Die Mehrheit entscheidet … und wie wird sie ermittelt? Grundsätzliches zu den Beschlussmehrheiten im Gesellschaftsrecht

Viel Ungemach ließe sich vermeiden, wenn sich GmbH-Gesellschafter entweder zu einstimmigen Beschlüssen durchringen könnten oder abwechselnde Mehrheiten sicherstellen, sodass zumindest die überwiegende Zahl der Gesellschafter ihre Interessen, und zwar nicht zum offenkundigen Nachteil der überstimmten Eigentümer, durchsetzen und Ziele erreichen können. Die Praxis zeigt jedoch (leider) ein anderes Bild. Die folgenden Ausführungen wollen einen Beitrag zum besseren Verständnis zur Systematik der Beschlussmehrheiten im GmbH-Recht leisten.

1. Grundsätzliches

Die Beschlussfassung der Gesellschafter erfolgt – soweit das Gesetz oder der Gesellschaftsvertrag nichts anderes bestimmen – durch einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Diese werden nicht nach Köpfen, sondern nach der Höhe des von den einzelnen Gesellschaftern übernommenen Teiles am Stammkapital gezählt. Je zehn Euro einer übernommener Stammeinlage gewährt eine Stimme; Bruchteile unter zehn Euro werden nicht mitgezählt. Jedem Gesellschafter kommt mindestens eine Stimme zu.

Durch eine gesellschaftsvertragliche Regelung können die Mehrheitserfordernisse insoweit verschärft werden, als Beschlüsse nur mit einer größeren als der gesetzlich jeweils vorhergesehenen Mehrheit oder gar nur einstimmig zustande kommen. Der Gesellschaftsvertrag kann auch vorsehen, dass 

In diesen Fällen ist ein Beschlussantrag erst dann angenommen, wenn die jeweiligen zusätzlichen gesellschaftsvertraglichen Voraussetzungen erfüllt sind; die einfache oder sonst gesetzlich vorgeschriebene Mehrheit reicht nicht aus. Bei Wahlen zu einem Gesellschaftsorgan (insbesondere zum Aufsichtsrat) genügt ausnahmsweise die relative Mehrheit. 

Im Hinblick auf die Mehrheitserfordernisse ist zu unterscheiden in Beschlussgegenstände,

2. Einfache Mehrheit

In der Regel ist für die Beschlussfassung die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen erforderlich. Die Hälfte der nach Kapitalanteilen abgegebenen Stimmen muss also mindestens um eine Stimme überschritten sein. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Mehrheit der abgegebenen Stimmen zugleich auch die Mehrheit der erschienenen Gesellschafter oder gar die Mehrheit des Stammkapitals umfasst. Zu den abgegebenen Stimmen zählen nur diejenigen Stimmen, die für oder gegen den Antrag abgegeben werden und gültig sind.

Eine Beschlussfassung der Gesellschafter mit einfacher Mehrheitder abgegebenen Stimmen erfolgt 

3. Qualifizierte Mehrheit

Für die nachfolgenden Beschlussgegenstände ist eine qualifizierte Mehrheit von drei Viertel der abgegebenen Stimmen erforderlich:

4. Einstimmigkeit

Ein einstimmiger Beschluss der Generalversammlung ist in folgenden Fällen erforderlich:

  1. Bei Abänderung oder Neufassung des Gesellschaftsvertrages im Hinblick auf die Änderung des Gesellschaftszwecks oder eine (wesentliche) Änderung des Unternehmensgegenstandes (§ 50 Abs 3); eine Verringerung der Mehrheitserfordernisse durch den Gesellschaftsvertrag ist zulässig.
  2. Ausgliederung des gesamten Betriebes in eine Tochtergesellschaft: das Einstimmigkeitserfordernis stützt sich auf das Vorliegen einer faktischen Änderung des Unternehmensgegenstandes. 
  3. Abänderung des Gesellschaftsvertrages im Hinblick auf die Herabsetzung eines einstimmigen Beschlusserfordernisses.
  4. Beschlussfassung über eine asymmetrische Gewinnverteilung: In diesem Fall ist die Mitwirkung sämtlicher Gesellschafter erforderlich; ein einstimmiger Beschluss der bloß anwesenden Gesellschafter ist nicht ausreichend.

5. Kombination von Stimmen- und Kapitalmehrheit

Für verschiedene im Gesetz angeführte Beschlussgegenständesind sowohl besondere Mehrheiten als auch Zustimmungserfordernisse vorgesehen:

  1. Bei der verschmelzenden Umwandlung (§ 2 Abs 1 UmwG) ist für den Umwandlungsbeschluss eine Drei-Viertel Mehrheit der abgegebenen Stimmen (§ 2 Abs 3 UmwG iVm § 98)  und die Zustimmung des mit zumindest mit einer Quote von 90 % am Stammkapitel beteiligten Hauptgesellschafters erforderlich. Eine Erhöhung des Mehrheitserfordernisses bis zur Einstimmigkeit sowie die Statuierung weiterer Voraussetzungen sind zulässig.
  2. Im Falle der errichtenden Umwandlung (§ 5 UmwG) ist als erste Voraussetzung für den Umwandlungsbeschluss eine Drei-Viertel Mehrheit der abgegebenen Stimmen erforderlich (§§ 5 Abs 5 sowie 2 Abs 3 UmwG iVm § 98 Abs 3). Zweite Voraussetzung ist entweder

Diese Zustimmungen können auch außerhalb einer förmlichen Generalversammlung erklärt werden. Eine Erhöhung des Mehrheitserfordernisses bis zur Einstimmigkeit sowie die Statuierung weiterer Voraussetzungen sind zulässig.

3. Bei der nicht-verhältniswahrenden Spaltung ist für den Spaltungsbeschluss eine Drei-Viertel Mehrheit der abgegebenen Stimmen und eine Mehrheit von 90 % des gesamten Stammkapitals erforderlich (§ 8 Abs 3 SpaltG). Eine Erhöhung des Mehrheitserfordernisses bis zur Einstimmigkeit sowie die Statuierung weiterer Voraussetzungen sind zulässig. Im Falle einer nicht verhältniswahrenden Spaltung bedarf der Beschluss der Zustimmung sämtlicher Gesellschafter.

4. Eine Strukturbereinigung der Beteiligungsverhältnisse (Ausschluss auf Grundlage des Bundesgesetz über den Ausschluss von Minderheitsgesellschaftern (Gesellschafter-Ausschlussgesetz – GesAusG) erfolgt einerseits mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen und bedarf andererseits der Zustimmung des mit einer Quote von zumindest 90 % beteiligten Hauptgesellschafters.

6. Besondere Mehrheitsverhältnisse

In den folgenden Fällen sind unter bestimmten Voraussetzungen zusätzlich zu den sonstigen Mehrheitsverhältnissen die Zustimmung einzelner Gesellschafter erforderlich:

  1. Im Falle einer entsprechenden Regelung im Gesellschaftsvertrag;
  2. bei Änderungen des Gesellschaftsvertrags, wenn dadurch einzelnen Gesellschaftern eingeräumte Sonderrechte abgeändert oder aufgehoben werden sollen (§ 50 Abs 4 und 5);
  3. Vermehrung der den Gesellschaftern nach dem Gesellschaftsvertrag obliegenden Leistungen (§ 50 Abs 3);
  4. im Falle von Umgründungsmaßnahmen, insbesondere bei Verschmelzungen (§ 99), formwechselnden Umwandlungen (§ 245 Abs 1 AktG) und Spaltungen (§ 10 SpaltG).

Eine Mehrheit von 90% des Stammkapitals ist erforderlich bei der verschmelzenden Umwandlung (§ 2 Abs 2 UmwG) sowie bei der errichtenden Umwandlung (§ 7 Abs 2 UmwG).

Bei den folgenden Strukturmaßnahmen ist die Zustimmung sämtlicher Gesellschafter erforderlich:

7. Praxisbeispiele 

Wie sich die Mehrheitsverhältnisse im Falle von gesetzlichen Stimmverboten oder abwesenden Gesellschaftern berechnen, wird an Hand nachfolgender Beispiele dargestellt.

Ausgangssituation: An der ABC-Industriebetriebe GmbH mit einem Stammkapital von € 100.000,– sind die nachfolgenden Gesellschafter beteiligt.



Gesellschafter



Übernommene Stammeinlage



Anzahl der Stimmen



Beteiligungs-quote in %



Anton Alber



€  41.000,–



4.100



41



Sieglinde Alber



€    9.000,–



900



9



Bernhard Berger



€  12.000,–



1.200



12



Brigitte Berger



€  13.000,–



1.300



13



Christine Claus



€  16.000,–



1.600



16



Dieter Daum



€    9.000,–



900



9




€ 100.000,–



10.000



100

Geschäftsführer sind Anton Alber und Emil Eder. Der Gesellschafter Anton Alber wurde im Gesellschaftsvertrag zum Geschäftsführer bestellt; der Widerruf seiner Bestellung ist auf wichtige Gründe beschränkt; es gelten die gesetzlichen Mehrheitsverhältnisse.

Beispiel:

Entlastung des Geschäftsführers Anton Alber. Bei diesem Generalversammlungsbeschluss ist Anton Alber nicht stimmberechtigt. Alle anderen Gesellschafter nehmen an der Beschlussfassung teil.



Gesellschafter



Übernommene Stammeinlage



Kapital bei Beschluss-fassung



Stimmen-verhältnis



Stimmen für Entlastung



Stimmen gegen Entlastung



Stimm-enthaltung



Anton Alber



€ 41.000,–



/



0






Sieglinde Alber



€   9.000,–



€  9.000,–



15,25 %




15,25 %




Bernhard Berger



€ 12.000,–



€ 12.000,–



20,34 %





20,34 %



Brigitte Berger



€ 13.000,–



€ 13.000,–



22,04 %




22,04 %




Christine Claus



€ 16.000,–



€ 16.000,–



27,12 %



27,12 %





Dieter Daum



€   9.000,–



€   9.000,–



15,25 %



15,25 %






€ 100.000,–

€ 59.000,–
100 %
42,37 %
37,27 %
20,34 %

Ergebnis: Für die Entlastung des Geschäftsführers Anton Alber haben sich 2.500 Stimmen (42,37 % des bei der Beschlussfassung anwesenden Kapitals) ausgesprochen. Gegen die Entlastung haben 2.200 Stimmen (37,27 % des bei der Beschlussfassung anwesenden Kapitals) votiert. Einer konkreten Meinung enthalten hat sich Gesellschafter Bernhard Berger mit 1.200 Stimmen. Dem Gesellschafter-Geschäftsführer Anton Alber wurde sohin die Entlastung erteilt.

Beispiel: 

Die Gesellschafter Christine Claus und Dieter Daum beantragen die Abberufung von Anton Alber als Geschäftsführer; dieser ist bei der Beschlussfassung stimmberechtigt. Alle Gesellschafter nehmen an der Abstimmung teil.



Gesellschafter



Übernommene Stammeinlage



Stimmen für Abberufung



Stimmen gegen Abberufung



Stimm-enthaltung



Anton Alber.



€  41.000,–




4.100




Sieglinde Alber



€    9.000,–



900





Bernhard Berger



€  12.000,–



1.200





Brigitte Berger



€  13.000,–





1.300



Christine Claus



€  16.000,–



1.600





Dieter Daum



€    9.000,–



900






€ 100.000,–



4.600



4.100



1.300

Ergebnis: Wenn im Gesellschaftsvertrag geregelt ist, dass für die Abberufung eines Mitglieds der Geschäftsführung die einfache (wenn auch relative) Mehrheit genügt, so ist Anton Alber als Geschäftsführer rechtswirksam abberufen. Wurde hingegen sinngemäß vereinbart, dass für die Wirksamkeit eines Gesellschafterbeschlusses „50 % und eine Stimme“ erforderlich sind, so verbleibt Anton Alber als Geschäftsführer.

Beispiel:

Die Geschäftsführer Anton Alber und Emil Eder stellen den Antrag auf Genehmigung eines Investitionsvorhabens, welches kraft Satzungsbestimmung als zustimmungspflichtige Maßnahme vereinbart ist. Als Fremdgeschäftsführer ist Emil Eder nicht stimmberechtigt.



Gesellschafter



Übernommene Stammeinlage



Stimmen  für die Investition



Stimmen gegen die Investition



Stimm-enthaltung



Anton Alber



€  41.000,–



4.100





Sieglinde Alber



€    9.000,–




900




Bernhard Berger



€  12.000,–




1.200




Brigitte Berger



€  13.000,–




1.300




Christine Claus



€  16.000,–




1.600




Dieter Daum



€    9.000,–



900






€ 100.000,–



5.000



5.000


Ergebnis: Die Investition hat zu unterbleiben, weil Stimmengleichheit – wie im vorliegenden Fall – keine Zustimmung bedeutet.

Beispiel:

Die Geschäftsführer Anton Alber und Emil Eder stellen den Antrag auf Genehmigung eines Investitionsvorhabens, welches kraft Satzungsbestimmung als zustimmungspflichtige Maßnahme vereinbart ist. Im Gegensatz zum vorherigen Beispiel ist bei der Beschlussfassung Sieglinde Alber weder anwesend noch hat sie eine Stimmrechtsvollmacht erteilt.




Gesellschafter



übernommene Stameinlage



Kapital bei Beschlussfassung



Stimmen für die Investition



Stimmen gegen die Investition




Anton Alber



€  41.000,–



€ 41.000,–



4.100



Sieglinde Alber



€    9.000,–






Bernhard Berger.



€  12.000,–



€ 12.000,–




1.200



Brigitte Berger



€  13.000,–



€ 13.000,–




1.300



Christine Claus



€  16.000,–



€ 16.000,–




1.600



Dieter Daum



€    9.000,–



€   9.000,–



900





€ 100.000,–



€ 91.000,–



5.000



4.100

Ergebnis: Dem Antrag der Geschäftsführung, ein zustimmungspflichtiges Geschäft abzuschließen, wird von der Generalversammlung mit 5.000 Stimmen bei 4.100 Gegenstimmen zugestimmt.

Wie sinnvoll ist ein Beirat bei einer GmbH?

Obwohl das österreichische Gesellschaftsrecht den Begriff Beirat gar nicht kennt, ist ein solcher bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung durchaus häufig anzutreffen. Genaue Zahlen, wie viele GmbHs einen Beirat eingerichtet haben, sind mangels Firmenbucheintragung dieses freiwilligen Organs nicht verfügbar. Der süße Duft der Nichtpublizität schmeckt manchen Entscheidungsträgern offenbar so gut, dass vielfach ein Beirat, dessen Aufgabenbereich nicht klar definiert ist, einem Aufsichtsrat mit seinen im Gesetz eindeutig geregelten Pflichten vorgezogen wird. 

1. Einführung

Das österreichische Gesellschaftsrecht kennt prinzipiell drei Organisationsebenen für eine Gesellschaft im Allgemeinen und juristische Person im Besonderen:

Während es die beiden erstgenannten Organisationsebenen bei jeder Gesellschaftsform gibt, ist Einrichtung eines Aufsichtsrats als dritte Ebene grundsätzlich nur bei einer AG unbeschadet vom Umfang des Geschäftsbetriebes zwingend. Bei einer GmbH ist ein Aufsichtsrat nur in vergleichsweise wenigen Fällen obligatorisch (vgl. § 29 GmbHG). Den Gesellschaftern kleinerer und mittlerer Unternehmen steht es daher frei, eine dritte Ebene in die Organisationsverfassung ihrer Gesellschaft vorzusehen. Neben der insoweit gesellschaftsvertraglich zulässigen Errichtung eines weiteren Organs – also etwa auch eines (gesetzlich nicht zwingenden) Aufsichtsrats – kann ein Beirat auch schuldrechtlich errichtet werden.

Der Beirat ist ein Organ, dass als Bestandteil einer strategischen Unternehmensorganisation sowohl für langjährig bestehende Gesellschaften mit beschränkter Haftung als auch für gegründete Rechtsträger in Frage kommt.

Wesentliche Gründe für die Errichtung eines Beirates sind

Selbstverständlich kann argumentiert werden, dass der finanzielle Aufwand gegen die Errichtung eines Beirates spricht. Im Gegensatz zu Deutschland sind allerdings in Österreich die meisten Beiratsmitglieder unentgeltlich tätig. Die Kosten für die Verwaltung des Beirates (Vor- und Nachbereitung von Zusammenkünften, Protokollübermittlung, usw.) sollten dann kein entscheidendes Kriterium gegen seine Errichtung sein. Nach dem Motto was nichts kostet, ist nichts wert, empfiehlt sich allerdings in Abhängigkeit vom Tätigkeitsumfang der Beiratsmitglieder die Festlegung einer angemessenen Vergütung.  

2. Die Errichtung des Beirates

In den meisten Fällen wird ein Beirat durch eine gesellschaftsvertragliche Regelung entweder anlässlich der Gesellschaftsgründung oder zu einem späteren Zeitpunkt durch Satzungsänderung vereinbart. Denkmöglich ist es auch, den Beirat durch schuldvertragliche Vereinbarung mit den einzelnen Beiratsmitgliedern zu errichten. Nachdem in diesem Fall die Beiratsmitglieder außerhalb der gesellschaftsvertraglichen Organisationsregeln tätig werden, können ihnen ausschließlich Beratungsaufgaben gegenüber anderen Gesellschaftsorganen übertragen werden.

Jede Kompetenzübertragung führt zu einer Änderung der Organisationsverfassung der Gesellschaft. Aus diesem Grund ist sowohl die Errichtung des Beirates als solchen als auch die vorgesehenen Aufgaben und Kompetenzen sowie die die Stellung der Beiratsmitglieder betreffenden grundsätzlichen Regeln (Bestellungsmodus, Rechte, Pflichten, usw.) gesellschaftsvertraglich – zumindest in den Grundzügen – gesellschaftsvertraglich zu vereinbaren. Die innere Ordnung des Beirates sollte hingegen zweckmäßigerweise in einer Geschäftsordnung geregelt sein.

3. Kompetenzübertragung auf den Beirat und ohne Grenzen

Durch eine entsprechende Regelung im Gesellschaftsvertrag dürfen Kompetenzen auf einen Beirat übertragen werden, wenn

Die bei allen Gesellschaftsformen bestehenden (präventiven) Kontrollrechte dürfen den Gesellschaftern nicht entzogen werden; die Gesellschafter dürfen sich letztlich nicht selbst entmachten. Wird dieser Rahmen beachtet, kann ein Beirat bedenkenlos mit Nichtgesellschaftern besetzt und diesem sogar die Mehrheit der Beiratssitze eingeräumt werden. Nach meiner Einschätzung ist dies vielfach sogar der primäre Grund für die Errichtung eines Beirats, um mit der fachlichen (und persönlichen) Kompetenz Dritter allfällige Defizite des Unternehmens auszugleichen.

Die Zuständigkeiten des Beirates können sich mit jenen der Gesellschafter, des Aufsichtsrats und der Geschäftsführer überschneiden, dürfen aber nicht in die gesetzlichen Mindestkompetenzen dieser Organe eingreifen (vgl. Schmidsberger, Gestaltung von GmbH-Verträgen [20011] 31). Üblicherweise werden dem Beirat – ausgehend von der jeweiligen individuellen Ausgangssituation – aus dem nachfolgenden Katalog einzelne Zuständigkeiten übertragen:

Es ist im Einzelfall kritisch zu evaluieren, welche Kompetenzen im welchem Umfang einem Beirat eingeräumt werden sollen. Die folgenden Entscheidungen bzw. Maßnahmen fallen jedoch in die zwingende Kompetenz der GmbH-Gesellschafter und dürfen dem Beirat deshalb nicht zugewiesen werden:

Die Errichtung eines Beirates ist jedoch dann unzulässig, wenn dadurch die Arbeitnehmermitbestimmung unterlaufen wird. Eine solche Umgehung ist dann anzunehmen, wenn bei einer GmbH, bei der eine Belegschaftsvertretung eingericht ist, dem Beirat die Aufgabe zukommt, die Mitglieder der Geschäftsführung zu überwachen (vgl. hierzu eindeutig OGH 27.9.2006, 9 Ob A 130/05 s mit Urteilsanmerkung Fritz, Beirat oder doch Aufsichtsrat … das ist hier die Frage; Aufsichtsrat aktuell 1/2007, 13f). 

Ein Beirat kann neben einem Aufsichtsrat bestehen. In einem solchen Fall wird – von einem reinen Honoratiorenbeirat abgesehen – die Aufgabe des Beirates üblicherweise in der Beratung der Gesellschafter und Geschäftsführung liegen, währenddessen dem Aufsichtsrat die Überwachung der Geschäftsführung zukommt. Ein Nebeneinander Aufsichtsrat und Beirat hat sich in den mir bekannten Fällen nicht bewährt und war vielfach die Quelle von Zuständigkeitsstreitigkeiten zwischen den Mitgliedern dieser beiden Organe. Eine detaillierte Geschäftsordnung des Beirates wäre bei einem Nebeneinander jedenfalls unerlässlich. Dem Beirat kann in einem solchen Fall auch die Ausübung von Zustimmungsvorbehalten oder Weisungsrechten übertragen werden.

4. Die Bestellung der Beiratsmitglieder

Im Gesellschaftsvertrag ist die Art der Bestellung der Beiratsmitglieder festzulegen. Neben der Bestimmung eines oder mehrerer Beiratsmitglieder im Gesellschaftsvertrag als Sonderrecht einzelner Gesellschafter(gruppen) kommen nachfolgende Bestellungsformen in Frage.

Im Zusammenhang mit der Festlegung des Bestellungsmodus sind von den Gesellschaftern auch Regelungen für den Fall einer Verhinderung von Beiratsmitgliedern zu vereinbaren. Eine gerichtliche Bestellung von Beiratsmitgliedern ist nicht möglich.

5. Gedanken zum richtigen Beiratsmitglied

Auswahl. Damit der Beirat die ihm übertragenen Aufgaben erfüllen kann, ist seine Besetzung mit geeigneten Personen von entscheidender Bedeutung. Hat sich die Zusammensetzung des Beirats bewährt, können die Beiratsmitglieder beliebig oft wieder bestellt werden, sofern kein Hinderungsgrund (z.B. das Erreichen einer gesellschaftsvertraglich vereinbarten Altersgrenze) entgegensteht. Gilt es hingegen einen Beirat neu zu besetzen, sollten sich die Gesellschafter über die gewünschte Person entweder einvernehmlich im Klaren sein oder – für einen noch nicht abschließend konkretisierten Personenkreis – ein Anforderungsprofil in fachlicher und persönlicher Hinsicht konzipieren.

Rechte und Pflichten. Keine Frage: der Beirat lebt durch seine Mitglieder. Deren Aufgaben und die hieraus resultierenden Pflichten sind abhängig, von den Kompetenzen, die dem Beirat von den Gesellschaftern übertragen wurden Mitgliedern eines Beratungsbeirates kommt die Pflicht zu, die geschuldeten Beratungsleistungen zu erbringen. Das Mitglied eines in der Unternehmenspraxis am häufigsten eingerichteten Beratungs- und Kontrollbeirates ist zusätzlich auch für die Kontrolle der Geschäftsführung in dem sich aus der Kompetenzübertragung auf den Beirat ergebenden Umfang verantwortlich. 

Neben diesen konkret mit der Aufgabenstellung zusammenhängenden Pflichten, schuldet jedes  Beiratsmitglied auch die mit der Übernahme des Amtes verbundenen Aufgaben (z. B. Teilnahme an Beiratssitzungen). Der Vorsitzende des Beirates schuldet darüber hinaus eine adäquate Organisation dieses fakultativen gesellschaftlichen Organs.

Die ihm übertragenen Aufgaben hat das Beiratsmitglied mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Organmitgliedes zu erfüllen. In Abhängigkeit vom konkreten Umfang der übertragenen Aufgaben hat jedes Beiratsmitglied also mindestens die Kenntnisse und Fähigkeiten eines durchschnittlichen Beiratsmitgliedes für die konkreten Aufgabenstellungen mitzubringen. Jedem Beiratsmitglied obliegen die höchstpersönlichen Mitwirkungs-, Verschwiegenheits- und Treuepflichten; es darf insbesondere keine Kollision mit eigenen wirtschaftlichen Interessen vorliegen.

Neben diesen Pflichten kommen jedem Beiratsmitglied vor allem das Recht auf Teilnahme am Beiratsleben (Sitzungsteilnahme, Übermittlung der für die Ausübung des Stimmrechtes maßgeblichen Informationen, usw.) zu. Jedem Mitglied kommt zumindest ein Ersatz für die mit der Ausübung der Beiratstätigkeit verbundenen Barauslagen zu. 

Haftungsfragen. Nach meiner persönlichen Einschätzung ist einer der Gründe, warum die nicht öffentliche Beiratsfunktion einer im Firmenbuch ersichtlichen Mitgliedschaft im Aufsichtsrat vorgezogen wird, der Irrglaube, dass einem Beiratsmitglied nichts passieren kann. Jedes Beiratsmitglied hat die ihm übertragenen Aufgaben sorgfältig zu erledigen, da es andernfalls eine Pflichtverletzung begeht. Entsteht der Gesellschaft durch ein rechtswidriges schuldhaftes Verhalten des Beirats ein Schaden, sind die Beiratsmitglieder grundsätzlich ersatzpflichtig.. Es ist schon klar und auch gut so, dass die Gesellschafter hiervor im Regelfall zurückschrecken werden (vor allem auch dann, wenn die Beiratsmitglieder nicht [angemessen] vergütet werden). Diese Zurückhaltung wird jedoch für den Insolvenzverwalter nicht gelten. Es ist daher durchaus üblich, dass sämtliche Beiratsmitglieder von einer von der Gesellschaft abgeschlossenen (und bezahlten!) directors & orders-Versicherung umfasst sind.

6. Beendigung der Beiratsfunktion

Die Bestellung eines Beiratsmitgliedes endet im Regelfall – vorbehaltlich einer erneuten Berufung durch die Generalversammlung bzw. abermaligen Entsendung – mit Ablauf der vereinbarten Amtsperiode. Abweichende Regelungen, etwa eine Amtsausübung bis zur Berufung eines neuen Beiratsmitgliedes,  sind zulässig. Die Amtsniederlegung eines Beiratsmitgliedes ist ebenso wie die Abberufung durch die Generalversammlung aus wichtigen Gründen möglich; diese wechselseitigen wichtigen Gründe sollten zweckmäßigerweise vor Beginn der Amtsausübung konkretisiert werden.