Verdeckten Ausschüttungen und unzulässige Einlagenrückgewähr – ein praktischer Überblick über Gefahren und Rechtsfolgen 1. Teil
Keine Frage: Die Rechtsbeziehungen zwischen einer GmbH und ihren Gesellschaftern (noch ausgeprägter: mit ihrem Alleingesellschafter) stehen unter finanzbehördlicher sowie insolvenzrechtlicher Beobachtung. Warum das so ist, was es mit der verdeckte Ausschüttung sowie unzulässige Einlagenrückgewähr auf sich hat, worin die Gefährlichkeit besteht und wie sich ein sorgfältiger Bilanzbuchhalter in solchen Anlassfällen zweckmäßigerweise verhält, ist das Thema des gegenständlichen Beitrags. Infolge der großen Komplexität der Materie erfolgt die Darstellung (ausnahmsweise) in zwei Teilen.
1. Grundsätzliches zum Trennungsprinzip von Kapitalgesellschaften
Ein wesentliches Merkmal einer GmbH ist ihr Trennungsprinzip: die Gesellschaft ist ein eigenständiges Steuerrechtssubjekt und ist von der Sphäre des (der) Gesellschafter(s) getrennt. Dieses Trennungsprinzip wird mit der nachfolgenden Grafik visualisiert.
GmbH
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A | B | C | D | E | |||||||||
Gesellschafter |
Aufgrund des Trennungsprinzips sind im Gegensatz zu Personengesellschaften Rechtsgeschäfte des Gesellschafters mit seiner Gesellschaft nicht nur grundsätzlich zivilrechtlich zulässig, sondern auch in steuerrechtlicher Hinsicht anzuerkennen. Es ist daher auch erlaubt, wenn der Gesellschafter aus einem derartigen Rechtsgeschäft von der Gesellschaft eine Leistung erhält. Soweit so schön. Die Grenze liegt aber darin, dass nur Geschäfte zu angemessenen (fremdüblichen) Konditionen zulässig sind; andernfalls liegen eine Begünstigung des Gesellschafters und damit eine verdeckte Ausschüttung vor.
2. Die verdeckte Ausschüttung
Einer der wesentlichsten Grundsätze des österreichischen Ertragsteuerrechts besteht darin, dass die Einkommensverwendung im Gegensatz zur Einkommenserzielung die Höhe des steuerpflichtigen Einkommens der GmbH nicht beeinflussen darf. Bei der Ermittlung des körperschaftssteuerpflichtigen Einkommens dürfen daher nur betrieblich veranlasste Vorgänge berücksichtigt werden. Ausschüttungen, die ihre Ursache im Gesellschaftsverhältnis haben, bleiben unberücksichtigt. Sinngemäß das Gleiche gilt auch für (verdeckte) Einnahmen, aber das ist heute nicht das Thema. Es leuchtet ja ein, dass die (offene) Gewinnausschüttung an einen Gesellschafter in steuerlicher Hinsicht kein Aufwand sein kann. Wenn also eine solche vom Gesetz vorgesehene Ausschüttung keine steuerrechtlich anzuerkennende Aufwandserhöhung sein kann, so gilt das für eine verdeckte Ausschüttung erst recht.
Wie so oft in österreichischen (Steuer)Gesetzen wird ein Begriff – verdeckte Ausschüttung – verwendet (§ 8 Abs. 2 zweiter Teilstrich KStG), aber nicht definiert. Verdeckte Ausschüttungen sind
- alle außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung gelegenen
- Vorteilsgewährungen einer GmbH
- in einer nicht als Gewinnausschüttung erkennbaren Form
- aus ihrem Vermögen
- an ihre Gesellschafter oder diesen zuzurechnenden Dritten,
- die bei der Körperschaft entweder zu einer Vermögensminderung führen oder eine Vermögenserhöhung verhindern und
- ihre Grundlagen im Gesellschaftsverhältnis haben (vgl. hierzu stellvertretend VwGH 01.03.2007, 2004/15/0096).
Verdeckte Ausschüttungen entstehen bei einer GmbH entweder in Form ungerechtfertigter oder überhöhter Aufwendungen oder fehlender Erträge
Neben diesen objektiven Tatbestandsmerkmalen ist es erforderlich, dass eine auf Vorteilsgewährung gerichtete Willensentscheidung der GmbH zugrunde liegen muss (subjektives Tatbild). In steuerlicher Hinsicht liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung demnach vor, wenn sowohl die objektiven als auch die subjektiven Tatbestandsmerkmale erfüllt sind. Mit anderen Worten: eine von der GmbH-Geschäftsführung (oder ihrem steuerlichen Vertreter) bewiesene unbeabsichtigte Vorteilsgewährung außerhalb einer offenen Ausschüttung ist nicht zwingend als verdeckte Gewinnausschüttung zu qualifizieren, weil das subjektive Verschulden fehlt.
Im Steuerrechtist die korrekte Ermittlung des Gewinnes der Gesellschaft (Nichtanerkennung von Aufwendungen als Betriebsausgaben, die in Wahrheit eine Vermögenszuwendung an den Gesellschafter und damit eine Gewinnverwendung darstellen) vom Begriff der verdeckten Ausschüttung betroffen. Die Wertungskriterien sind in beiden Rechtsgebieten ähnlich, sodass sich auch die zahlreichen steuerrechtlichen Erkenntnisse als Anhaltspunkt für die gesellschaftsrechtliche Beurteilung heranziehen lassen. Aufgrund des unterschiedlichen Zwecks der beiden Rechtsgebiete bestehen im Detail Unterschiede.
Die folgende Übersicht bietet einen Überblick über die häufigsten Fälle einer verdeckten Gewinnausschüttung:
- Zahlung überhöhter Vergütungen an Gesellschafter-Geschäftsführer bzw. nicht fremdübliche Pensionszusage.
- Honorar für sonstige Werk- und Dienstleistungen (Konsulententätigkeit), insb. wenn auch tatsächlich keine (entsprechenden) Leistungen erbracht werden (vgl. ein bekanntes Zitat eines namhaften Ex-Politikers: Was war die Gegenleistung?).
- Gewährung von Gesellschafterdarlehen ohne Vereinbarung einer adäquaten Verzinsung, ohne ausreichende Bonität oder marktübliche Sicherheiten.
- cash pooling im Konzern ohne Einhaltung besonderer Sicherheitsmaßnahmen (z.B. fehlende Bonitätsprüfung im Hinblick auf die Rückführung der Darlehen).
- (nicht durch konkrete Leistungen gerechtfertigte) Konzernumlage.
- Unverhältnismäßige Vorteile aus dem Dienstverhältnis sowie dessen Beendigung (etwa in Form von Prämien und Abfertigungszusagen).
- Gewährung eines Gesellschafterdarlehens außerhalb einer Krise nach dem EKEG mit überhöhten Zinsvereinbarungen.
- Verzicht auf Darlehensforderungen durch die Gesellschaft.
- Bar- oder Sachentnahmen aus der GmbH ohne Verzinsung als Verrechnungsforderung an den betreffenden Gesellschafter.
- Unangemessenes Haftungs- bzw. Geschäftsführungsentgelt für die Komplementär-GmbH einer GmbH & Co KG.
- Erwerb von Wirtschaftsgütern zu einem unangemessen hohen Entgelt.
- Verkauf von Wirtschaftsgütern zu einem fremdunüblich geringen Entgelt.
- Gewinne aus Schwarzgeschäften (hier erfolgt die Zurechnung der verdeckten Ausschüttung im Regelfall im Verhältnis der Beteiligung).
- Zuwendungen an Privatstiftungen, deren Begünstigte Gesellschafter oder diesen nahe stehende Personen sind.
- Vereinbarung eines überhöhten Entgelts für Dienstleistungen des Gesellschafters.
- Verzicht der GmbH auf Ansprüche gegen die Gesellschafter (z.B. Kilometergeld für private Nutzung eines Firmenfahrzeuges).
- Warenlieferungen (sonstige Leistungen) der Gesellschaft an die Gesellschafter unter dem Marktpreis zu einem Vorzugspreis.
- Zahlungen an Dritte, die mittelbar einem Gesellschafter zugute kommen (z.B. an eine andere Gesellschaft, an welcher der betreffende Gesellschafter wesentlich beteiligt ist).
- Zahlungen an nahe Angehörige des Gesellschafters ohne Vorliegen einer fremdüblichen Gegenleistung.
- Bestellung einer Hypothek auf einem Grundstück der Gesellschaft zugunsten eines Gesellschafters.
- Übernahme einer Bürgschaft oder einer Garantie durch die Gesellschaft für die Verbindlichkeiten eines Gesellschafters.
3. Beurteilungskriterien für die Zulässigkeit von Rechtsgeschäften zwischen der GmbH und ihren Gesellschaftern
Die Beurteilung der Zulässigkeit eines Rechtsgeschäfts zwischen der Gesellschaft und einem an dieser beteiligten Gesellschafter erfolgt auf Grundlage eines Fremdvergleiches. Im Zuge dieser Angemessenheitsprüfung wird untersucht, ob das Geschäft mit einem außenstehenden Dritten unter gleichen Bedingungen abgeschlossen worden wäre. Maßgebliches Kriterium dafür ist die Prüfung der Angemessenheit von Leistung und Gegenleistung; hierfür gibt es verschiedene Methoden:
- Selbständige Angemessenheitsprüfung aufgrund einer Bewertung der Leistung
- Fremdvergleich anhand von Marktpreisen oder vergleichbaren Rechts-geschäften
- Interner Fremdvergleich (z.B. wenn ein Gesellschafter-Geschäftsführer sowie ein Fremdgeschäftsführer ohne sachliche Begründung unterschiedlich behandelt werden)
Bei der Prüfung der Angemessenheit kommt es zusätzlich darauf an, ob ein sorgfältiger Geschäftsführer das fragliche Geschäft mit einem Dritten abgeschlossen hätte. Demnach ist der Sorgfaltsmaßstab eines ordentlichen Geschäftsführers (§ 25 GmbHG) zusätzlich zu berücksichtigen, wobei alle aus der Sicht der Gesellschaft für den konkreten Geschäftsabschluss sprechenden Umstände in die Beurteilung einzufließen haben.
Bei der Beurteilung der Angemessenheit besteht ein Bewertungsspielraum. Auch außenstehende Geschäftspartner erhalten nicht immer dieselben Konditionen. Es gibt in der Regel nicht nur eine angemessene Bewertung sondern eine Bandbreite. Aus der Sicht der Gesellschaft ist es nicht erforderlich, immer nur Rechtsgeschäfte mit dem Billigstbieter abzuschließen, es können auch zahlreiche andere Gesichtspunkte in die Entscheidung einfließen, die den Gesellschafter letztlich zum Bestbieter machen und das mit ihm abgeschlossene Geschäft insgesamt als im Interesse der Gesellschaft liegend ansehen lassen. Mit diesem Argument bei der betrieblichen Rechtfertigung lässt sich ein gewisser Handlungsspielraum eröffnen, mit dem auf den ersten Blick nicht angemessene Geschäfte gerechtfertigt werden können.
Das Ausschüttungsverbot hängt nicht nur von einer rein bilanziellen Betrachtung ab, sondern ist auf die effektive Verringerung des Vermögens abzustellen. Für die Bewertung kommt es daher nicht auf den Buchwert sondern auf den Verkehrswert der betreffenden Vermögensgegenstände an.
4. Rechtsfolgen einer verdeckten Ausschüttung
Liegt eine verdeckte Ausschüttung vor, so wird der Gewinn der GmbH so berichtigt, wie er sich unter Wahrung fremdüblicher Maßstäbe ergeben hätte: ungerechtfertigter Aufwand ist auszuscheiden, überhöhter Aufwand ist zu kürzen, ein fehlender Ertrag ist dem Gewinn hinzuzurechnen. In Ausnahmefällen kann bei den von der GmbH übernommenen Anschaffungs- oder Herstellkosten auch eine verdeckte Ausschüttung an der Wurzel vorliegen (vgl. z.B. VwGH 14.10.2010, 2008/15/0178). In einem solchen Fall ist das betreffende Wirtschaftsgut nicht zum Betriebsvermögen der Gesellschaft zu zählen.
Ist der Empfänger der verdeckten Ausschüttung eine natürliche Person, so ist diese bei ihm Gewinn erhöhend zu erfassen. Die Einkünfte (im Regelfall aus Kapitalvermögen) unterliegen in diesem Fall der Kapitalertragsteuer und sind damit – wie offene Ausschüttungen auch – endbesteuert. Die Höhe der Kapitalertragsteuer ist davon abhängig, ob die Gesellschaft dem Gesellschafter die Kapitalertragsteuer weiterverrechnet oder diese selbst trägt. Die Übernahme der Kapitalertragsteuer durch die Gesellschaft ist als zusätzliche verdeckte Ausschüttung zu qualifizieren (VwGH 25.11.2010, 207/15/0104). Soweit eine (andere) GmbH Empfängerin der verdeckten Ausschüttung ist, sind die Erträge ebenso wie offene Ausschüttungen auf Grund der Beteiligungsertragsbefreiung gemäß § 10 KStG befreit.
5. Rückgängigmachung verdeckter Ausschüttungen
Eine einmal bewirkte verdeckte Ausschüttung kann üblicherweise nicht dadurch rückgängig gemacht werden, dass die GmbH die verdeckte Ausschüttung zurückfordert. Die Rückzahlung einer verdeckten Ausschüttung ist in steuerrechtlicher Hinsicht als Einlage des Gesellschafters zu qualifizieren. Eine wirksame Rückgängigmachung einer bereits vollzogenen verdeckten Ausschüttung könnte nur bei einer Korrektur noch im laufenden Geschäftsjahr bewirkt werden. Voraussetzung ist diesfalls, dass der Rückforderungsanspruch zum Bilanzstichtag konkret feststeht. Nach dem Bilanzstichtag eingetretene Umstände können die Rechtsfolgen einer verdeckten Ausschüttung nicht mehr beseitigen (VwGH 25.11.2009, 2007/15/0196).
Im Rahmen eines Vorteilsausgleichs wird eine überhöhte Zuwendung an den Gesellschafter durch dessen Zahlung an die GmbH ausgeglichen. Ein solcher Vorteilsausgleich wird unter folgenden Voraussetzungen steuerlich anerkannt, was zur Folge hat, dass die Rechtsfolgen einer verdeckten Ausschüttung nicht eintreten:
- Leistung und Gegenleistung stammen aus einem Vertrag: In solchen Fällen ist grundsätzlich ein Vorteilsausgleich ohne ausdrückliche Ausgleichs-vereinbarung zulässig (z.B. bei Leistungen aus Anstellungsverträgen sind alle Vergütungen in ihrer Gesamtheit zu beurteilen);
- Leistung und Gegenleistung stammen aus verschiedenen Verträgen: Ein Vorteilsausgleich ist zulässig, wenn ein enger sachlicher Zusammenhang zwischen den Verträgen besteht, die Vereinbarungen zur selben Zeit abgeschlossen werden und dabei wechselseitig auf den Vorteilsausgleich hingewiesen wird;
- Leistung und Gegenleistung stammen aus verschiedenen, sachlich nicht miteinander verbundenen Verträgen: Bei zeitlichen und sachlichem Zusammenhang ist ein Ausgleich dann möglich, wenn dies im Geschäftsverkehr allgemein üblich ist (z.B. bei günstigen Zahlungsbedingungen im Zuge wechselseitiger Lieferungen und Leistungen).
Voraussetzung für die steuerliche Anerkennung des Vorteilsausgleiches ist jedenfalls eine klare und eindeutige Vereinbarung, die auch einen Fremdvergleich standhält; auf die sog. Angehörigenjudikatur kann zurückgegriffen werden (vgl. Stellvertretend für viele: VwGH 16.12.2010, 2007/15/0013).