Die Bestellung des Geschäftsführers einer GmbH – ein Praxisüberblick

Unter der Voraussetzung, dass die zu bestellende Person nicht von der Gesellschaftermehrheit gegen den erklärten Willen der Minderheit in die Funktion eines Geschäftsleitungsorganes gepresst wird, verlaufen Geschäftsführerbestellungen in der Mehrzahl der Fälle reibungsfrei. Ob freilich auch die richtige Person bestellt wurde, ist eine andere Frage. Der nachfolgende Beitrag verdeutlicht, dass Bestellung nicht gleich Bestellung ist und will Empfehlungen für die Praxis vermitteln; die angeführten Paragrafen beziehen sich ausschließlich auf das GmbH-Gesetz.

1. Grundlagen

Die Gesellschaft muss einen oder mehrere Geschäftsführer haben, bei denen es sich um physische und handlungsfähige Personen handeln muss und die nicht dem Aufsichtsrat angehören dürfen. Die Bestellung von juristischen Personen ist unzulässig. Im Übrigen sind die Gesellschafter in der Wahl ihrer Geschäftsführer nicht beschränkt. Es ist weder ein Befähigungsnachweis im Geschäftszweig der GmbH noch eine bestimmte Befähigung überhaupt erforderlich. Es bestehen keinerlei Einschränkungen durch die Staatsbürgerschaft. Die Geschäftsführer müssen ihren Wohnsitz nicht im Inland haben. Mindestens ein Geschäftsführer muss allerdings, auch wenn er seinen Wohnsitz im Ausland hat, seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben. Im Gesellschaftsvertrag können über das Gesetz hinausgehende weitere Erfordernisse für die Geschäftsführerbestellung vereinbart werden.

Solche Erfordernisse können sein

Das Gesetz verlangt lediglich einen Beschluss der Gesellschafter (§ 15 Abs 1 dritter Satz) und den Nachweis der Bestellung in beglaubigter Form (§ 17 Abs 1 zweiter Satz). Die Bestellung von Geschäftsführern kann weder durch den Gesellschaftsvertrag noch durch Gesellschafterbeschluss anderen Organen der GmbH (z.B. dem Aufsichtsrat oder Beirat) oder einzelnen Gesellschaftern übertragen werden. Gesellschaftergruppen oder einzelnen Gesellschaftern kann ein Vorschlagsrecht eingeräumt werden, an das die übrigen Gesellschafter gebunden sind. Durch die Geschäftsführerbestellung werden direkte Rechtsbeziehungen nur zwischen dem Geschäftsführer und der Gesellschaft begründet.

Bestellungsdauer. Die Dauer der Bestellung und damit die Dauer der Amtszeit eines Geschäftsführers ist gesetzlich nicht bestimmt. Von diesem Grundsatz bestehen folgende Ausnahmen:

Eine Befristung der Funktionsdauer durch Gesellschafterbeschluss bestellter Geschäftsführer ist zulässig. Eine solche Befristung kann entweder im Gesellschaftsvertrag vereinbart werden oder im Bestellungsbeschluss erfolgen. Bei Befristung endet das Amt des Geschäftsführers mit dem Eintritt des Endtermins.

In den meisten Fällen erfolgt die Bestellung durch Gesellschafterbeschluss (§ 15 Abs 1 dritter Satz). Nur Gesellschafter können für die Dauer ihres Gesellschaftsverhältnisses auch in der Satzung zu Geschäftsführern bestellt werden (§ 15 Abs 1 vierter Satz). Das Gericht bestellt in dringenden Fällen durch Beschluss auf Antrag eines Beteiligten einen sog. Notgeschäftsführer (§ 15a Abs 1). Die Geschäftsführerbestellung ist ein zweiseitiger Rechtsakt, der die Zustimmung des Betreffenden erfordert. Die Bestellung ist nach der Zustimmung des Geschäftsführers – unbeschadet einer allenfalls erst späteren Eintragung im Firmenbuch – sofort wirksam.

Mit der Bestellung erhält die betreffende Person unternehmensrechtlich die Organstellung als Geschäftsführer während der Anstellungsvertrag die arbeitsrechtlichen Verhältnisse regelt. Diese beiden Rechtsverhältnisse sind strikt voneinander zu trennen und jeweils gesondert zu betrachten.

Ein unter der aufschiebenden Bedingung seiner Eintragung in das Firmenbuch bestellter GmbH-Geschäftsführer kann – da zum Zeitpunkt seiner Anmeldung die aufschiebende Bedingung seiner Bestellung noch nicht eingetreten ist – nicht selbst seine Bestellung zum Geschäftsführer beim Firmenbuch anmelden.

2. Bestellung durch Gesellschafterbeschluss

Im werbenden Stadium erfolgt die Geschäftsführerbestellung (fast) ausschließlich durch Gesellschafterbeschluss, für den nach der gesetzlichen Regel (nur) die einfache Stimmenmehrheit der abgegebenen Stimmen erforderlich. Der Gesellschaftsvertrag kann ein anderes Mehrheitserfordernis festlegen (§ 39 Abs 1). Die Gesellschafter können ihren Beschluss entweder in einer förmlich einberufenen Generalversammlung oder auf schriftlichem Weg fassen (§ 34 Abs 1).

Der Nachweis der Geschäftsführerbestellung wird durch folgende Urkundenformen in beglaubigter Form erbracht:

Hingegen wird der Nachweis der Bestellung in beglaubigter Form nicht erbracht durch

3. Bestellung im Gesellschaftsvertrag

Eine Bestellung zum Geschäftsführer im Gesellschaftsvertrag ist nur zulässig bei Personen, die gleichzeitig Gesellschafter sind; sie ist auf die Dauer ihres Gesellschaftsverhältnisses beschränkt.Die Bestellung im Gesellschaftsvertrag ist Voraussetzung dafür, dass der Widerruf seiner Bestellung auf wichtige Gründe beschränkt werden kann (§ 16 Abs 3).

Mehrheitserfordernisse. Für die Bestellung (und Abberufung) von Geschäftsführern genügt nach der gesetzlichen Regelung die einfache Mehrheit. Im Gesellschaftsvertrag kann ein höheres Beschlussquorum für die Abberufung vereinbart werden, so dass der betreffende Gesellschafter-Geschäftsführer mit seinen Stimmen allein (oder gemeinsam mit ihm nahe­stehenden Gesellschaftern) seine Abberufung infolge einer Sperrminorität verhindern kann. Es ist zulässig, einen Gesellschafter-Geschäftsführer durch Bestellung im Gesellschaftsvertrag auch weisungsfrei zu stellen.

Beispiel:

Die Gesellschafter verzichten darauf, dem Geschäftsführer Anton Alber zu Maßnahmen des betriebsgewöhnlichen Geschäftsbetriebes durch Beschluss der Generalversammlung Weisungen zu erteilen. Vor Abschluss wichtiger Geschäfte besteht hingegen eine Weisungsbindung des Geschäftsführers gegenüber der Generalversammlung; hierzu gehören insbesondere […].“

4. Gesellschaftsvertragliches Sonderrecht auf Geschäftsführung

Im Gesellschaftsvertrag der GmbH kann einem Gesellschafter auch ein gesellschaftsvertragliches Sonderrecht auf Geschäftsführung eingeräumt werden. In diesem Fall ist für einen mängelfreien Abberufungsbeschluss die Zustimmung des Sonderberechtigten Gesellschafters erforderlich (§ 50 Abs 4). Bei Verweigerung der Zustimmung ist die Abberufung durch das Gericht bei Vorliegen eines wichtigen Grundes möglich (§ 16 Abs 2). In diesem Fall trifft die Mitgesellschafter die Beweislast für das Vorliegen eines wichtigen Grundes. Die Erlassung einer einstweiligen Verfügung, mit der dem abzuberufenden Sonderberechtigten Geschäftsführer die weitere Wahrnehmung seiner Organfunktion auf Prozessdauer untersagt wird, ist möglich. Die Abberufung des sonderberechtigten Gesellschafters ist mit Rechtskraft des stattgebenden Urteils wirksam.

Die Übertragung des Geschäftsführungsmandates als Sonderrecht wird grundsätzlich nicht vermutet. Der Gesellschaftsvertrag hat in diesem Fall klar und unmissverständlich zum Ausdruck zu bringen, dass es sich um ein Sonderrecht handelt. Im Rahmen des gewöhnlichen Geschäftsbetriebes ist der mit einem Sonderrecht ausgestattete Geschäftsführer weisungsfrei zu stellen. Das Sonderrecht kann auch das Recht auf alleinige Geschäftsführerbestellung umfassen.

Beispiel:

Ein höchstpersönliches und nicht übertragbares Sonderrecht auf Geschäftsführung wird üblicherweise folgendermaßen gesellschaftsvertraglich vereinbart:

„Anton Alber wird hiermit das Sonderrecht für die Funktion eines selbständig vertretungsberechtigten Geschäftsführers] eingeräumt. Er kann daher jederzeit verlangen, dass die Generalversammlung einen diesbezüglichen Bestellungsbeschluss zu treffen hat. Das Sonderrecht auf Geschäftsführung kommt Anton Alber für die Dauer seiner Gesellschaftereigenschaft zu; bei Abtretung seines Geschäftsanteils wird dieses Recht nicht mit übertragen.“

Beispiel:

Ein übertragbares Sonderrecht auf Geschäftsführung könnte folgendermaßen ausgestaltet sein:

„Das mit dem Geschäftsanteil des Gründungsgesellschafters Anton Alber verbundene Sonderrecht auf Geschäftsführung geht im Falle der Übertragung des gesamten Geschäftsanteiles – aus welchem Grunde auch immer und an wen auch immer – auf den jeweiligen Rechtsnachfolger über.“

Nicht alles, was rechtlich möglich ist, muss auch sinnvoll sein: Die Einräumung eines Sonderrechts setzt auch ein sehr großes persönliches Vertrauen in den bevorrechteten Gesellschafter und Inhaber des entsprechenden Sonderrechts voraus; dieser wird diesen ihm eingeräumten Vorzug (hoffentlich) auch mit einer gewissen Demut wahrnehmen. Der Nachteil eines am Geschäftsanteil klebenden Sonderrechts liegt darin, dass zum Zeitpunkt seiner Einräumung zu Gunsten des Gründungsgesellschafters entweder dessen Rechtsnachfolger noch gar nicht bekannt sind oder ihre berufliche Qualifikation sowie charakterlichen Eigenschaften noch nicht feststehen (können).

Auf Grund einer gewissen Gefahr, dass ein Sonderrecht auf Grund einer altersbedingten Wesensveränderung zum Nachteil der Gesellschaft ausgeübt wird (der Betroffene merkt das im Regelfall nicht), empfiehlt sich dessen Befristung. Um andererseits eine Torpedierung eines Sonderrechts auf Geschäftsführung durch eine Vielzahl von Generalversammlungsbeschlüssen hintanzuhalten, empfiehlt sich die Vereinbarung einer Weisungsfreistellung im Umfang des betriebsgewöhnlichen Geschäftsbetriebes.

Beispiel:

„Anton Alber steht das Amt des alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführers als höchstpersönliches Sonderrecht bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres zu. Für Handlungen und Maßnahmen, die den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb der Gesellschaft nicht überschreiten, wird die Generalversammlung Anton Alber keine Weisungen erteilen.“

5. Entsendungs- und Nominierungsrechte

Um eine den übernommenen Stammeinlagen entsprechende Mitwirkung in der Leitung der Gesellschaft sicherzustellen, ist es in manchen Fällen zweckmäßig, den Gesellschaftern mit einer bestimmten Beteiligungsquote das Recht auf Entsendung oder Nominierung von Geschäftsführern einzuräumen.

Beispiel:

Die Vereinbarung solcher Entsendungs- und Nominierungsrechte ist besonders dann empfehlenswert, wenn zwei Gesellschafter(-gruppen) anlässlich der Errichtung der GmbH zur Hälfte beteiligt sind und jede Gruppe je einen Geschäftsführer bestellt. Sollte nämlich ein Geschäftsführer sterben oder auf eine andere Weise von seiner Funktion ausscheiden, wäre das ursprüngliche Gleichgewicht zwischen den Gesellschaftern auf Dauer beeinträchtigt. Eine Gruppe mit 50% der Geschäftsanteile ist alleine nicht in der Lage, einen neuen Geschäftsführer zu bestellen, wenn kein Entsendungs- oder Nominierungsrecht vereinbart ist.

Beispiel:

Ein Benennungsrecht durch einen Gesellschafterstamm könnte folgende Grundstruktur aufweisen:

„Dem Gesellschafterstamm nach dem Gründungsgesellschafter Anton Alber und dem Gesellschafterstamm nach dem Gründungsgesellschafter Bernhard Berger ist jeweils das Sonderrecht eingeräumt, eine Person – der nicht Gesellschaftereigenschaft zukommen muss – zum selbständig vertretungsberechtigten Geschäftsführer zu nominieren. Jeder Gesellschafterstamm macht der Gesellschaft gegenüber diesen von ihr nominierten Geschäftsführer namhaft, der von der Generalversammlung zu bestellen ist, sofern kein wichtiger Grund entgegensteht. Die Nominierung erfolgt durch den an Lebensjahren ältesten Gesellschafter des jeweiligen Stammes auf Grund eines Beschlusses der stammeszugehörigen Gesellschafter. Dieses Verfahren gilt auch sinngemäß für die Abberufung des nominierten Geschäftsführers.“

6. Bestellung durch öffentlich-rechtliche Körperschaften

Im Gesellschaftsvertrag kann vereinbart werden, dass die Bestellung von Geschäftsführern dem Bund, einem Bundesland oder einer öffentlich-rechtliche Körperschaft vorbehalten ist (§ 15 Abs 3). Die bestellende öffentlich-rechtliche Körperschaft muss nicht Gesellschafter sein.

Eine Bestellung von Geschäftsführern ist öffentlich auszuschreiben, wenn eine der folgenden Voraussetzungen vorliegt:

Das gesetzliche Stimmverbot von GmbH-Gesellschaftern – ein Praxisüberblick

„Wer durch die Beschlussfassung von einer Verpflichtung befreit, oder wem ein Vorteil zugewendet werden soll, hat hiebei weder im eigenen noch im fremden Namen das Stimmrecht. Das Gleiche gilt von der Beschlussfassung, welche die Vornahme eines Rechtsgeschäftes mit einem Gesellschafter oder die Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreites zwischen ihm und der Gesellschaft betrifft.“

Dieser nackte Gesetzestext des § 39 Abs. 4 GmbHG ist die Keimzelle von in der Beratungspraxis häufig auftretenden Auffassungsunterschieden, Missverständnissen und Überraschungen. Letzteres deshalb, weil in bestimmten Konstellationen der mit einer 90 %-igen Quote beteiligte Gesellschafter vom Stimmrecht ausgeschlossen ist und sohin die 10 %-ige Minderheit bei den betreffenden Beschlussfassungsgegenständen 100 % des Kapitals repräsentiert. Dazu kommt, dass in unmittelbaren Zusammenhang zum Stimmverbot auch § 39 Abs 5 GmbHG steht, weil eben kein generelles Stimmverbot bei Interessenkollisionen besteht.

Die Bestimmung des § 39 Abs. 5 GmbHG lautet:

„Wenn ein Gesellschafter selbst zum Geschäftsführer oder Aufsichtsrat oder Liquidator bestellt oder als solcher abberufen werden soll, so ist er bei der Beschlussfassung in der Ausübung seines Stimmrechtes nicht beschränkt.“

Der Normzweck von Stimmverboten liegt darin, die gesellschaftsinterne Willensbildung auf eine möglichst fehlerfreie Grundlage zu stellen. Um es  deutlicher zu sagen: In den vom Gesetz erfassten Fällen gehen Gesellschaftsinteressen vor Gesellschafterinteressen. Die Bestimmung des § 39 Abs 4 erfasst bei weitem nicht alle Fälle widerstreitender Gesellschafts- und Eigeninteressen bzw Mehrheits- und Minderheiteninteressen, sondern lediglich zwei Teilaspekte von möglichen Interessenkonflikten:

Einem Gesellschafter kommt weder im eigenen noch im fremden Namen das Stimmrecht zu (§ 39 Abs 4), wenn

  1. er durch eine Beschlussfassung der Generalversammlung von einer bestehenden Verpflichtung befreit werden soll;
  2. ihm als Geschäftsführer im Rahmen einer ordentlichen Generalversammlung die Entlastung erteilt werden soll;
  3. ihm ein besonderer Vorteil durch eine Beschlussfassung der Generalversammlung zugewendet werden soll, dies unter der Voraussetzung, dass der GmbH oder mindestens  einem anderen Gesellschafter daraus ein Nachteil entstehen könnte;
  4. über die Vornahme eines Rechtsgeschäfts mit ihm abgestimmt werden soll;
  5. in der Generalversammlung über die Einleitung oder Beendigung eines Rechtsstreits zwischen ihm und der GmbH abgestimmt werden soll; Der Begriff „Rechtsstreit“ ist weit auszulegen; auch schiedsgerichtliche Verfahren sind erfasst. Kein Rechtsstreit im herkömmlichen Sinne ist aktives Konfliktmanagement, etwa durch einen Mediator. Als Einleitung eines Rechtsstreits ist jede mit der eigentlichen Prozessführung verbundene prozessuale Handlung zu verstehen; dazu gehören insbesondere die Bestellung eines Prozessvertreters bei einem Passivprozess, die Entscheidung, ob sich die Gesellschaft überhaupt in einen Rechtsstreit einlassen soll, die Bestellung eines Sonderprüfers nach § 45 GmbHG sowie verschiedene außergerichtliche Maßnahmen. Vom Begriff Beendigung eines Rechtsstreits umfasst sind sowohl alle (prozessualen) Rechtshandlungen zu verstehen als auch jene, die den Fortgang des Verfahrens betreffen (vgl hierzu exemplarisch Koppensteiner/Rüffler, GmbHG³ [2007] § 39 Rz 43); darunter fallen beispielsweise Rechtsmittel, Klagerücknahmen, (außer)gerichtliche Vergleiche, usw.
  6. sein  Geschäftsanteil kaduziert werden soll;
  7. er aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden soll,
  8. er Geschäftsführer ist und über die Entlastung eines anderen Gesellschafter-Geschäftsführers abgestimmt werden soll;
  9. bei Maßnahmen, die gegen ihn von den übrigen Gesellschaftern aus einem wichtigen Grund ergriffen werden, sofern es sich nicht um den Widerruf der Bestellung zum Geschäftsführer oder Liquidator handelt;
  10. im Gesellschaftsvertrag ein über die Fälle a. bis i. hinausgehendes Stimmverbot für den konkreten Fall vereinbart ist.

Die Bestimmungen über den Stimmrechtsausschluss sind bei einer Einpersonen-GmbH naturgemäß nicht anwendbar. Die gesetzlichen Regelungen über das Stimmverbot sind kein Schutzgesetz zu Gunsten der Gläubiger. Das Teilnahmerecht des vom Stimmrecht ausgeschlossenen Gesellschafters an der Generalversammlung bleibt von einem allfälligen Stimmverbot unberührt.

Die Ausübung des Stimmrechts durch einen Gesellschaftertrotz möglicher Interessenkollision ist in folgenden Fällen zulässig:

Soll demnach ein Gesellschafter selbst zum Geschäftsführer oder Aufsichtsrat oder Liquidator bestellt oder als solcher abberufen werden, ist er bei der Beschlussfassung in der Ausübung seines Stimmrechts nicht beschränkt; ein Stimmrechtsausschluss besteht in diesem Fall nicht.

Stimmverbot eines Gesellschafters bei Beschlussfassungen

Die gesetzlichen Regelungen über das Stimmverbot sind zwingend, weshalb sie durch den Gesellschaftsvertrag nicht geändert werden können.


Beschlussgegenstand


Stimm


verbot


Ja


Nein


Abstimmung über ein Auskunftsersuchen




 

Änderungen des Gesellschaftsvertrages

 



Auflösung der Gesellschaft

 



Ausschluss des Gesellschafters aus der GmbH




 

Befreiung von einer Verpflichtung aller Gesellschafter

 



Befreiung von einer Verpflichtung eines Gesellschafters (Vgl OGH 25.9.2001, 1 Ob 190/01 z)




 

Beschlussfassung über die Einforderung noch ausstehender Einlagen

 



Beschlussfassung über die Teilung und Übertragung seines Geschäftsanteiles

 



Beseitigung eines Sonderrechts

 



Bestellung zum Geschäftsführer, Aufsichtsratsmitglied oder Liquidator

 



Eigene Entlastung des Gesellschafters als Geschäftsführer, Liquidator oder Mitglied des Aufsichtsrats




 

Einleitung oder Beendigung eines Rechtsstreites zwischen dem Gesellschafter und der GmbH




 

Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits zwischen der GmbH und dem Gesellschafter




 

Entlastung eines anderen Gesellschafter-Geschäftsführers




 

Erteilung der Prokura an einen Gesellschafter

 



Feststellung des Jahresabschlusses bei Mitwirkung bei der Erstellung des Jahresabschlusses

 



Genehmigung der Übertragung des eigenen vinkulierten Geschäftsanteiles

 



Kaduzierung des eigenen Geschäftsanteiles




 

Kapitalerhöhung und Übernahme eines Geschäftsanteiles

 



Rechtsgeschäft zwischen dem Gesellschafter und der GmbH




 

Vorbereitung einer Ausschlussklage (vgl. OGH 22.2.1996, 6 Ob 657/95)




 

Wahl des Vorsitzenden der Generalversammlung

 



Widerruf der Bestellung zum Geschäftsführer, Aufsichtsratsmitglied oder Liquidator

 



Zustimmung der Generalversammlung zur Abtretung eines Geschäftsanteiles an einen Nichtgesellschafter

 



Zuwendung eines besonderen Vorteiles, wenn der GmbH oder zumindest einem Gesellschafter daraus ein Nachteil entstehen könnte




 

Bei der Beschlussfassung über die Teilung und Übertragung von Geschäftsanteilen ist der betroffene Gesellschafter uneingeschränkt stimmberechtigt, weil diese Entscheidung den Kernbereich seiner Mitgliedschaft betrifft. Vgl hierzu weiterführend Koppensteiner/Rüffler, GmbHG³(2007) § 39 Rz 46; Enzinger in Straube (Hrsg), Wiener Kommentar zum GmbH-Gesetz (2013) § 39 Rz 110.

Soweit ein Gesellschafter bei der Beschlussfassung in der Sache vom Stimmverbot betroffen wäre, darf er auch nicht mitstimmen, wenn es in der Generalversammlung um Verfahrensanträge geht.

Beispiel:

Ein Gesellschafter darf nicht bei einer Abstimmung darüber teilnehmen, ob die Beschlussfassung über einen Antrag auf seine Entlastung als Geschäftsführer auf die nächste Generalversammlung vertagt werden soll.

Stimmt ein Gesellschafter entgegen einem Stimmverbot ab, so ist seine Stimme nichtig. Bei der Beschlussfeststellung, also bei der Ermittlung und Verlautbarung des Abstimmungsergebnisses, sind die Stimmen aus dem betroffenen Geschäftsanteil nicht mitzuzählen. Sie sind auch dann nicht mitzuzählen, wenn es um die Ermittlung der für die erforderliche Mehrheit jeweils benötigten Stimmenzahl geht. Bei einer Drei-Personen-Gesellschaft mit paritätischer Beteiligung kommt demnach bei Stimmenthaltung eines Gesellschafters und Stimmrechtsausschluss des zweiten Gesellschafters der Beschluss mit der gültig abgegebenen Stimme des dritten Gesellschafters einstimmig zustande(vgl. hierzu OGH 22.9.2005, 2 Ob 175/05g).

Hat ein Abstimmungsleiter jedoch die entgegen einem Stimmverbot abgegebenen Stimmen tatsächlich mitgezählt, so ist seine Feststellung vorläufig verbindlich. Der festgestellte Beschluss kann nur durch Anfechtungsklage beseitigt werden (OGH 10.11.1996, 2 Ob 2146/96 v).