpflichtet wird. Gerade in dem Bereich, in welchem bei faktischer Geschäftsführung Haftungsprobleme auftauchen können, ist eine ordnungsgemäße Dokumentation schon aus eigenem Interesse dringend geboten. Wesentlich ist aber auch die Dokumentation der Beratungsschritte, Gesprächsprotokolle und eventuell Korrespondenzen. Der regelmäßige Kontakt mit der Geschäftsführung über jeden einzelnen Sanierungsschritt sollte umfassend niedergeschrieben werden. Der Vorwurf einer allfälligen Sorgfaltspflicht kann nur durch eine umfassende Dokumentation der gesetzten Sanierungsschritte widerlegt werden. Der Berater kann dann jederzeit auf seinen Auftrag zurückgreifen.
5. Rechtsfolgen der faktischen Geschäftsführung
Der faktische Geschäftsführer wird wie ein ordentlich bestellter Geschäftsführer behandelt. Entsteht durch das Handeln des faktischen Geschäftsführers ein Nachteil für das Unternehmen oder wirkt sich dieses Handeln später im Insolvenzfalle für dessen Gläubiger massemindernd aus, so haftet der Berater hierfür ggf. mit seinem Privatvermögen unbeschränkt.
Übernimmt nun der vom Sanierungsberater zum -manager mutierte Berater ausdrücklich eine Organfunktion, lässt er sich also zum Geschäftsführer oder Vorstand bestellen, so räumt er damit ein, dass er auch haftungsrechtliche Verantwortung übernimmt. Es gelten die gesetzlichen Regelungen für Schadensersatz und Insolvenzantragspflicht, deren Nichtbeachtung zivil- und strafrechtliche Folgen nach sich ziehen.