Wann soll ein GmbH-Geschäftsführer seinen Rücktritt erklären?

Die gesetzlichen Vertretungsorgane von Kapitalgesellschaften haben eine Vielzahl von Pflichten, deren Nichteinhaltung mit schmerzlichen (und vor allem teuren) haftungsrechtlichen Konsequenzen verbunden sein kann. Neben dem wichtigsten Recht, im Rahmen des Vertretungsmonopols alleine oder mit anderen die Gesellschaft zu vertreten, sind GmbH-Geschäftsführer unter bestimmten Voraussetzungen auch berechtigt, ihren Rücktritt von der Organfunktion – und zwar auch gegen den Willen der Gesellschafter – zu erklären. Was es mit dem Rücktritt eines GmbH-Geschäftsführers konkret auf sich hat, ist Thema dieses Beitrages der GmbH-Ecke.

Einleitung

Der Rücktritt des Geschäftsführers erschien dem Gesetzgeber so wichtig, dass er vor einigen Jahren hierzu eigens eine gesetzliche Regelung unter diesem Titel geschaffen hat:

„Geschäftsführer können unbeschadet der Entschädigungsansprüche der Gesellschaft ihnen gegenüber aus bestehenden Verträgen ihren Rücktritt erklären. Liegt ein wichtiger Grund hierfür vor, kann der Rücktritt mit sofortiger Wirkung erklärt werden, in allen anderen Fällen wird der Rücktritt erst nach Ablauf von 14 Tagen wirksam (§ 16a Abs 1 GmbHG).“ Und weiter: „Der Rücktritt ist gegenüber der Generalversammlung, wenn dies in der Tagesordnung angekündigt wurde, oder gegenüber allen Gesellschaftern zu erklären. Hiervon sind allfällige Mitgeschäftsführer und, wenn ein Aufsichtsrat besteht, dessen Vorsitzender zu verständigen (§ 16a Abs 2 GmbHG).“

Der Umstand, dass ein Geschäftsführer von sich aus – also auch gegen den Willen einzelner oder sämtlicher Gesellschafter – seine Organfunktion zurücklegen darf, ist eines der wichtigsten Rechte und Sanktionsmöglichkeiten überhaupt, die ihm als Vertretungsorgan der Gesellschaft zustehen.

Die Zurücklegung der Organfunktion durch eine einseitige empfangsbedürftige Rücktrittserklärung des Geschäftsführers ist als Ultima Ratio anzusehen (wenn ihm keine vernünftige andere Alternative mehr zur Verfügung steht); sie sollte sehr sorgsam abgewogen werden. Ein mit sofortiger Wirkung erklärter Rücktritt aus wichtigem Grund ist im Wesentlichen nur denkbar, wenn dem Geschäftsführer durch Verschulden der Generalversammlung oder maßgeblicher Gesellschafter ein schwerwiegender (Vermögens-)Nachteil – etwa durch die Gefahr einer haftungsrechtlichen Inanspruchnahme durch Dritte oder die Gesellschaft – droht. Dies wäre etwa der Fall, wenn die Gesellschafter dem Geschäftsführer untersagen, den im Hinblick auf ihre gesetzlich geschuldeten Pflichten zwingend gebotenen rechtzeitigen Insolvenzantrag zu stellen. Ob ein wichtiger Grund vorliegt oder nicht, darüber lässt sich im Einzelfall diskutieren. Ob die wichtigen Gründe, die einen Dienstnehmer zur sofortigen Beendigung seines Anstellungsverhältnisses aus wichtigem Grund rechtfertigen (Koppensteiner/Rüffler, GmbHG³ (2007) § 15a Rz 7), 1 : 1 auf die Organfunktion anwendbar sind, ist m. E. zweifelhaft. 

Es ist einem rücktrittswilligen Geschäftsführer – mit Ausnahme der buchstäblichen Gefahr in Verzug – zu empfehlen, eine zumindest 14-tägige Frist für seinen Rücktritt vorzusehen. Ein Rücktritt zur Unzeit kann einen Geschäftsführer gegenüber der Gesellschaft schadenersatzpflichtig machen und zwar auch dann, wenn dieser grundsätzlich unter Einhaltung der maßgeblichen Fristen erfolgt ist. Vgl. hierzu weiterführend Ratka in Straube (Hrsg), GmbHG Wiener Kommentar (2013) § 15a Rz 7. Liegt kein wichtiger Grund vor, so kann der Rücktritt unter Einhaltung einer 14-tägigen Vorlaufzeit angekündigt werden. Im Zweifel ist es empfehlenswert, diese Vorankündigung einzuhalten, um sich Diskussionen zu ersparen, ob ein wichtiger Grund vorliegt oder nicht. 

Kein wichtiger Grund für einen Rücktritt des Geschäftsführers wird jedenfalls in folgenden Fällen vorliegen:

Überhaupt kein Rücktrittsgrund im Sinne des § 16a Abs 1 GmbHG ist der Umstand, dass sich die Gesellschaft in einer wirtschaftlichen Krise befindet. Im Hinblick auf seine gegenüber der Gesellschaft bestehende Sorgfalts- und Treuepflicht schuldet ein GmbH-Geschäftsführer gerade in diesem Stadium entsprechende (Sanierungs-)Bemühungen. 

***

Mit dem möglichen Rücktritt eines GmbH-Geschäftsführers sind für diesen handfeste Folgen – vor allem auch wirtschaftlicher Natur – verbunden. Ein vor dieser Entscheidung (oder auch nicht) stehender Geschäftsführer sollte unter anderem an folgende Aspekte denken:

1. Wann ist der geeignete Zeitpunkt für den Rücktritt?

Einen geeigneten Zeitpunktfür einen Rücktritt gegen den (wahrscheinlichen) Willen der Generalversammlung wird es wohl nur in den seltensten Fällen geben. Entscheidungsrelevant wird jedenfalls auch sein, ob die bisherigen vertraglichen Entgeltansprüche des Geschäftsführers erfüllt sind oder nicht. Als Geschäftsführer besteht (pflichtgemäßer) Zugriff auf das Bankkonto der Gesellschaft, als zurückge-tretener Geschäftsführer ist das in den meisten Fällen nicht (mehr) der Fall.

2. Soll nur die Geschäftsführungsfunktion zurückgelegt werden oder auch das Anstellungsverhältnis durch Dienstnehmerkündigung beendet werden?

Es steht einem Geschäftsführer – genauso wie der Gesellschaft – grundsätzlich frei, neben seiner Organfunktion auch das Anstellungsverhältnis zu beenden; hierfür gelten jedoch sowohl andere Rechtsgrundlagen als auch andere Fristen. Diese Krux wird an Hand desnachfolgenden Praxisbeispiels dargestellt (Die Beispiele wurden entnommen aus Fritz, Wie führe ich eine GmbH richtig?², im Dezember 2014 im Linde-Verlag erschienen):

Am 22. April 2015 erklärt Friedrich seinen Rücktritt als Geschäftsführer; dieser wird nach Ablauf von 14 Tagen (der 22. April ist der erste Tag) am 6. Mai 2015 wirksam. Wenn Friedrich gleichzeitig sein Anstellungsverhältnis beenden möchte, so hat die Kündigung nach der gesetzlichen Regelung

zu erfolgen. Bis dahin hat Friedrich seine dienstvertraglich vereinbarten Pflichten zu erfüllen. In der Mehrzahl der Fälle wird die Generalversammlung (oder ein anderer Geschäftsführer auf deren Weisung) Friedrich dienstfrei stellen. 

Wenn der Geschäftsführer sein Anstellungsverhältnis fortsetzen möchte, so empfiehlt sich eine entsprechende Klarstellung:

„Gemäß § 16a GmbHG erkläre ich als Geschäftsführer meinen Rücktritt mit Wirkung zum [Datum]. Der mit der Glück & Fuchs GmbH am [Datum] abgeschlossene Anstellungsvertrag soll nach meinem Willen unverändert aufrecht bleiben.“

Wenn die Gesellschaft nunmehr – häufig in einer Art Trotzreaktion – als Folge der Rücktrittserklärung den Anstellungsvertrag des Geschäftsführers unter Einhaltung der Fristen des § 20 AngG auflöst, so gilt dies als Dienstgeberkündigung. Der Umstand, dass ein Geschäftsführer (gegen den Willen der Gesellschafter) seinen Rücktritt erklärt, berechtigt die Gesellschaft den Anstellungsvertrag unter Einhaltung der gesetzlichen oder vertraglichen Fristen zu kündigen; es liegt jedoch im Regelfall kein wichtiger Grund für eine sofortige vorzeitige Vertragsauflösung im Sinne des § 27 AngG vor.

3. Wem gegenüber erkläre ich den Rücktritt?

Der Rücktritt ist zu erklären

In beiden Fällen hat der zurücktretende (bzw. im Falle eines wichtigen Grundes bereits zurückgetretene) Geschäftsführer unverzüglich allfällige Mitgeschäftsführer sowie – wenn die Gesellschaft über einen Aufsichtsrat verfügt – den Vorsitzenden des Aufsichtsrats zu verständigen. Bei dieser Verständigung handelt es sich allerdings um keine Wirksamkeitsvoraussetzung (vgl. hierzu Ratka in Straube (Hrsg), GmbHG Wiener Kommentar (2013) § 15a Rz 3). Der Rücktritt des Geschäftsführers ist hingegen unwirksam, wenn er direkt gegenüber dem Firmenbuchgericht erfolgt.

4. Was ist, wenn die Gesellschaft nach meinem Rücktritt nicht mehr ordnungsgemäß vertreten werden kann?

Grundsätzlich kann auch der einzige Geschäftsführer wirksam seinen Rücktritt erklären; die nachvertragliche organschaftliche Treuepflicht erfordert es jedoch, die Zeit einer möglichen Handlungsunfähigkeit möglichst kurz zu halten. Aus diesem Grunde empfiehlt es sich, dass der Geschäftsführer gleichzeitig mit der Rücktrittserklärung unter Beachtung der gesetzlichen oder gesellschaftsvertraglich vereinbarten Frist eine Generalversammlung mit dem Tagesordnungspunkt „Bestellung eines Geschäftsführers“ einberuft (OLG Wien 29.5.2002, 28 R 263/99y = NZ 2001, 237; OLG Wien, 24.7.1998, 28 R 61/98s); diesem Erfordernis nachzukommen ist nicht so schwierig, wie an Hand der nachfolgenden Formulierung demonstriert wird:

„Gleichzeitig berufe ich für Donnerstag, 7. Mai 2015, um 17.00 Uhr im Konferenzraum der Glück & Fuchs GmbH eine Generalversammlung ein. Einziger Tagesordnungspunkt ist die Bestellung eines Geschäftsführers.“

Einen Grundsatz sollten die von einem (vielleicht auch für sie überraschenden) Rücktritt betroffenen Gesellschafter niemals vergessen: Die Amtsniederlegung des einzigen Geschäftsführers wirkt selbst dann, wenn die Bestellung eines neuen Geschäftsführers unterbleibt.

5. Welche Auswirkungen wird die Beendigung meiner Organfunktion auf meinen mit der Geschäftsführung abgeschlossenen Anstellungsvertrag haben? 

Der Rücktritt bewirkt nicht automatisch die Auflösung des Anstellungsverhältnisses (OGH 24.4.1997, 6 Ob 2372/96h = RdW 1997, 453 = GesRZ 1997, 262 = wbl 1997, 353). Realistischer weise sollte ein Geschäftsführer damit rechnen, dass nach Zugang seiner Erklärung – und zwar vor allem dann, wenn der Rücktritt den Gesellschaftern so überhaupt nicht ins Konzept passt – seitens der Gesellschaft Maßnahmen gesetzt werden: Im eher unspektakulären Fall wird das Anstellungsverhältnis des Geschäftsführers unter Einhaltung sämtlicher Fristen durch die Gesellschaft gekündigt. Ob der zurückgetretene Geschäftsführer für die GmbH noch tätig bleibt oder nicht, hängt auch sehr stark von der Unternehmenskultur ab. Vielfach wird jedoch unverzüglich eine Dienstfreistellung ausgesprochen. In weniger erstrebenswerten Fällen wird dem zurückgetretenem Geschäftsführer sein Dienstwagen entzogen, Entgeltansprüche einbehalten, mit Schadenersatzansprüchen gedroht und der weitere Kontakt mit Mitarbeitern verweigert.

6. Was sind meine weiteren beruflichen Perspektiven? Wie bestreite ich meinen Lebensunterhalt (und allenfalls jenen meiner Familie) für den Fall, dass die Gesellschaft meinen Anstellungsvertrag beendet?

Eine realistische Abschätzung der besten Alternative des Geschäftsführers sollte zweckmäßiger Weise vor Übermittlung (bzw. Ausspruch) der Rücktrittserklärung erfolgen. Es leuchtet ein, dass insoweit ein Geschäftsführer wenige Jahre vor seinem Pensionsantritt einem anderen Leidensdruck ausgesetzt ist, als eine jüngere Person zu Beginn ihrer Managementkarriere.

***

Der Rücktritt des Geschäftsführers ist zur Eintragung in das Firmenbuch anzumelden; antragslegitimiert ist auch der ausscheidende Geschäftsführer. Die Erklärung des Rücktritts sowie die entsprechenden Postaufgabebescheinigungen sind der Anmeldung beizuschließen; eine Beglaubigung der Unterschrift ist nicht erforderlich (OGH 24.4.1997, 6 Ob 2372/96 h = RdW 1997, 453 = GesRZ 1997, 262 = wbl 1997, 353). Die Eintragung der Löschung des Geschäftsführers im Firmenbuch hat deklaratorische Wirkung.

In der Mehrzahl der Rücktrittsfälle erfolgt dieser in einer schwierigen wirtschaftlichen Lage der GmbH. In einem solchen Fall empfiehlt es sich, dass der zurück getretene Geschäftsführer sowohl die Abgabenbehörden als auch den gesetzlichen Sozialversicherungsträger von diesem Schritt schriftlich zu verständigt. Mit dieser Mitteilung können die unerwünschten Folgen einer durch die verzögerte Bearbeitung von Firmenbuchanträgen verursachte Rechtsscheinhaftung (z. B. Nachhaftung für Abgabenverbindlichkeiten) nach Beendigung der Organfunktion vermieden werden. Stellen Sie sich praktisch folgendes vor: Sie sind nicht mehr Geschäftsführer, niemand außerhalb des Unternehmens ist davon in Kenntnis und Sie sind immer noch im Firmenbuch als Vertretungsorgan der Gesellschaft eingetragen.

Quo vadis bilanzielle Überschuldung?

Ein gefährlicher Moment im Leben einer Kapitalgesellschaft entsteht, wenn in der Bilanz (erstmals) ein negatives Eigenkapital ausgewiesen ist. In dieser Situation sind zwingende gesetzliche Vorschriften zu beachten, deren rechtliche und wirtschaftliche Bedeutung vielfach vor allem von klein- und mittelständischen GmbHs unterschätzt wird. Der folgende Beitrag erläutert, was wann konkret zu tun ist.

Die Regelung des § 225 UGB enthält ergänzende Ausweisvorschriften zu einzelnen Bilanzpositionen, wobei in dieser Ausgabe des BÖB-Journals ausschließlich der nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbetrag näher erläutert wird.

Die folgende Abbildung zeigt eine Bilanz, über die sich jeder Bilanzbuchhalter von ganzem Herzen freuen wird:


Aktiva





Passiva


Anlagevermögen
Umlaufvermögen


300
500


Eigenkapital
Verbindlichkeiten und P.R.A.



200
600

 
800



800

Mit einem Eigenkapital von 25 % der Bilanzsumme ist die – beispielhafte –wirtschaftliche Situation der GmbH als sehr zufrieden stellend zu bezeichnen.

Zum Bilanzstichtag des Folgejahres hat sich die wirtschaftliche Situation wesentlich verschlechtert; die GmbH weist eine bilanzielle Überschuldung auf.


Aktiva




Passiva

Anlagevermögen
Umlaufvermögen


300
500


Eigenkapital
Verbindlichkeiten und P.R.A.



– 100
900

 
800



800

Es liegt auf der Hand, dass eine buchmäßige Überschuldung – wie im vorliegenden Beispielfall – nicht ohne weiteres sofort mit einer insolvenzrechtlichen Überschuldung gleichgestellt werden darf, da zu deren Beurteilung die Verkehrs- und nicht die Buchwerte heranzuziehen sind. Im Anhang als integrierenden Bestanteil jedes Jahresabschlusses ist nunmehr anzugeben, warum eine insolvenzrechtlich  relevante Überschuldung nicht vorliegt; diese Stellungnahme ist als insolvenzrechtliches Gutachten zu qualifizieren, welches auch der Veröffentlichungspflicht gemäß § 277 Abs. 1 UGB unterliegt.

Wie wird aber in der Praxis das Nichtvorliegen einer insolvenzrechtlichen Überschuldung trotz negativen Eigenkapitals begründet? Die Antwort lautet (leider): Häufig schlampig und wenig dokumentiert. Üblicherweise wird auf das Vorhandensein stiller Reserven verwiesen. Dies ist nicht falsch, weil in der Bilanz ein offenkundiges Abweichen des tatsächlichen Reinvermögens von den ausgewiesenen Buchwerten vorliegt. Es ist allerdings erforderlich, den Wert der stillen Reserven rechnerisch zu ermitteln. Dies kann in manchen Fällen auch die Beiziehung von Gutachtern (etwa im Zusammenhang mit der Wertfeststellung von Liegenschaften) erfordern. Die folgende Abbildung zeigt, wie im Rahmen des ersten Schrittes der zweistufigen Überschuldungsprüfung durch Aufstellung einer Bilanz, bei der das Aktivvermögen unter Zugrundelegung von Liquidationswerten (unter Berücksichtigung  der stillen Reserven als rechnerischer Unterschied zwischen  den Buch- und Liquidationswerten) ausgewiesen ist das Nichtvorliegen einer insolvenzrechtlichen Überschuldung dargestellt werden kann.


Aktiva




Passiva

Anlagevermögen
Stille Reserven
Umlaufvermögen


300
150
500


Eigenkapital

Verbindlichkeiten und P.R.A.



50

900

 
950



950

Diese Bilanz zu Liquidationswerten ist ausschließlich intern und nicht veröffentlichungspflichtig; sie erfüllt bei einer allfälligen späteren Beurteilung der geschuldeten Sorgfalt der Geschäftsführung eine praktisch sehr bedeutsame Dokumentationsfunktion. Im Anhang sollte es nicht heißen Im Anlagevermögen befinden sich stille Reserven, sondern besser Im Anlagevermögen befinden sich stille Reserven in Höhe von 150. 

Neben der Berücksichtigung allfälliger stiller Reserven ist zu prüfen, ob unter Einbeziehung noch nicht eingeforderter Kapitalanteile und der unter den unversteuerten Rücklagen ausgewiesenen Eigenkapitalanteile nach Abzug etwaiger latenter Steuern eine Kompensation der buchmäßigen Überschuldung erreicht werden kann. Weitere Argumente im Zusammenhang mit der Erläuterungspflicht gemäß § 225 (1) UGB können aktivierungspflichtige Einzahlungszusagen einzelner Gesellschafter, eine im Zuge des Bilanzerstellungszeitraumes bereits erfolgte Kapitalerhöhung, Verzichtserklärungen von Gläubigern, Nachrangerklärungen von Gesellschaftern und Dritten, Rücktritts- sowie Patronatserklärungen sein. Welche Tatbestände auch immer vorliegen, eine insolvenzrechtliche Überschuldung zu verneinen: die rechnerischen Auswirkungen sind in dieser internen Bilanz darzustellen und im Anhang schlüssig zu erläutern. Aus haftungsrechtlichen Gründen sollte nicht der Bilanzersteller das insolvenzrechtliche Gutachten ausformulieren, sondern die Geschäftsführung der betroffenen Gesellschaft. Für die Dokumentation des Bilanzerstellers empfiehlt sich insoweit, eine firmenmäßig gefertigte Stellungnahme der Geschäftsführung im Mandantenakt aufzubewahren. 

Reichen die dargestellten demonstrativen Maßnahmen nicht aus und zeigt die interne Bilanz mit der Darstellung des Aktivvermögens zu Zerschlagungswerten das nachfolgende Bild, so spitzt sich die Krise zu.


Aktiva




Passiva

Anlagevermögen
Stille Reserven
Umlaufvermögen


300
150
500


Eigenkapital

Verbindlichkeiten und P.R.A.



– 150

1.100

 
950



950

Es liegt eine statische Überschuldung vor, die – das ist der erfreuliche Teil der schlechten Nachricht – noch nicht zwingend mit einer insolvenzrechtlichen Überschuldung gleichzusetzen ist. Eine insolvenzrechtlich relevante Überschuldung ist gegeben, wenn

In diesem Stadium kann vor der Insolvenzantragspflicht nur eine plausible, positive Fortbestehensprognose retten; dies mag eine gute Botschaft sein. Die schlechte Nachricht ist, dass die Erstellung einer Fortbestehensprognose eine äußerst heikle Angelegenheit ist und während des Erstellungszeitraums die Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft unbedingt erhalten werden muss.

Bei einer Fortbestehensprognose handelt es sich um einen Prognosetatbestand, der auf die Gefahr einer zukünftigen Zahlungsunfähigkeit abstellt. Die Überschuldungkann daher als eine vorweggenommene Zahlungsunfähigkeit bezeichnet werden.

Die Fortbestehensprognose ist eine von einer statischen Überschuldung ausgehenden Darstellung,

Zielder Fortbestehensprognose ist die Beseitigung der rechnerischen Überschuldung. Der Geschäftsplan für die Dauer der Fortbestehensprognose muss schriftlich dargelegt, plausibel, überprüfbar, finanzierbar und finanziert und von positivem Ausgang gekennzeichnet sein. Andernfalls ist bereits bei Aufstellen der Fortbestehensprognose deren Scheitern zu unterstellen. 

Die für die zweckmäßige Erstellung einer Fortbestehensprognose maßgeblichen Probleme werden als Frequently Asked Questions im nächsten BÖB Journal wie gewohnt in praxistauglicher Form dargestellt.