Die Chancen einer richtigen Gestaltung von GmbH-Verträgen

Wenn wir uns die Beliebtheit der Gesellschaft mit beschränkter Haftung von Augen halten, so verwundert es, wie wenig Augenmerk der richtigen Vertragsgestaltung beigemessen wird. Richtig ist, was im Hinblick auf die jeweilige Ausgangssituation ein interessensgerechter Vertrag ist, von dem realistischer Weise erwartet werden kann, dass er entweder bis zum nächstfolgenden Generationenwechsel oder einer grundlegenden Umstrukturierung des Unternehmens seine Zwecke erfüllt. Wenn dann der Gesellschaftsvertrag auch noch einen friedensstiftenden Beitrag im Falle von Streitigkeiten zwischen den Gesellschaftern leistet, so verspürt der Rechtsformanwender fast schon so etwas wie Glückgefühle; ihnen solche – zumindest gesellschaftsvertraglicher Natur – zu vermitteln, ist das Ziel der nachfolgenden Ausführungen.

1. Grundsätzliches zum Gesellschaftsvertrag

Der Gesellschaftsvertrag ist ein Organisationsvertrag und stellt die Verfassung der Gesellschaft dar; er regelt die Rechte und Pflichten der Gesellschafter gegenüber der GmbH sowie zwischen ihnen. Sämtliche (auch zukünftige) Gesellschafter sind an die Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages gebunden. Die Gesellschaft wird durch einen in notarieller Form zu beurkundenden Gesellschaftsvertrag errichtet (§ 4 Abs 3 GmbHG).

Der Satzung einer GmbH kommt im österreichischen Gesellschaftsrecht zentrale Bedeutung zu: Quantitativ im Hinblick auf die Anzahl bestehender und jährlich neu hinzukommender Gesellschaften, in qualitativer Hinsicht dadurch, dass der Vertrag die Grundlage für die Ausgestaltung der Verhältnisse während der gesamten Lebensdauer der GmbH ist. Diese Bedeutung, die der Gesellschaftsvertrag hat (zumindest jedoch haben sollte), spiegelt sich jedoch bei sehr vielen Gründungen nicht wieder: Dem Vertragsinhalt wird häufig zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet. Die vorrangigen Bedürfnisse der (potenziellen) Gesellschafter liegen in einer schnellen Gründung sowie einer Kostenoptimierung („Die Gesellschaftsgründung muss schnell erledigt sein und darf nicht viel kosten.). Dazu kommt, dass zwischen den Gründern ohnehin alles klar ist. Im Regelfall ist nicht davon auszugehen, dass eine Gesellschaftsgründung erfolgt, wenn zwischen den Vertragspartnern in wesentlichen Punkten Dissens herrscht. Die Schwierigkeit eines zweckmäßigen, individuell ausgestalteten Gesellschaftsvertrages liegt darin, dass weniger die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Gründung abzubilden sind, sondern jene die sich in weiterer Folge entweder zwangsläufig ergeben (insbesondere das Ableben physischer Gründungsgesellschafter) oder eintreten können.

Die entscheidenden Fragen, die im Zuge der Verfassung des Gesellschaftsvertrages von den Gründungsgesellschaftern beantwortet werden sollten, sind insbesondere:

Der Gesellschaftsvertrag sollte für den jeweiligen Anlassfall „maßgeschneidert“ sein. Bei der Gesellschaftsgründung ist es meist leichter, ausgewogene Regelungen zu finden, weil bei vielen Regelungsbereichen noch nicht feststeht, in welcher „Rolle“ (etwa als ausscheidender oder als verbleibender Gesellschafter) einen Vertragspartner eine Regelung des Gesellschaftsvertrages treffen wird. Die Konsensbereitschaft ist insoweit bei der GmbH-Gründung ausgeprägter als bei nachträglichen Änderungen des Gesellschaftsvertrages. Dieser Grundsatz gilt insbesondere auch im Falle der Beteiligung von (nur) Familienmitgliedern. Das Konfliktpotenzial von Familiengesellschaften wird vielfach unterschätzt: Gesellschaftsrechtliche Probleme (die im Lebenszyklus einer GmbH nun einmal passieren können) werden häufig durch die familiäre Situation zusätzlich verschärft. 

Bei einer bereits eingetretenen Konfliktsituation ist eine Adaptierung des Gesellschaftsvertrages meist nur mehr schwer möglich, da eine bereits vorhandene gesellschaftsvertragliche Bestimmung oder eine eben nicht vorhandene Regelung häufig den einen Gesellschafter in einem bestehenden Konfliktfall begünstigt und den anderen benachteiligt, sodass ein Nachgeben des im konkreten Fall Begünstigten oft nicht zu erwarten ist. 

2. Zwingende Vertragsbestandteile

Der Gesellschaftsvertrag hat folgenden Mindestinhalt aufzuweisen (§ 4 Abs 1 GmbHG):

Soll das Unternehmen auf eine gewisse Zeit beschränkt sein oder sollen den Gesellschaftern außer der Leistung von Kapitaleinlagen noch andere Verpflichtungen gegenüber der Gesellschaft auferlegt werden, so bedürfen auch diese Bestimmungen der Aufnahme in den Gesellschaftsvertrag.

Die nachfolgenden relativ zwingenden Bestimmungen sind im Gesellschaftsvertrag zu vereinbaren, andernfalls entfalten sie keine absolute Wirkung gegenüber neu eintretenden Gesellschaftern:

3. Fakultative Regelungen

Das österreichische GmbH-Recht ist vorwiegend durch das Prinzip der Vertragsfreiheit geprägt. Neben den notwendig zu regelnden Essentialia des Gesellschaftsvertrages (§ 4 Abs 1 GmbHG) kommt den Gesellschaftern eine weitgehende Dispositionsbefugnis zur Regelung ihres Vertrages zu, soweit diese nicht Grundprinzipien des GmbH-Gesetzes verletzen. In diesem Zusammenhang ist grundlegend zwischen materiellen (auch „echten“ oder „korporativen“) und formellen (auch „unechten“ oder „nichtkorporativen“) Satzungsbestandteilen zu unterscheiden.

Unter materiellen Satzungsbestandteilen ist die Summe jener Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages zu verstehen, die einerseits den notwendigen (§ 4 Abs 1 GmbHG), aber auch den fakultativen Satzungsinhalt regeln und die anderseits die organisatorische Grundlage der Gesellschaft bilden; sie sind nicht nur von den Gründern, sondern von künftigen Gesellschaftern und Dritten zu beachten (vgl.OGH 3.11.2005, 6 Ob 231/05x). Die als Satzung im materiellen Sinn zu qualifizierenden kooperativen Regelungen sind nach deren Wortlaut und Zweck in ihrem systematischen Zusammenhang rein objektiv zu interpretieren (vgl. OGH 16.6.2011, 6 Ob 99/11v).

Materielle Satzungsbestandteile sind insbesondere: 

Bestimmungen in der Vertragsurkunde, die nicht zum materiellen Satzungsinhalt gehören, werden als formelle Satzungsbestimmungen bezeichnet; sie führen trotz Aufnahme in den Gesellschaftsvertrag nicht zum Entstehen korporativer Rechte und Pflichten (z. B. Vereinbarungen mit Gesellschaftsdritten). Formelle Satzungsbestandteile sind im Ergebnis dadurch gekennzeichnet, dass es sich um Vereinbarungen handelt, die nicht die Gesellschaft, sondern bloß die Gesellschafter untereinander binden.

Zu den formellen Satzungsbestandteilen gehören: 

Die Unterscheidung zwischen materiellen und formellen Satzungsbestandteilen ist von praktischer Bedeutung für

4. Grundsatz der Gestaltungsfreiheit 

Für GmbH-Gesellschaftsverträge gilt der Grundsatz der Vertragsfreiheit. Der Gesellschaftsvertrag kann etwa die Übertragung der Geschäftsanteile erschweren, er kann Bestimmungen über die Geschäftsführung, über das Stimmrecht usw enthalten.

Zulässig und häufig gebräuchlich sind folgende gesellschaftsvertragliche Regelungen:

Die Frage Wie weit reicht die Vertragsfreiheit? ist vor allem dann von Bedeutung, wenn es um Vertragsänderungen geht, nur der materielle Satzungsinhalt ist Inhalt der notariellen Form und der strengen Regeln der Satzungsänderungen (§§ 49 ff GmbHG). Die Organisation der Gesellschaft einschließlich der Grundlagen der Gesellschafterstellung kann nur durch echte Satzungsbestandteile geregelt werden. Die als Satzung im materiellen Sinn zu qualifizierenden korporativen Regelungen sind nach deren Wortlaut und Zweck in ihrem systematischen Zusammenhang objektiv zu interpretieren (vgl OGH 3.11.2005, 6 Ob 231/05x = GesRZ 2006, 35 = Ges 2006/3, 119). Korporative Regelungen sind solche, die nicht für derzeitige, sondern auch für künftige Gesellschafter und Dritte von Bedeutung sind. Umgekehrt sind Vereinbarungen mit Dritten niemals echte Satzungsbestandteile. Zwischen diesen beiden Positionen liegt der Bereich der indifferenten Bestimmungen, die echte Satzungsbestandteile sein können, aber nicht müssen. Insoweit besteht ein Gestaltungsspielraum der Gesellschafter, ihr Parteiwille entscheidet darüber, ob eine Vertragsregelung korporativer Satzungsbestandteil oder als bloß schuldrechtliche Regelung zu qualifizieren ist.

Unzulässige Regelungen. Es gibt aber auch Bestandteile des Gesellschaftsvertrages, die weder materieller noch formeller Natur sondern schlichtweg unzulässig sind oder mit Inhaltsmängel behaftet sind. 

Beispiele

Als unzulässig (und daher unwirksam), weil gegen zwingendes Recht verstoßend, werden unter anderen folgende Bestimmungen beurteilt: 

Die als Satzung im materiellen Sinn zu qualifizierenden korporativen Regelungen sind nach deren Wortlaut und Zweck in ihrem systematischen Zusammenhang objektiv zu interpretieren. Eine Auslegungshilfe bietet auch eine Präambel. Eine Präambel wird zur Auslegung des Gesellschaftsvertragessowohl von den Gesellschaftern als auch – im worst case – vom Gericht herangezogen. Werden Feststellungen zum Vertragszweck getroffen, liegt es nahe, dass der Inhalt der Präambel als Geschäftsgrundlage anzusehen ist. Vor allem bei komplexeren Sachverhalten ist eine Präambel sinnvoll, sie sollte sich jedoch auf eine möglichst knappe Zusammenfassung des wirtschaftlichen Hintergrundes des Gesellschaftsvertrages beschränken. Die Präambel soll einem außenstehenden Dritten ein leichteres Verständnis für die Zielsetzungen der Gesellschafter ermöglichen. Zur Auslegung des Gesellschaftsvertrages vgl weiterführend Fritz/Wildmoser/Koch, Mustersammlung zum GmbH-Recht I² – Gründung, Gesellschaftsverträge (2016) 19.

5. Obligatorische notarielle Form

Der Gesellschaftsvertrag (samt dessen Änderung vor Eintragung der GmbH in das Firmenbuch) sowie die Erklärung über die Errichtung der Gesellschaft sind zwingend als Notariatsakt (§ 4 Abs 3 iVm § 3 Abs 2 GmbHG; § 52 NO) zu errichten.  Dem Formerfordernis nach § 4 Abs 3 wird auch durch Solennisierung einer Privaturkunde durch Mantelung gemäß § 54 NO entsprochen. Der Notariatsakt als öffentliche Urkunde mit einer erhöhten Beweiskraft dient vor allem der Beweissicherung und soll die Vorlage unrichtiger Urkunden unmöglich machen. Eine Verletzung der Notariatsaktpflicht führt zur absoluten Nichtigkeit des Gesellschaftsvertrages; die Eintragung der GmbH in das Firmenbuch heilt jedoch den Formmangel. Vorverträge zu formpflichtigen Rechtsgeschäften bedürfen der Form des Hauptvertrages. Der Abschluss eines Syndikatsvertrages unterliegt grundsätzlich keiner Formpflicht. 

Wann haftet ein GmbH-Gesellschafter nicht? 2. Teil

Im vorherigen Beitrag wurde ausführlich dargestellt, warum Gesellschafter nicht nur für die eigenen Stammeinlagen haften, welche Nachteile bei der Vereinbarung von Nachschüssen im Gesellschaftsvertrag bestehen, wie die Geschäftsführerpflichten nach dem Unternehmensreorganisationsgesetz zu einer konkreten Haftungsgefahr für GmbH-Gesellschafter werden können und was aus Sicht eines Minderheitsgesellschafters bei der Änderung des Gesellschaftsvertrages zu beachten ist. Im heutigen zweiten Teil des Beitrages werden weitere Empfehlungen für ein sorgenfreies Dasein eines GmbH-Gesellschafters erstattet.

Zu 5. Kein kridaträchtiges Verhalten in der Generalversammlung

Dieser mögliche Haftungstatbestand lässt sich kurz und bündig erklären: Ein GmbH-Gesellschafter, der für einen Gesellschafterbeschluss stimmt, mit welchem dem Geschäftsführer die Unterlassung des gebotenen Insolvenzantrages aufgetragen wird, haftet gegenüber Dritten (OGH 10.12.1992, 6 Ob 656/90). Damit ist eigentlich alles gesagt.

Zu 6. Keine Unterkapitalisierung der Gesellschaft

Eine qualifiziert Unterkapitalisierung ist dann anzunehmen, wenn 

Eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen sind bei der Feststellung materieller Unterkapitalisierung grundsätzlich zu berücksichtigen.

Es ist unzulässig eine GmbH mit einem Haftungsfonds so geringen Umfangs auszustatten, dass dieser unter Berücksichtigung der voraussichtlichen Einnahmenserfüllung der künftigen Gläubiger offensichtlich nicht ausreicht (OGH 6 Ob 1123/06 s). Schon die Gründung einer GmbH mit dem Mindestkapital ist ein Gefahr begründendes Verhalten (So der OGH im Fall einer Tourismusmarketing GmbH mit einem Stammkapital von € 35.000,– und von den beteiligten Tourismusverbänden aufgebrachten Krediten von etwa € 2.000.000,–; vgl. OGH  29.4.2004, 6 Ob 313/03 b = GesRZ 2004, 379 = wbl 2004, 486 = ecolex 2004, 951 = GeS 2005, 19 = RWZ 2004, 366 = ÖZW 2005, 21.).

Ein höheres Stammkapital als das gesetzliche Mindestkapital von € 35.000,00 ist meines Erachtens bereits ein wesentlicher Hinweis darauf, dass eine solche Unterkapitalisierung nicht vorliegen kann; freilich kommt es – wie immer in der Juristerei – auf eine Einzelfallbetrachtung an. 

Zu 7. Keine unzulässigen Einlagenrückgewähr

Zu diesem Themenkomplex wird auf den Beitrag des Verfassers im BÖB-Journal (Verdeckte Ausschüttungen und unzulässige Einlagenrückgewähr – ein praktischer Überblick über Gefahren und Rechtsfolgen, 1. Teil, 49/12, 40, 2. Teil, 50/12, 53) verwiesen. Das Wesen einer unzulässigen Einlagenrückgewähr lässt sich – vereinfacht – folgendermaßen darstellen:

Die Geschäftsführung gewährt einem Gesellschafter Vorteile aus dem Gesellschaftsvermögen, die weder angemessen noch fremdüblich sind. Konsequenz einer solchen Rechtswidrigkeit ist, dass die Gesellschaft gegenüber dem betreffenden Gesellschafter einen Rückforderungsanspruch hat. Ist eine Rückforderung beim Gesellschafter nicht mehr zu erlangen, so haften die Geschäftsführer; ist auch bei denen kein Regress einforderbar, so haften die übrigen Gesellschafter im Verhältnis ihrer übernommenen Stammeinlagen bis (wahrscheinlich) zur Höhe des Stammkapitals. Wahrscheinlich deshalb, weil es in der Literatur durchaus auch Stimmen gibt, die in Falle einer verbotenen Einlagenrückgewähr die Auffassung vertreten, dass die Gesellschafter unbeschränkt (also über das Prinzip der beschränkten Haftung hinaus) haften.

Eine besondere Form der Einlagenrückgewähr stellt die Downstream-Verschmelzung dar: Bei der Downstream-Verschmelzung wird das Vermögen der übertragenden Muttergesellschaft auf die übernehmende Tochtergesellschaft übertragen. Die von der Mutter an der Tochter gehaltenen Geschäftsanteile werden an die Gesellschafter der übertragenden Körperschaft abgegeben. Eine Verschmelzung downstream ist daher nur dann zulässig, wenn die Tochtergesellschaft im Wege der Gesamtrechtsnachfolge einen positiven Verkehrswert aufweist (OGH 11.11.1999, 6 Ob 4/99 h = SZ 72/172 = JBl 2000, 188 = GesRZ 2000, 25 = ecolex 2000, 121 = RWZ 2000, 47; OGH 25.6.1996, 4 Ob 2078/96 h = SZ 69/149 = JBl 1997, 108 = RdW 1996, 472 = ecolex 1997, 437 = ÖBA 1997, 193 = AnwBl 1997, 300). Bei dieser Beurteilung bleibt jedoch der Wert der Beteiligung an der Tochtergesellschaft außer Betracht. Überträgt demnach die Mutter mehr Verbindlichkeiten als Aktiva auf die Tochtergesellschaft, dann verstößt die Verschmelzung gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr gemäß § 82 Abs. 1 GmbHG. 

Die GmbH übernimmt bei derartigen Downstream-Merger-Gestaltungen Verbindlichkeiten von Gesellschaftern, denen keine adäquate Gegenleistung gegenübersteht. Aus diesem Grunde sind sowohl der Verschmelzungsvertrag als auch die Verschmelzungsbeschlüsse nichtig. Werden im Zusammenhang mit der Verschmelzung gesellschaftsrechtliche Begleitmaßnahmen ergriffen, wie z.B. eine ordentliche Kapitalherabsetzung bei der übernehmen Gesellschaft, wäre die Verschmelzung zulässig.

Zu 8. Bürgschaftsübernahme für GmbH-Verbindlichkeiten

Vorweg: Es ist insbesondere bei Familiengesellschaften vielfach nicht zu vermeiden, dass Gesellschafter für Verbindlichkeiten der GmbH gegenüber der Bank oder sonstigen Dritten eine Haftungserklärung abgeben. Solche geschäftlichen Gepflogenheiten sind auch nichts Unanständiges. Man sollte sich jedoch vor Augen halten, dass in einem solchen Fall das Prinzip mit beschränkter Haftung durchbrochen wird, weil durch die Ausfallshaftung gegenüber der Bank der/die betreffenden Gesellschafter eine Erfolgshaftung haben. Wenn die Gesellschafter unvermeidbarer weise eine Solidarhaftung zu übernehmen haben, so ist man im Verhältnis zur Bank dem Haftungssystem einer offenen Gesellschaft schon sehr nahe.

Zu 9. Vorhandensein eines Geschäftsführers

Die Gesellschafter sind verpflichtet, Geschäftsführer in der erforderlichen Anzahl zu bestellen. Diese Verpflichtung wird insbesondere dann schlagend, wenn der letzte Geschäftsführer – aus welchen Gründen auch immer – seinen Rücktritt erklärt. Man sollte freilich meinen, dass es nicht so schwierig sein kann, geeignete Geschäftsführer zu finden, die Praxis zeigt ein anderes Bild: Häufig lässt sich ein Geschäftsführer deshalb nicht finden, weil die Gesellschafter untereinander zerstritten sind, die Gesellschaft in wirtschaftlicher Hinsicht insolvenzgefährdet ist und die Bedingungen für die Übernahme der Funktion schlichtweg unattraktiv sind. 

Das Firmenbuchgericht kann Zwangsstrafen gegenüber GmbH-Gesellschaftern erlassen, wenn sie ihrer Verpflichtung nicht nachkommen, Geschäftsführer in der erforderlichen Anzahl zu bestellen. In Deutschland geht man einen Schritt weiter: hier ist der Mehrheitsgesellschafter einer „geschäftsführerlosen“ GmbH sogar zur Insolvenzantragstellung verpflichtet. Aber auch hierzulande ist eine Haftung des Mehrheitsgesellschafters zu bejahen, wenn durch die schuldhaft unterlassene Geschäftsführerbestellung einem Dritten ein Vermögensschaden erwächst. 

Zu 10. Kein Handeln in der Vor-(Gründungs-) gesellschaft

Bis zum Zeitpunkt des Abschlusses des Gesellschaftsvertrages ist die (ins Auge gefasste) GmbH als Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu qualifizieren. Diese einzige im ABGB geregelte Gesellschaftsform ist gekennzeichnet durch eine Anteilshaftung, die durch die Lehre und Rechtsprechung faktisch zu einer unbeschränkten solidarischen Haftung aller (bekannten) Gesellschafter stilisiert wurde. 

Von einer Vorgesellschaft wird hingegen im Zeitpunkt zwischen der Errichtung des Gesellschaftsvertrages und der Eintragung des Rechtsträgers im Firmenbuch gesprochen. Die Vorgesellschaft ist insb. dadurch gekennzeichnet, dass die GmbH zwar entstanden ist, mangels Firmenbucheintragung jedoch einem Dritten nicht bekannt ist, wer tatsächlich zum Geschäftsführer bestellt ist. Um diesen berechtigten Besorgnissen vorzukehren, sieht § 2 Abs. 2 GmbHG entsprechende gesetzliche Haftungsregelungen vor: wenn ein Gesellschafter (ohne Geschäftsführer zu sein) vor Eintragung der Gesellschaft im Firmenbuch für diese handelt, der haftet – selbstverständlich nur, wenn irgendjemandem dadurch ein Schaden entstanden ist.   

Zu 11. Keine faktische Geschäftsführung

Eine faktische Geschäftsführung, die in haftungsrechtlicher Hinsicht mit einem im Firmenbuch eingetragenen Geschäftsführer gleichzusetzen ist liegt dann vor, wenn Gesellschafter (selten auch Dritte) auf die Leitung der Gesellschaft maßgeblichen Einfluss nehmen. Was maßgeblich ist und was nicht, kommt naturgemäß auf den jeweiligen Einzelfall an. Eine faktische Geschäftsführung ist jedenfalls zu bejahen, wenn der betreffende Gesellschafter die Konten der Gesellschaft führt und in seinem Handeln von einem im Firmenbuch eingetragenen organschaftlichen Vertreter nicht (mehr) zu unterscheiden ist. Wie sagt doch der OGH ganz lapidar: Auch der faktische Geschäftsführer haftet wegen Konkursverschleppung (OGH 23.2.2009, 8 Ob 108/08b, OGH 17.12.2007, 8 Ob 124/07d).

Zu 12. Missbrauch der Organisationsfreiheit

Vorab: Das, was im restlichen Teil dieses Beitrages kommt, hat eher „exotischen“ Charakter und kommt bei kleinen und mittelständischen GmbH´s eher nicht vor. Es geht allerdings darum, kritisch das System der beschränkten Haftung zu hinterfragen. Die Existenzvernichtungshaftung betrifft die Haftung der Gesellschafter für Eingriffe in das Gesellschaftsvermögen (etwas salopp formuliert, könnte man die Existenzvernichtungshaftung im Hinblick auf ihre Folgewirkungen als ein juristisches Überziehen der übertragenden Sanierung bezeichnen) durch Entnahmen, wenn sie eine angemessene Rücksichtnahme auf die Erhaltung der Fähigkeit zur Bedienung der Verbindlichkeiten der Gesellschaft vermissen lassen (vgl. hierzu grundlegend  BGH 17.9.2001, BGHZ 149, 10 („Bremer Vulkan“). Der Eingriff der Gesellschafter hat die Insolvenz der alten herbeigeführt. Nach neuer Auffassung des BGH II ZR 3/04 ist die Existenzvernichtungshaftung eine reine Innenhaftung gegenüber der Gesellschaft.

Beim Missbrauch der Leitungsmacht geht es um besondere Sorgfaltspflichten der Gesellschafter (speziell im Konzern), wenn es zur Verlagerung der Geschäftsführungsentscheidungen auf die Gesellschafterebene kommt (grundlegend hierzu die „Eumig“-Entscheidung, OGH 14.7.1986, 1 Ob 571/86 = SZ 59/132 = JBl 1986, 713 = GesRZ 1987, 46 = RdW 1986, 336). Aus diesem Grund kann auch ein Gesellschafter wegen Verletzung der Konkursantragspflicht zur Haftung herangezogen werden.

Zu 13. Keine Verletzung des Prinzips der Trennung des Vermögens der Gesellschaft von jenem der Gesellschafter

Eine Haftung wegen Vermögensvermischung wurde vom OGH anerkannt, aber nicht näher konkretisiert (vgl. hierzu aber BGH 13.4.1994 II ZR 16/93: Die Abgrenzung zwischen Gesellschafts- und Privatvermögen ist durch eine undurchsichtige Buchführung oder auf andere Weise verschleiert worden, sodass die Kapitalerhaltungsvorschriften, deren Einhaltung ein unverzichtbarer Ausgleich für die Beschränkung der Haftung des Gesellschaftsvermögens ist, nicht funktionieren).

Beim Rechtsformmissbrauch ist strittig, ob es sich überhaupt um eine eigene Kategorie handelt (OGH 20.4.1978, 6 Ob 789/77 = RIS-Justiz RS0009098). Der Grundgedanke des Begriffes der Durchgriffshaftung liegt darin, dass sich niemand der Rechtsform einer juristischen Person zu dem Zweck bedienen darf, Dritte zu schädigen oder Gesetze zu umgehen. Wird eine Durchgriffshaftung schlagend, so kommt für den betroffenen Gesellschafter das Schutzschild der Gesellschaft mit beschränkter Haftung erst gar nicht zum Tragen.