Die Bestellung des Geschäftsführers einer GmbH – ein Praxisüberblick

Unter der Voraussetzung, dass die zu bestellende Person nicht von der Gesellschaftermehrheit gegen den erklärten Willen der Minderheit in die Funktion eines Geschäftsleitungsorganes gepresst wird, verlaufen Geschäftsführerbestellungen in der Mehrzahl der Fälle reibungsfrei. Ob freilich auch die richtige Person bestellt wurde, ist eine andere Frage. Der nachfolgende Beitrag verdeutlicht, dass Bestellung nicht gleich Bestellung ist und will Empfehlungen für die Praxis vermitteln; die angeführten Paragrafen beziehen sich ausschließlich auf das GmbH-Gesetz.

1. Grundlagen

Die Gesellschaft muss einen oder mehrere Geschäftsführer haben, bei denen es sich um physische und handlungsfähige Personen handeln muss und die nicht dem Aufsichtsrat angehören dürfen. Die Bestellung von juristischen Personen ist unzulässig. Im Übrigen sind die Gesellschafter in der Wahl ihrer Geschäftsführer nicht beschränkt. Es ist weder ein Befähigungsnachweis im Geschäftszweig der GmbH noch eine bestimmte Befähigung überhaupt erforderlich. Es bestehen keinerlei Einschränkungen durch die Staatsbürgerschaft. Die Geschäftsführer müssen ihren Wohnsitz nicht im Inland haben. Mindestens ein Geschäftsführer muss allerdings, auch wenn er seinen Wohnsitz im Ausland hat, seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben. Im Gesellschaftsvertrag können über das Gesetz hinausgehende weitere Erfordernisse für die Geschäftsführerbestellung vereinbart werden.

Solche Erfordernisse können sein

Das Gesetz verlangt lediglich einen Beschluss der Gesellschafter (§ 15 Abs 1 dritter Satz) und den Nachweis der Bestellung in beglaubigter Form (§ 17 Abs 1 zweiter Satz). Die Bestellung von Geschäftsführern kann weder durch den Gesellschaftsvertrag noch durch Gesellschafterbeschluss anderen Organen der GmbH (z.B. dem Aufsichtsrat oder Beirat) oder einzelnen Gesellschaftern übertragen werden. Gesellschaftergruppen oder einzelnen Gesellschaftern kann ein Vorschlagsrecht eingeräumt werden, an das die übrigen Gesellschafter gebunden sind. Durch die Geschäftsführerbestellung werden direkte Rechtsbeziehungen nur zwischen dem Geschäftsführer und der Gesellschaft begründet.

Bestellungsdauer. Die Dauer der Bestellung und damit die Dauer der Amtszeit eines Geschäftsführers ist gesetzlich nicht bestimmt. Von diesem Grundsatz bestehen folgende Ausnahmen:

Eine Befristung der Funktionsdauer durch Gesellschafterbeschluss bestellter Geschäftsführer ist zulässig. Eine solche Befristung kann entweder im Gesellschaftsvertrag vereinbart werden oder im Bestellungsbeschluss erfolgen. Bei Befristung endet das Amt des Geschäftsführers mit dem Eintritt des Endtermins.

In den meisten Fällen erfolgt die Bestellung durch Gesellschafterbeschluss (§ 15 Abs 1 dritter Satz). Nur Gesellschafter können für die Dauer ihres Gesellschaftsverhältnisses auch in der Satzung zu Geschäftsführern bestellt werden (§ 15 Abs 1 vierter Satz). Das Gericht bestellt in dringenden Fällen durch Beschluss auf Antrag eines Beteiligten einen sog. Notgeschäftsführer (§ 15a Abs 1). Die Geschäftsführerbestellung ist ein zweiseitiger Rechtsakt, der die Zustimmung des Betreffenden erfordert. Die Bestellung ist nach der Zustimmung des Geschäftsführers – unbeschadet einer allenfalls erst späteren Eintragung im Firmenbuch – sofort wirksam.

Mit der Bestellung erhält die betreffende Person unternehmensrechtlich die Organstellung als Geschäftsführer während der Anstellungsvertrag die arbeitsrechtlichen Verhältnisse regelt. Diese beiden Rechtsverhältnisse sind strikt voneinander zu trennen und jeweils gesondert zu betrachten.

Ein unter der aufschiebenden Bedingung seiner Eintragung in das Firmenbuch bestellter GmbH-Geschäftsführer kann – da zum Zeitpunkt seiner Anmeldung die aufschiebende Bedingung seiner Bestellung noch nicht eingetreten ist – nicht selbst seine Bestellung zum Geschäftsführer beim Firmenbuch anmelden.

2. Bestellung durch Gesellschafterbeschluss

Im werbenden Stadium erfolgt die Geschäftsführerbestellung (fast) ausschließlich durch Gesellschafterbeschluss, für den nach der gesetzlichen Regel (nur) die einfache Stimmenmehrheit der abgegebenen Stimmen erforderlich. Der Gesellschaftsvertrag kann ein anderes Mehrheitserfordernis festlegen (§ 39 Abs 1). Die Gesellschafter können ihren Beschluss entweder in einer förmlich einberufenen Generalversammlung oder auf schriftlichem Weg fassen (§ 34 Abs 1).

Der Nachweis der Geschäftsführerbestellung wird durch folgende Urkundenformen in beglaubigter Form erbracht:

Hingegen wird der Nachweis der Bestellung in beglaubigter Form nicht erbracht durch

3. Bestellung im Gesellschaftsvertrag

Eine Bestellung zum Geschäftsführer im Gesellschaftsvertrag ist nur zulässig bei Personen, die gleichzeitig Gesellschafter sind; sie ist auf die Dauer ihres Gesellschaftsverhältnisses beschränkt.Die Bestellung im Gesellschaftsvertrag ist Voraussetzung dafür, dass der Widerruf seiner Bestellung auf wichtige Gründe beschränkt werden kann (§ 16 Abs 3).

Mehrheitserfordernisse. Für die Bestellung (und Abberufung) von Geschäftsführern genügt nach der gesetzlichen Regelung die einfache Mehrheit. Im Gesellschaftsvertrag kann ein höheres Beschlussquorum für die Abberufung vereinbart werden, so dass der betreffende Gesellschafter-Geschäftsführer mit seinen Stimmen allein (oder gemeinsam mit ihm nahe­stehenden Gesellschaftern) seine Abberufung infolge einer Sperrminorität verhindern kann. Es ist zulässig, einen Gesellschafter-Geschäftsführer durch Bestellung im Gesellschaftsvertrag auch weisungsfrei zu stellen.

Beispiel:

Die Gesellschafter verzichten darauf, dem Geschäftsführer Anton Alber zu Maßnahmen des betriebsgewöhnlichen Geschäftsbetriebes durch Beschluss der Generalversammlung Weisungen zu erteilen. Vor Abschluss wichtiger Geschäfte besteht hingegen eine Weisungsbindung des Geschäftsführers gegenüber der Generalversammlung; hierzu gehören insbesondere […].“

4. Gesellschaftsvertragliches Sonderrecht auf Geschäftsführung

Im Gesellschaftsvertrag der GmbH kann einem Gesellschafter auch ein gesellschaftsvertragliches Sonderrecht auf Geschäftsführung eingeräumt werden. In diesem Fall ist für einen mängelfreien Abberufungsbeschluss die Zustimmung des Sonderberechtigten Gesellschafters erforderlich (§ 50 Abs 4). Bei Verweigerung der Zustimmung ist die Abberufung durch das Gericht bei Vorliegen eines wichtigen Grundes möglich (§ 16 Abs 2). In diesem Fall trifft die Mitgesellschafter die Beweislast für das Vorliegen eines wichtigen Grundes. Die Erlassung einer einstweiligen Verfügung, mit der dem abzuberufenden Sonderberechtigten Geschäftsführer die weitere Wahrnehmung seiner Organfunktion auf Prozessdauer untersagt wird, ist möglich. Die Abberufung des sonderberechtigten Gesellschafters ist mit Rechtskraft des stattgebenden Urteils wirksam.

Die Übertragung des Geschäftsführungsmandates als Sonderrecht wird grundsätzlich nicht vermutet. Der Gesellschaftsvertrag hat in diesem Fall klar und unmissverständlich zum Ausdruck zu bringen, dass es sich um ein Sonderrecht handelt. Im Rahmen des gewöhnlichen Geschäftsbetriebes ist der mit einem Sonderrecht ausgestattete Geschäftsführer weisungsfrei zu stellen. Das Sonderrecht kann auch das Recht auf alleinige Geschäftsführerbestellung umfassen.

Beispiel:

Ein höchstpersönliches und nicht übertragbares Sonderrecht auf Geschäftsführung wird üblicherweise folgendermaßen gesellschaftsvertraglich vereinbart:

„Anton Alber wird hiermit das Sonderrecht für die Funktion eines selbständig vertretungsberechtigten Geschäftsführers] eingeräumt. Er kann daher jederzeit verlangen, dass die Generalversammlung einen diesbezüglichen Bestellungsbeschluss zu treffen hat. Das Sonderrecht auf Geschäftsführung kommt Anton Alber für die Dauer seiner Gesellschaftereigenschaft zu; bei Abtretung seines Geschäftsanteils wird dieses Recht nicht mit übertragen.“

Beispiel:

Ein übertragbares Sonderrecht auf Geschäftsführung könnte folgendermaßen ausgestaltet sein:

„Das mit dem Geschäftsanteil des Gründungsgesellschafters Anton Alber verbundene Sonderrecht auf Geschäftsführung geht im Falle der Übertragung des gesamten Geschäftsanteiles – aus welchem Grunde auch immer und an wen auch immer – auf den jeweiligen Rechtsnachfolger über.“

Nicht alles, was rechtlich möglich ist, muss auch sinnvoll sein: Die Einräumung eines Sonderrechts setzt auch ein sehr großes persönliches Vertrauen in den bevorrechteten Gesellschafter und Inhaber des entsprechenden Sonderrechts voraus; dieser wird diesen ihm eingeräumten Vorzug (hoffentlich) auch mit einer gewissen Demut wahrnehmen. Der Nachteil eines am Geschäftsanteil klebenden Sonderrechts liegt darin, dass zum Zeitpunkt seiner Einräumung zu Gunsten des Gründungsgesellschafters entweder dessen Rechtsnachfolger noch gar nicht bekannt sind oder ihre berufliche Qualifikation sowie charakterlichen Eigenschaften noch nicht feststehen (können).

Auf Grund einer gewissen Gefahr, dass ein Sonderrecht auf Grund einer altersbedingten Wesensveränderung zum Nachteil der Gesellschaft ausgeübt wird (der Betroffene merkt das im Regelfall nicht), empfiehlt sich dessen Befristung. Um andererseits eine Torpedierung eines Sonderrechts auf Geschäftsführung durch eine Vielzahl von Generalversammlungsbeschlüssen hintanzuhalten, empfiehlt sich die Vereinbarung einer Weisungsfreistellung im Umfang des betriebsgewöhnlichen Geschäftsbetriebes.

Beispiel:

„Anton Alber steht das Amt des alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführers als höchstpersönliches Sonderrecht bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres zu. Für Handlungen und Maßnahmen, die den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb der Gesellschaft nicht überschreiten, wird die Generalversammlung Anton Alber keine Weisungen erteilen.“

5. Entsendungs- und Nominierungsrechte

Um eine den übernommenen Stammeinlagen entsprechende Mitwirkung in der Leitung der Gesellschaft sicherzustellen, ist es in manchen Fällen zweckmäßig, den Gesellschaftern mit einer bestimmten Beteiligungsquote das Recht auf Entsendung oder Nominierung von Geschäftsführern einzuräumen.

Beispiel:

Die Vereinbarung solcher Entsendungs- und Nominierungsrechte ist besonders dann empfehlenswert, wenn zwei Gesellschafter(-gruppen) anlässlich der Errichtung der GmbH zur Hälfte beteiligt sind und jede Gruppe je einen Geschäftsführer bestellt. Sollte nämlich ein Geschäftsführer sterben oder auf eine andere Weise von seiner Funktion ausscheiden, wäre das ursprüngliche Gleichgewicht zwischen den Gesellschaftern auf Dauer beeinträchtigt. Eine Gruppe mit 50% der Geschäftsanteile ist alleine nicht in der Lage, einen neuen Geschäftsführer zu bestellen, wenn kein Entsendungs- oder Nominierungsrecht vereinbart ist.

Beispiel:

Ein Benennungsrecht durch einen Gesellschafterstamm könnte folgende Grundstruktur aufweisen:

„Dem Gesellschafterstamm nach dem Gründungsgesellschafter Anton Alber und dem Gesellschafterstamm nach dem Gründungsgesellschafter Bernhard Berger ist jeweils das Sonderrecht eingeräumt, eine Person – der nicht Gesellschaftereigenschaft zukommen muss – zum selbständig vertretungsberechtigten Geschäftsführer zu nominieren. Jeder Gesellschafterstamm macht der Gesellschaft gegenüber diesen von ihr nominierten Geschäftsführer namhaft, der von der Generalversammlung zu bestellen ist, sofern kein wichtiger Grund entgegensteht. Die Nominierung erfolgt durch den an Lebensjahren ältesten Gesellschafter des jeweiligen Stammes auf Grund eines Beschlusses der stammeszugehörigen Gesellschafter. Dieses Verfahren gilt auch sinngemäß für die Abberufung des nominierten Geschäftsführers.“

6. Bestellung durch öffentlich-rechtliche Körperschaften

Im Gesellschaftsvertrag kann vereinbart werden, dass die Bestellung von Geschäftsführern dem Bund, einem Bundesland oder einer öffentlich-rechtliche Körperschaft vorbehalten ist (§ 15 Abs 3). Die bestellende öffentlich-rechtliche Körperschaft muss nicht Gesellschafter sein.

Eine Bestellung von Geschäftsführern ist öffentlich auszuschreiben, wenn eine der folgenden Voraussetzungen vorliegt:

Die Mehrheit entscheidet … und wie wird sie ermittelt? Grundsätzliches zu den Beschlussmehrheiten im Gesellschaftsrecht

Viel Ungemach ließe sich vermeiden, wenn sich GmbH-Gesellschafter entweder zu einstimmigen Beschlüssen durchringen könnten oder abwechselnde Mehrheiten sicherstellen, sodass zumindest die überwiegende Zahl der Gesellschafter ihre Interessen, und zwar nicht zum offenkundigen Nachteil der überstimmten Eigentümer, durchsetzen und Ziele erreichen können. Die Praxis zeigt jedoch (leider) ein anderes Bild. Die folgenden Ausführungen wollen einen Beitrag zum besseren Verständnis zur Systematik der Beschlussmehrheiten im GmbH-Recht leisten.

1. Grundsätzliches

Die Beschlussfassung der Gesellschafter erfolgt – soweit das Gesetz oder der Gesellschaftsvertrag nichts anderes bestimmen – durch einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Diese werden nicht nach Köpfen, sondern nach der Höhe des von den einzelnen Gesellschaftern übernommenen Teiles am Stammkapital gezählt. Je zehn Euro einer übernommener Stammeinlage gewährt eine Stimme; Bruchteile unter zehn Euro werden nicht mitgezählt. Jedem Gesellschafter kommt mindestens eine Stimme zu.

Durch eine gesellschaftsvertragliche Regelung können die Mehrheitserfordernisse insoweit verschärft werden, als Beschlüsse nur mit einer größeren als der gesetzlich jeweils vorhergesehenen Mehrheit oder gar nur einstimmig zustande kommen. Der Gesellschaftsvertrag kann auch vorsehen, dass 

In diesen Fällen ist ein Beschlussantrag erst dann angenommen, wenn die jeweiligen zusätzlichen gesellschaftsvertraglichen Voraussetzungen erfüllt sind; die einfache oder sonst gesetzlich vorgeschriebene Mehrheit reicht nicht aus. Bei Wahlen zu einem Gesellschaftsorgan (insbesondere zum Aufsichtsrat) genügt ausnahmsweise die relative Mehrheit. 

Im Hinblick auf die Mehrheitserfordernisse ist zu unterscheiden in Beschlussgegenstände,

2. Einfache Mehrheit

In der Regel ist für die Beschlussfassung die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen erforderlich. Die Hälfte der nach Kapitalanteilen abgegebenen Stimmen muss also mindestens um eine Stimme überschritten sein. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Mehrheit der abgegebenen Stimmen zugleich auch die Mehrheit der erschienenen Gesellschafter oder gar die Mehrheit des Stammkapitals umfasst. Zu den abgegebenen Stimmen zählen nur diejenigen Stimmen, die für oder gegen den Antrag abgegeben werden und gültig sind.

Eine Beschlussfassung der Gesellschafter mit einfacher Mehrheitder abgegebenen Stimmen erfolgt 

3. Qualifizierte Mehrheit

Für die nachfolgenden Beschlussgegenstände ist eine qualifizierte Mehrheit von drei Viertel der abgegebenen Stimmen erforderlich:

4. Einstimmigkeit

Ein einstimmiger Beschluss der Generalversammlung ist in folgenden Fällen erforderlich:

  1. Bei Abänderung oder Neufassung des Gesellschaftsvertrages im Hinblick auf die Änderung des Gesellschaftszwecks oder eine (wesentliche) Änderung des Unternehmensgegenstandes (§ 50 Abs 3); eine Verringerung der Mehrheitserfordernisse durch den Gesellschaftsvertrag ist zulässig.
  2. Ausgliederung des gesamten Betriebes in eine Tochtergesellschaft: das Einstimmigkeitserfordernis stützt sich auf das Vorliegen einer faktischen Änderung des Unternehmensgegenstandes. 
  3. Abänderung des Gesellschaftsvertrages im Hinblick auf die Herabsetzung eines einstimmigen Beschlusserfordernisses.
  4. Beschlussfassung über eine asymmetrische Gewinnverteilung: In diesem Fall ist die Mitwirkung sämtlicher Gesellschafter erforderlich; ein einstimmiger Beschluss der bloß anwesenden Gesellschafter ist nicht ausreichend.

5. Kombination von Stimmen- und Kapitalmehrheit

Für verschiedene im Gesetz angeführte Beschlussgegenständesind sowohl besondere Mehrheiten als auch Zustimmungserfordernisse vorgesehen:

  1. Bei der verschmelzenden Umwandlung (§ 2 Abs 1 UmwG) ist für den Umwandlungsbeschluss eine Drei-Viertel Mehrheit der abgegebenen Stimmen (§ 2 Abs 3 UmwG iVm § 98)  und die Zustimmung des mit zumindest mit einer Quote von 90 % am Stammkapitel beteiligten Hauptgesellschafters erforderlich. Eine Erhöhung des Mehrheitserfordernisses bis zur Einstimmigkeit sowie die Statuierung weiterer Voraussetzungen sind zulässig.
  2. Im Falle der errichtenden Umwandlung (§ 5 UmwG) ist als erste Voraussetzung für den Umwandlungsbeschluss eine Drei-Viertel Mehrheit der abgegebenen Stimmen erforderlich (§§ 5 Abs 5 sowie 2 Abs 3 UmwG iVm § 98 Abs 3). Zweite Voraussetzung ist entweder

Diese Zustimmungen können auch außerhalb einer förmlichen Generalversammlung erklärt werden. Eine Erhöhung des Mehrheitserfordernisses bis zur Einstimmigkeit sowie die Statuierung weiterer Voraussetzungen sind zulässig.

3. Bei der nicht-verhältniswahrenden Spaltung ist für den Spaltungsbeschluss eine Drei-Viertel Mehrheit der abgegebenen Stimmen und eine Mehrheit von 90 % des gesamten Stammkapitals erforderlich (§ 8 Abs 3 SpaltG). Eine Erhöhung des Mehrheitserfordernisses bis zur Einstimmigkeit sowie die Statuierung weiterer Voraussetzungen sind zulässig. Im Falle einer nicht verhältniswahrenden Spaltung bedarf der Beschluss der Zustimmung sämtlicher Gesellschafter.

4. Eine Strukturbereinigung der Beteiligungsverhältnisse (Ausschluss auf Grundlage des Bundesgesetz über den Ausschluss von Minderheitsgesellschaftern (Gesellschafter-Ausschlussgesetz – GesAusG) erfolgt einerseits mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen und bedarf andererseits der Zustimmung des mit einer Quote von zumindest 90 % beteiligten Hauptgesellschafters.

6. Besondere Mehrheitsverhältnisse

In den folgenden Fällen sind unter bestimmten Voraussetzungen zusätzlich zu den sonstigen Mehrheitsverhältnissen die Zustimmung einzelner Gesellschafter erforderlich:

  1. Im Falle einer entsprechenden Regelung im Gesellschaftsvertrag;
  2. bei Änderungen des Gesellschaftsvertrags, wenn dadurch einzelnen Gesellschaftern eingeräumte Sonderrechte abgeändert oder aufgehoben werden sollen (§ 50 Abs 4 und 5);
  3. Vermehrung der den Gesellschaftern nach dem Gesellschaftsvertrag obliegenden Leistungen (§ 50 Abs 3);
  4. im Falle von Umgründungsmaßnahmen, insbesondere bei Verschmelzungen (§ 99), formwechselnden Umwandlungen (§ 245 Abs 1 AktG) und Spaltungen (§ 10 SpaltG).

Eine Mehrheit von 90% des Stammkapitals ist erforderlich bei der verschmelzenden Umwandlung (§ 2 Abs 2 UmwG) sowie bei der errichtenden Umwandlung (§ 7 Abs 2 UmwG).

Bei den folgenden Strukturmaßnahmen ist die Zustimmung sämtlicher Gesellschafter erforderlich:

7. Praxisbeispiele 

Wie sich die Mehrheitsverhältnisse im Falle von gesetzlichen Stimmverboten oder abwesenden Gesellschaftern berechnen, wird an Hand nachfolgender Beispiele dargestellt.

Ausgangssituation: An der ABC-Industriebetriebe GmbH mit einem Stammkapital von € 100.000,– sind die nachfolgenden Gesellschafter beteiligt.



Gesellschafter



Übernommene Stammeinlage



Anzahl der Stimmen



Beteiligungs-quote in %



Anton Alber



€  41.000,–



4.100



41



Sieglinde Alber



€    9.000,–



900



9



Bernhard Berger



€  12.000,–



1.200



12



Brigitte Berger



€  13.000,–



1.300



13



Christine Claus



€  16.000,–



1.600



16



Dieter Daum



€    9.000,–



900



9




€ 100.000,–



10.000



100

Geschäftsführer sind Anton Alber und Emil Eder. Der Gesellschafter Anton Alber wurde im Gesellschaftsvertrag zum Geschäftsführer bestellt; der Widerruf seiner Bestellung ist auf wichtige Gründe beschränkt; es gelten die gesetzlichen Mehrheitsverhältnisse.

Beispiel:

Entlastung des Geschäftsführers Anton Alber. Bei diesem Generalversammlungsbeschluss ist Anton Alber nicht stimmberechtigt. Alle anderen Gesellschafter nehmen an der Beschlussfassung teil.



Gesellschafter



Übernommene Stammeinlage



Kapital bei Beschluss-fassung



Stimmen-verhältnis



Stimmen für Entlastung



Stimmen gegen Entlastung



Stimm-enthaltung



Anton Alber



€ 41.000,–



/



0






Sieglinde Alber



€   9.000,–



€  9.000,–



15,25 %




15,25 %




Bernhard Berger



€ 12.000,–



€ 12.000,–



20,34 %





20,34 %



Brigitte Berger



€ 13.000,–



€ 13.000,–



22,04 %




22,04 %




Christine Claus



€ 16.000,–



€ 16.000,–



27,12 %



27,12 %





Dieter Daum



€   9.000,–



€   9.000,–



15,25 %



15,25 %






€ 100.000,–

€ 59.000,–
100 %
42,37 %
37,27 %
20,34 %

Ergebnis: Für die Entlastung des Geschäftsführers Anton Alber haben sich 2.500 Stimmen (42,37 % des bei der Beschlussfassung anwesenden Kapitals) ausgesprochen. Gegen die Entlastung haben 2.200 Stimmen (37,27 % des bei der Beschlussfassung anwesenden Kapitals) votiert. Einer konkreten Meinung enthalten hat sich Gesellschafter Bernhard Berger mit 1.200 Stimmen. Dem Gesellschafter-Geschäftsführer Anton Alber wurde sohin die Entlastung erteilt.

Beispiel: 

Die Gesellschafter Christine Claus und Dieter Daum beantragen die Abberufung von Anton Alber als Geschäftsführer; dieser ist bei der Beschlussfassung stimmberechtigt. Alle Gesellschafter nehmen an der Abstimmung teil.



Gesellschafter



Übernommene Stammeinlage



Stimmen für Abberufung



Stimmen gegen Abberufung



Stimm-enthaltung



Anton Alber.



€  41.000,–




4.100




Sieglinde Alber



€    9.000,–



900





Bernhard Berger



€  12.000,–



1.200





Brigitte Berger



€  13.000,–





1.300



Christine Claus



€  16.000,–



1.600





Dieter Daum



€    9.000,–



900






€ 100.000,–



4.600



4.100



1.300

Ergebnis: Wenn im Gesellschaftsvertrag geregelt ist, dass für die Abberufung eines Mitglieds der Geschäftsführung die einfache (wenn auch relative) Mehrheit genügt, so ist Anton Alber als Geschäftsführer rechtswirksam abberufen. Wurde hingegen sinngemäß vereinbart, dass für die Wirksamkeit eines Gesellschafterbeschlusses „50 % und eine Stimme“ erforderlich sind, so verbleibt Anton Alber als Geschäftsführer.

Beispiel:

Die Geschäftsführer Anton Alber und Emil Eder stellen den Antrag auf Genehmigung eines Investitionsvorhabens, welches kraft Satzungsbestimmung als zustimmungspflichtige Maßnahme vereinbart ist. Als Fremdgeschäftsführer ist Emil Eder nicht stimmberechtigt.



Gesellschafter



Übernommene Stammeinlage



Stimmen  für die Investition



Stimmen gegen die Investition



Stimm-enthaltung



Anton Alber



€  41.000,–



4.100





Sieglinde Alber



€    9.000,–




900




Bernhard Berger



€  12.000,–




1.200




Brigitte Berger



€  13.000,–




1.300




Christine Claus



€  16.000,–




1.600




Dieter Daum



€    9.000,–



900






€ 100.000,–



5.000



5.000


Ergebnis: Die Investition hat zu unterbleiben, weil Stimmengleichheit – wie im vorliegenden Fall – keine Zustimmung bedeutet.

Beispiel:

Die Geschäftsführer Anton Alber und Emil Eder stellen den Antrag auf Genehmigung eines Investitionsvorhabens, welches kraft Satzungsbestimmung als zustimmungspflichtige Maßnahme vereinbart ist. Im Gegensatz zum vorherigen Beispiel ist bei der Beschlussfassung Sieglinde Alber weder anwesend noch hat sie eine Stimmrechtsvollmacht erteilt.




Gesellschafter



übernommene Stameinlage



Kapital bei Beschlussfassung



Stimmen für die Investition



Stimmen gegen die Investition




Anton Alber



€  41.000,–



€ 41.000,–



4.100



Sieglinde Alber



€    9.000,–






Bernhard Berger.



€  12.000,–



€ 12.000,–




1.200



Brigitte Berger



€  13.000,–



€ 13.000,–




1.300



Christine Claus



€  16.000,–



€ 16.000,–




1.600



Dieter Daum



€    9.000,–



€   9.000,–



900





€ 100.000,–



€ 91.000,–



5.000



4.100

Ergebnis: Dem Antrag der Geschäftsführung, ein zustimmungspflichtiges Geschäft abzuschließen, wird von der Generalversammlung mit 5.000 Stimmen bei 4.100 Gegenstimmen zugestimmt.