Das gesetzliche Stimmverbot von GmbH-Gesellschaftern – ein Praxisüberblick

„Wer durch die Beschlussfassung von einer Verpflichtung befreit, oder wem ein Vorteil zugewendet werden soll, hat hiebei weder im eigenen noch im fremden Namen das Stimmrecht. Das Gleiche gilt von der Beschlussfassung, welche die Vornahme eines Rechtsgeschäftes mit einem Gesellschafter oder die Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreites zwischen ihm und der Gesellschaft betrifft.“

Dieser nackte Gesetzestext des § 39 Abs. 4 GmbHG ist die Keimzelle von in der Beratungspraxis häufig auftretenden Auffassungsunterschieden, Missverständnissen und Überraschungen. Letzteres deshalb, weil in bestimmten Konstellationen der mit einer 90 %-igen Quote beteiligte Gesellschafter vom Stimmrecht ausgeschlossen ist und sohin die 10 %-ige Minderheit bei den betreffenden Beschlussfassungsgegenständen 100 % des Kapitals repräsentiert. Dazu kommt, dass in unmittelbaren Zusammenhang zum Stimmverbot auch § 39 Abs 5 GmbHG steht, weil eben kein generelles Stimmverbot bei Interessenkollisionen besteht.

Die Bestimmung des § 39 Abs. 5 GmbHG lautet:

„Wenn ein Gesellschafter selbst zum Geschäftsführer oder Aufsichtsrat oder Liquidator bestellt oder als solcher abberufen werden soll, so ist er bei der Beschlussfassung in der Ausübung seines Stimmrechtes nicht beschränkt.“

Der Normzweck von Stimmverboten liegt darin, die gesellschaftsinterne Willensbildung auf eine möglichst fehlerfreie Grundlage zu stellen. Um es  deutlicher zu sagen: In den vom Gesetz erfassten Fällen gehen Gesellschaftsinteressen vor Gesellschafterinteressen. Die Bestimmung des § 39 Abs 4 erfasst bei weitem nicht alle Fälle widerstreitender Gesellschafts- und Eigeninteressen bzw Mehrheits- und Minderheiteninteressen, sondern lediglich zwei Teilaspekte von möglichen Interessenkonflikten:

Einem Gesellschafter kommt weder im eigenen noch im fremden Namen das Stimmrecht zu (§ 39 Abs 4), wenn

  1. er durch eine Beschlussfassung der Generalversammlung von einer bestehenden Verpflichtung befreit werden soll;
  2. ihm als Geschäftsführer im Rahmen einer ordentlichen Generalversammlung die Entlastung erteilt werden soll;
  3. ihm ein besonderer Vorteil durch eine Beschlussfassung der Generalversammlung zugewendet werden soll, dies unter der Voraussetzung, dass der GmbH oder mindestens  einem anderen Gesellschafter daraus ein Nachteil entstehen könnte;
  4. über die Vornahme eines Rechtsgeschäfts mit ihm abgestimmt werden soll;
  5. in der Generalversammlung über die Einleitung oder Beendigung eines Rechtsstreits zwischen ihm und der GmbH abgestimmt werden soll; Der Begriff „Rechtsstreit“ ist weit auszulegen; auch schiedsgerichtliche Verfahren sind erfasst. Kein Rechtsstreit im herkömmlichen Sinne ist aktives Konfliktmanagement, etwa durch einen Mediator. Als Einleitung eines Rechtsstreits ist jede mit der eigentlichen Prozessführung verbundene prozessuale Handlung zu verstehen; dazu gehören insbesondere die Bestellung eines Prozessvertreters bei einem Passivprozess, die Entscheidung, ob sich die Gesellschaft überhaupt in einen Rechtsstreit einlassen soll, die Bestellung eines Sonderprüfers nach § 45 GmbHG sowie verschiedene außergerichtliche Maßnahmen. Vom Begriff Beendigung eines Rechtsstreits umfasst sind sowohl alle (prozessualen) Rechtshandlungen zu verstehen als auch jene, die den Fortgang des Verfahrens betreffen (vgl hierzu exemplarisch Koppensteiner/Rüffler, GmbHG³ [2007] § 39 Rz 43); darunter fallen beispielsweise Rechtsmittel, Klagerücknahmen, (außer)gerichtliche Vergleiche, usw.
  6. sein  Geschäftsanteil kaduziert werden soll;
  7. er aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden soll,
  8. er Geschäftsführer ist und über die Entlastung eines anderen Gesellschafter-Geschäftsführers abgestimmt werden soll;
  9. bei Maßnahmen, die gegen ihn von den übrigen Gesellschaftern aus einem wichtigen Grund ergriffen werden, sofern es sich nicht um den Widerruf der Bestellung zum Geschäftsführer oder Liquidator handelt;
  10. im Gesellschaftsvertrag ein über die Fälle a. bis i. hinausgehendes Stimmverbot für den konkreten Fall vereinbart ist.

Die Bestimmungen über den Stimmrechtsausschluss sind bei einer Einpersonen-GmbH naturgemäß nicht anwendbar. Die gesetzlichen Regelungen über das Stimmverbot sind kein Schutzgesetz zu Gunsten der Gläubiger. Das Teilnahmerecht des vom Stimmrecht ausgeschlossenen Gesellschafters an der Generalversammlung bleibt von einem allfälligen Stimmverbot unberührt.

Die Ausübung des Stimmrechts durch einen Gesellschaftertrotz möglicher Interessenkollision ist in folgenden Fällen zulässig:

Soll demnach ein Gesellschafter selbst zum Geschäftsführer oder Aufsichtsrat oder Liquidator bestellt oder als solcher abberufen werden, ist er bei der Beschlussfassung in der Ausübung seines Stimmrechts nicht beschränkt; ein Stimmrechtsausschluss besteht in diesem Fall nicht.

Stimmverbot eines Gesellschafters bei Beschlussfassungen

Die gesetzlichen Regelungen über das Stimmverbot sind zwingend, weshalb sie durch den Gesellschaftsvertrag nicht geändert werden können.


Beschlussgegenstand


Stimm


verbot


Ja


Nein


Abstimmung über ein Auskunftsersuchen




 

Änderungen des Gesellschaftsvertrages

 



Auflösung der Gesellschaft

 



Ausschluss des Gesellschafters aus der GmbH




 

Befreiung von einer Verpflichtung aller Gesellschafter

 



Befreiung von einer Verpflichtung eines Gesellschafters (Vgl OGH 25.9.2001, 1 Ob 190/01 z)




 

Beschlussfassung über die Einforderung noch ausstehender Einlagen

 



Beschlussfassung über die Teilung und Übertragung seines Geschäftsanteiles

 



Beseitigung eines Sonderrechts

 



Bestellung zum Geschäftsführer, Aufsichtsratsmitglied oder Liquidator

 



Eigene Entlastung des Gesellschafters als Geschäftsführer, Liquidator oder Mitglied des Aufsichtsrats




 

Einleitung oder Beendigung eines Rechtsstreites zwischen dem Gesellschafter und der GmbH




 

Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits zwischen der GmbH und dem Gesellschafter




 

Entlastung eines anderen Gesellschafter-Geschäftsführers




 

Erteilung der Prokura an einen Gesellschafter

 



Feststellung des Jahresabschlusses bei Mitwirkung bei der Erstellung des Jahresabschlusses

 



Genehmigung der Übertragung des eigenen vinkulierten Geschäftsanteiles

 



Kaduzierung des eigenen Geschäftsanteiles




 

Kapitalerhöhung und Übernahme eines Geschäftsanteiles

 



Rechtsgeschäft zwischen dem Gesellschafter und der GmbH




 

Vorbereitung einer Ausschlussklage (vgl. OGH 22.2.1996, 6 Ob 657/95)




 

Wahl des Vorsitzenden der Generalversammlung

 



Widerruf der Bestellung zum Geschäftsführer, Aufsichtsratsmitglied oder Liquidator

 



Zustimmung der Generalversammlung zur Abtretung eines Geschäftsanteiles an einen Nichtgesellschafter

 



Zuwendung eines besonderen Vorteiles, wenn der GmbH oder zumindest einem Gesellschafter daraus ein Nachteil entstehen könnte




 

Bei der Beschlussfassung über die Teilung und Übertragung von Geschäftsanteilen ist der betroffene Gesellschafter uneingeschränkt stimmberechtigt, weil diese Entscheidung den Kernbereich seiner Mitgliedschaft betrifft. Vgl hierzu weiterführend Koppensteiner/Rüffler, GmbHG³(2007) § 39 Rz 46; Enzinger in Straube (Hrsg), Wiener Kommentar zum GmbH-Gesetz (2013) § 39 Rz 110.

Soweit ein Gesellschafter bei der Beschlussfassung in der Sache vom Stimmverbot betroffen wäre, darf er auch nicht mitstimmen, wenn es in der Generalversammlung um Verfahrensanträge geht.

Beispiel:

Ein Gesellschafter darf nicht bei einer Abstimmung darüber teilnehmen, ob die Beschlussfassung über einen Antrag auf seine Entlastung als Geschäftsführer auf die nächste Generalversammlung vertagt werden soll.

Stimmt ein Gesellschafter entgegen einem Stimmverbot ab, so ist seine Stimme nichtig. Bei der Beschlussfeststellung, also bei der Ermittlung und Verlautbarung des Abstimmungsergebnisses, sind die Stimmen aus dem betroffenen Geschäftsanteil nicht mitzuzählen. Sie sind auch dann nicht mitzuzählen, wenn es um die Ermittlung der für die erforderliche Mehrheit jeweils benötigten Stimmenzahl geht. Bei einer Drei-Personen-Gesellschaft mit paritätischer Beteiligung kommt demnach bei Stimmenthaltung eines Gesellschafters und Stimmrechtsausschluss des zweiten Gesellschafters der Beschluss mit der gültig abgegebenen Stimme des dritten Gesellschafters einstimmig zustande(vgl. hierzu OGH 22.9.2005, 2 Ob 175/05g).

Hat ein Abstimmungsleiter jedoch die entgegen einem Stimmverbot abgegebenen Stimmen tatsächlich mitgezählt, so ist seine Feststellung vorläufig verbindlich. Der festgestellte Beschluss kann nur durch Anfechtungsklage beseitigt werden (OGH 10.11.1996, 2 Ob 2146/96 v).

„Gemeinsam oder einsam …“ – die abgestimmte Ausübung des Stimmrechts. Oder: Der Syndikatsvertrag – das unbekannte Vertragswesen

Syndikatsverträge sind etwas, vom dem Frau oder Mann schon einmal gehört hat, damit jedoch nicht auch zwangsläufig beruflich befasst war. Was ist der Zweck von Syndikatsverträgen? Worin besteht der Unterschied zu einem Stimmbindungsvertrag? Sind solche Verträge überhaupt notwendig oder geht es auch ohne? Auf diese und andere Fragen will der folgende Beitrag im Hinblick auf das Zusammenspiel mit einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung praxistaugliche Antworten geben.

1. Allgemeine Grundlagen, Begriff und Wesen

Ein Syndikatsvertrag – für den keine gesetzliche Definition besteht – ist eine schuldrechtliche Nebenabrede, deren Zweck es ist, die Rechtsbeziehung zwischen der Gesellschaft und den Gesellschaftern sowie zwischen diesen untereinander ergänzend auszugestalten. 

Der Syndikatsvertrag regelt also in gewisser Weise das „Leben“ nach Erwerb der Gesellschafterstellung. Üblicherweise werden mit ihm Vereinbarungen

getroffen.

Stimmbindung im vorangeführten Zusammenhang bedeutet, dass die Gesellschafter die Willensbildung nicht allein nach Maßgabe der Sachargumente trifft, sondern dass die Entscheidungsfindung gleichsam vorweg genommen wird. 

Unbeschadet des engen Zusammenhanges ist ein Syndikatsvertrag nicht Bestandteil des Rechtsverhältnisses (insbesondere nicht des im Firmenbuch veröffentlichten Gesellschaftsvertrages) mit der bzw zur Gesellschaft. Er bindet nur die an der Stimmbindungsabrede Beteiligten und nicht die GmbH als solche (OGH 21.5.2014, 3 Ob 73/14b);ihr gegenüber entfaltet der Syndikatsvertrag nur ausnahmsweise Wirkung. Eine solche absolute Wirkung von Stimmbindungsverträgen besteht etwa dann, wenn diese durch eine personalistische Struktur der Gesellschaft hervorgerufen ist und sämtliche Gesellschafter auch Mitglieder der Stimmbindungsvereinbarung sind (OGH 26.8.1999, 2 Ob 46/97x). Dieser Grundsatz gilt auch für andere, bloß schuldrechtlicheVereinbarungen zwischen den Gesellschaftern, die nicht unmittelbar als Stimmbindungsvertrag einzustufen sind. Stimmbindungsverträge können für einen einmaligen Anlassfall (OGH 28.4.2003, 7 Ob 59/03g), zeitlich befristet oder unbefristet abgeschlossen werden. Gegen die Zulässigkeit einer schuldrechtlichen Vereinbarung zwischen einem Gesellschafter und der GmbH, womit sich der Betreffende zur Erbringung einer bestimmten Leistung verpflichtet, bestehen allerdings keine Bedenken. Aufgrund des Vertragszwecks und der Koppelung mit dem GmbH-Geschäftsanteil wird jedoch davon ausgegangen, dass ohne ausdrückliche gegenteilige Vereinbarung der Stimmbindungsvertrag auf Dauer der Zugehörigkeit zur GmbH abgeschlossen ist. In diesem Fall kann der Stimmbindungsvertrag vorzeitig nur aus wichtigem Grund aufgelöst werden. Der Gesellschaftsvertrag kann den Abschluss von Stimmbindungsverträgen untersagen. 

Ein Syndikatsvertrag ist als Dauerrechtsverhältnis aufgrund 

als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (§§ 1175 ff ABGB) zu qualifizieren (OGH 22.07.2009, 3 Ob 72/09y). Von dieser grundsätzlichen Einstufung bestehen zwei Ausnahmen:

Die beiden Begriffe Syndikatsvertrag und Stimmbindungsvertrag haben die gleiche rechtliche Bedeutung: Es liegt – von den vorangeführten Ausnahmen abgesehen – eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts vor.

Im Zuge eines Stimmbindungsvertrages verpflichten sich einzelne oder sämtliche Gesellschafter, im Rahmen ihrer Herrschaftsrechte ihre Stimme zu bestimmten Tagesordnungspunkten in einer Generalversammlung in einem vorab koordinierten Sinn abzugeben; Vertragsgegenstand ist die Ausübung des Stimmrechts in der GmbH. Ein Stimmbindungsvertrag ist eine Ergänzung der Satzung, ohne jedoch unmittelbar in die gesellschaftliche Organisationsstruktur einzugreifen (OGH 24.1.2001, 9 Ob 13/01d). Syndikatsverträge können auch zwischen (einzelnen) Gesellschaftern und gesellschaftsfremden Dritten geschlossen werden (OGH 28.4.2003, 7 Ob 59/03g).

Beispiel:

An der X-GmbH sind die Gesellschafter A, B, C, D und E mit je 20% des Stammkapitals beteiligt. Die Gesellschafter A, B und C vereinbaren ein Syndikat, das sodann über insgesamt 60% aller Stimmen verfügt und daher ein „Mehrheitssyndikat“ darstellt.

Beispiel:

In der X-GmbH (siehe vorangehendes Beispiel) vereinbaren die Gesellschafter D und E (Beteiligung je 20%) ein Syndikat und bilden somit ein „Minderheitssyndikat“. Gemeinsam verfügen sie immerhin in Bezug auf die qualifizierte 75%-Mehrheit über eine Sperrminorität.

Die Stimmvereinheitlichung im Syndikat kann auf verschiedene Weise erzielt werden, etwa durch

Beispiel

Die Beteiligungsquoten (und damit auch die Stimmrechte) einer GmbH zeigen, dass für Generalversammlungsbeschlüsse, für welche die einfache Mehrheit erforderlich ist, der „E“ lediglich die Mitwirkung von einem der anderen Gesellschafter benötigt.


A


B


C


D


E


15%


15%


15%


15%


40%


Glück & Fuchs GmbH

Wenn jedoch die Gesellschafter A, B, C und D ihre Stimmrechte durch eine Syndikatsvereinbarung bündeln und in der Generalversammlung auch dementsprechend abstimmen, so ist der (gesellschaftsvertraglich) meistbeteiligte Gesellschafter E mit einem Schlag in der Minderheit.  


A


B


C


D


E





60%








40%


Glück & Fuchs GmbH

Ein Mittel zur Erreichung der vorerwähnten Ziele ist die Koordinierung des Stimmverhaltens nach einem bestimmten, vertraglich vereinbarten Modus: 

Für die Willensbildung im Syndikat spielen die gesetzlichen oder gesellschaftsvertraglichen Beschlussmehrheiten keine Rolle, sodass über Angelegenheiten, für die bei Generalversammlungsbeschlüssen eine qualifizierte Mehrheit erforderlich ist, im Syndikat mit einfacher Mehrheit abgestimmt werden kann.

Als Stimmbindungsvertrag bezeichnete Vereinbarungen gehen vielfach über die eigentliche Stimmbindung im Rahmen gesellschaftlicher Entscheidungsfindungsprozesse hinaus. Syndikatsverträge können als schuldrechtliche Nebenabreden zwischen Gesellschaftern vieles mehr regeln, wie etwa Personalabsprachen, Liefer- und Leistungsbeziehungen, grundsätzliche Fragen zur Geschäfts- und Unternehmenspolitik, Finanzierungen, Kapitalerhöhungen, freiwillige Gesellschafterleistungen (Zuschüsse, Darlehen), Sonder- und Informationsrechte sowie, Rechtsnachfolgen auf übernommene Geschäftsanteile (Put- oder Call-Optionen, Vorkaufs-, Wiederkaufs- und Aufgriffsrechte). 

2. Unterschied zwischen Gesellschafts- und Syndikatsvertrag

2.1. Formvorschriften

Der Gesellschaftsvertrag ist zwingend in der Form eines Notariatsaktes abzuschließen (§ 4 Abs 3), satzungsändernde Beschlüsse bedürfen der notariellen Beurkundung (§ 49 Abs 1). Im Gegensatz dazu bedarf der Abschluss eines Stimmbindungsvertrages auch dann keiner besonderen Formpflicht, wenn notariell zu protokollierende Gesellschafterbeschlüsse integrierter Vertragsbestandteil sind. Enthält der Stimmbindungsvertrag hingegen Vorkaufs- oder Aufgriffsrechte sowie Verpflichtungen zum künftigen Erwerb oder zur Abtretung von Geschäftsanteilen, so ist die Notariatsaktform erforderlich. 

2.2. Beschlussfassung

Änderungen des Gesellschaftsvertrages bedürfen eines Beschlusses mit ¾ Mehrheit der abgegebenen Stimmen (§ 50 Abs 1), sofern nicht der Gesellschaftsvertrag eine höhere Mehrheit vorsieht; solche Beschlüsse verpflichten auch jene Gesellschafter, die einer Vertragsänderung nicht zugestimmt haben. Hingegen bedürfen Änderungen des Syndikatsvertrages der Zustimmung sämtlicher Vertragspartner, sofern nicht etwas Gegenteiliges vereinbart ist.

2.3. Publizitätserfordernisse

Der Gesellschaftsvertrag und Änderungen desselben sind im Firmenbuch einzutragen (§§ 11, 51); die Änderungen werden erst mit Eintragung im Firmenbuch wirksam. Der den strengen Publizitätsvorschriften unterliegende Gesellschaftsvertrag ist beim Firmenbuch einzureichen und in der jeweils geltenden Fassung als Bestandteil der Urkundensammlung für jedermann einsehbar (§§ 12, 33 Abs 2 FBG). Dem gegenüber wird ein Syndikatsvertrag weder im Firmenbuch eingetragen noch in die Urkundensammlung aufgenommen; dadurch bleibt er Dritten („der Öffentlichkeit“) in aller Regel verborgen. Änderungen des Syndikatsvertrages werden nach gültiger Beschlussfassung seiner Mitglieder (Gesellschafter) sofort wirksam.

2.4. Wem obliegen welche Pflichten?

Der Gesellschaftsvertrag berechtigt und verpflichtet auch zukünftige Gesellschafter unabhängig davon ob die Gesellschafterstellung im Wege der Einzel- oder Gesamtrechtsnachfolge erlangt wird; er hat sohin dingliche Wirkung. Im Gegensatz dazu verpflichtet der Syndikatsvertrag grundsätzlich nur die Vertragspartner und deren Gesamtrechtsnachfolger; ihm kommt demnach schuldrechtliche Wirkung zu. Neue Gesellschafter können dem Syndikat(svertrag) nur auf Grundlage einer Zustimmung sämtlicher Vertragspartner durch rechtsgeschäftliche Erklärung beitreten.

3. Verhältnis Syndikatsvertrag – Gesellschaftsvertrag

Durch den Syndikatsvertrag kann vom dispositiven Recht abgewichen werden. Der Syndikatsvertrag kann den Gesellschaftsvertrag im weiteren Maße ergänzen und ausgestalten, ohne dass eine Firmenbuchkontrolle und Publizität betroffen ist, an die die Gesellschafter im Syndikatsvertrag nicht gebunden sind. Soweit dritte Interessen berührt werden, kann jedoch ein Zwang zur Regelung im Gesellschaftsvertrag bestehen; die Satzung ist bei Auslegung des Syndikatsvertrages jedenfalls zu berücksichtigen. Im Hinblick auf Vereinbarungen im Syndikatsvertrag, die auf Dauer oder hinsichtlich eines konkreten Einzelfalls im Widerspruch zum Gesellschaftsvertrag stehen bzw eine abweichende Regelung begründen, ist zu unterscheiden, ob die 

Dauerhafte inhaltliche Änderungen des Gesellschaftsvertrages haben den gesetzlichen Formerfordernissen des § 49 Abs 1 GmbHG zu entsprechen, ansonsten sind diese unwirksam. Satzungsüberlagernde Regelungen im Syndikatsvertrag entfalten keine kooperative Verbindlichkeit, da damit eine dauerhafte Modifikation der Satzung verbunden wäre. Wollen demnach die Gesellschafter Organisationsrecht schaffen, so obliegt ihnen eine Änderung des Gesellschaftsvertrages. 

Die treuwidrige Verletzung der Beschlussfassungserfordernisse und Regeln des Syndikatsvertrages oder einer darin vereinbarten Stimmenbindung durch einen Vertragspartner führt dennoch dazu, dass die Ausübung des Stimmrechts wirksam ist (OGH 17.9.2014, 6 Ob 35/14m). Nichts desto weniger kann jedoch der Generalversammlungsbeschluss – sollte er auf Grund der unwirksam syndizierten Stimmen zustande gekommen sein – wegen Treuepflichtverletzung oder anderen Gründen anfechtbar, nichtig oder schwebend unwirksam sein. Schadenersatzansprüche oder eine Konventionalstrafe können aus der Nichteinhaltung einer unwirksamen Stimmbindungsvereinbarung jedoch nicht abgeleitet werden. Das entgegen des Syndikatsvertrages erfolgte Stimmenvotum führt deshalb nicht zu einer Fehlerhaftigkeit eines Beschlusses in der Generalversammlung und begründet nicht dessen Anfechtbarkeit. Von diesem Grundsatz, wonach Stimmen, die entgegen einem Syndikatsvertrag abgegeben werden, wirksam, für das Ergebnis der Abstimmung in der Generalversammlung ohne praktische Bedeutung sind und daher keinen tauglichen Grund für die Anfechtung von Beschlüssen darstellen, bestehen folgende wesentliche Ausnahmen:

Anfechtbar ist ein unter Verletzung von Syndikatsvereinbarungen zustande gekommener Generalversammlungsbeschluss dann, wenn

Damit ist klargestellt, dass ein Syndikatsvertrag dann satzungsgleiche Wirkung entfaltet, wenn die Stimmbindungsvereinbarung lediglich die Konkretisierung bestehender Treuepflichten in einem allseitigen (omnilateralen) Syndikatsvertrag zum Gegenstand hat. Die Verletzung von Treuepflichten führt zur Anfechtbarkeit von Gesellschafterbeschlüssen, da diese unabhängig von einem Syndikatsvertrag bestehen. Die Intensität der einzuhaltenden Treuepflicht steigert sich nach dem Grad der personalistischen Ausgestaltung, der Treuepflichtverstoß (sei es gegenüber den Mitgesellschaftern, sei es gegenüber der Gesellschaft) ist im GmbH-Recht unstrittig anerkannt. Nicht allseitige Syndikatsverträge vermögen Treuepflichten folglich nicht zu konkretisieren.

Satzungsbestimmungen sind einheitlich und aus sich heraus objektiv ohne Rückgriff auf den Syndikatsvertrag auszulegen (OGH 18.7.2011, 6 Ob 121/11d). Dieser Grundsatz gilt aber nur für korporative Satzungsbestimmung nicht für individualrechtliche. Für individualrechtliche Satzungsbestimmungen sind der Parteiwille und die Umstände des Einzelfalls maßgeblich (OGH 16.6.2011, 6 Ob 99/11v). Außerhalb der Satzung liegende Sachzusammenhänge sind dann zu berücksichtigen werden, wenn deren Kenntnis bei den GmbH-Gesellschaftern allgemein vorausgesetzt werden kann. Widersprüche zu individualrechtlichen Satzungsbestimmungen sind ausnahmslos anhand subjektiver Auslegungskriterien aufzulösen („Was war der Parteiwille?“), da keine schützenswerten Drittinteressen betroffen sind. Bei Widersprüchen zu kooperativen Satzungsbestimmungen gilt der Vorrang des Gesellschaftsvertrages. Eine Verletzung vertraglicher Regelungen gegen zwingendes Recht führt zur Unwirksamkeit. Fehlen Bestimmungen über die Beschlussfassung im Syndikatsvertrag, so kommt die Regelung des § 833 ABGB zur Anwendung. Bei Änderungen des Syndikatsvertrages können auch Mehrheitsbeschlüsse vereinbart werden, es darf dabei jedoch nicht – wie ganz allgemein im Personengesellschaftsrecht – in die Kernbereiche der Mitgliedschaft eingegriffen werden (OGH 13.7.2006, 2 Ob 218/05w).

Durch die Einfügung des letzten Satzes in § 1209 Abs 2 ABGB im Zuge des Abschlussprüfungsrechts-Änderungsgesetz 2016 (BGBl. I Nr. 43/2016) ist sichergestellt, dass bei auf bestimmte Dauer abgeschlossenen Syndikatsverträgen das ordentliche Kündigungsrecht wirksam ausgeschlossen werden kann; die frühere Rechtsprechung, wonach ein auf unbestimmte Dauer abgeschlossener Stimmbindungsvertrag ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Beteiligten gekündigt werden kann, ist nunmehr genauso obsolet, wie das Erfordernis eines wichtigen Grundes bei zeitlich befristeten Syndikatsverträgen.

4. Rechtsfolgen von Syndikatsverträgen

Durch den wirksamen Stimmbindungsvertrag wird der GmbH-Gesellschafter zur vertragsgemäßen Stimmrechtsausübung bzw -enthaltung verpflichtet. Im Falle der Verletzung des Syndikatsvertrages kann sowohl Schadenersatz- als auch Leistungsklage zwecks Einhaltung der vertraglichen Vereinbarungen erhoben werden; das Problem der Bezifferung der Schadenshöhe kann mit (verschuldensunabhängigen) Konventionalstrafen gelöst werden. Syndikatsverträge sind mittels Klage und Vollstreckung durchsetzbar. Nachdem die Durchsetzung von Syndikatsverträgen regelmäßig zu spät kommen würde, wird von der Rspr die Zulässigkeit von Handlungsverboten bejaht.

Syndikatsvereinbarungen sind gemäß § 879 ABGB unwirksam, wenn sie 

Ein Syndikatsvertrag ist, falls er nicht ausnahmsweise „nur“ für eine Abstimmung in der Generalversammlung abgeschlossen wird, als Dauerschuldverhältnis zu qualifizieren. Sofern keine gegenteilige Regelung vereinbart ist, kann ein auf unbestimmte Dauer abgeschlossener Stimmbindungsvertrag ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Beteiligten gekündigt werden. Wird der Stimmbindungsvertrag hingegen für eine bestimmte Zeit abgeschlossen, so ist er nur aus wichtigem Grund kündbar (OGH 14.9.2001, 6 Ob 80/11z); der völlige Verzicht auf die Kündigung kann nicht wirksam vereinbart werden (OGH 17.2.2006, 10 Ob 132/05t). Der Abschluss eines Stimmbindungsvertrages bedarf auch dann keiner Form, wenn notariell zu protokollierende Gesellschafterbeschlüsse integrierter Vertragsbestandteil sind. Enthält der Stimmbindungsvertrag hingegen Vorkaufs- oder Aufgriffsrechte sowie Verpflichtungen zum künftigen Erwerb oder zur Abtretung von Geschäftsanteilen, so ist die Notariatsaktform erforderlich. 

5. Wann ist der Abschluss eines Syndikatsvertrages zweckmäßig?

Der Abschluss eines Stimmbindungsvertrages kann empfehlenswert sein

Keinesfalls außer Acht gelassen werden sollte der Umstand, dass alle der oben angeführten Zielsetzungen auch durch eine entsprechend kreative Gestaltung des GmbH-Gesellschaftsvertrages (insbesondere im Hinblick auf allenfalls variable Mehrheitsverhältnisse) auch ohne Abschluss eines Stimmbindungsvertrages erreicht werden können. Allerdings sind in diesem Fall sämtliche Gesellschafter am Entscheidungsfindungsprozess („Was wird [nicht] geregelt?“) zu beteiligen.

6. Syndikatsvertrag Ja oder Nein – Das ist hier die Frage?

Sofern nicht gesellschaftsvertraglich eine ausdrückliche Offenlegung geboten ist, werden Syndikate meistens geheim – auch gegenüber den übrigen Gesellschaftern – gehalten. Eine Stimmbindungsvereinbarung kann insbesondere vorliegen, wenn 

1. mehrere Gesellschafter

2. ein Gesellschafter bei Generalversammlungen wiederholt mit der Vollmacht eines anderen Gesellschafters auftritt;

3. zwischen zwei oder mehreren Gesellschaftern ein rechtliches und / oder wirtschaftliches Abhängigkeitsverhältnis besteht;

4. bei Beschlussvorlagen, Anträgen sowie Stellungnahmen „zufällig“ (annähernd) wortidente Unterlagen von verschiedenen Gesellschaftern vorliegen.  

Auch eine Medienberichterstattung über geplante gemeinsame Vorhaben, Zusammenschlüsse und sonstige Strukturmaßnahmen kann – allenfalls zusammen mit anderen Indizien – auf eine Syndikatsvereinbarung hindeuten.

7. Empfohlener Regelungsinhalt 

Die inhaltliche Bandbreite von Stimmbindungsverträgen ist je nach der individuellen Ausgangssituation sehr weit; üblicherweise werden die nachfolgenden Regelungen getroffen:

1.Umfang der Syndikatsbindung

2. Umfang der syndikatsmäßig gebundenen Geschäftsanteile

3. Organisatorische Bestimmungen über die Willensbildung im Syndikat

4. Pflicht zum syndikatskonformen Verhalten in den Gesellschaftsorganen der GmbH 

5. Wechselseitige Einräumung von Vorkaufs- und Aufgriffsrechte, Put- und Call-Optionen oder Mitverkaufsrechte 

6. Vertragsdauer, Kündigungsrecht, Pflicht zur Überbindung des Stimmbindungsvertrags auf Rechtsnachfolger

7. Geheimhaltungsverpflichtung

8. Vereinbarung einer Konventionalstrafe im Falle von Vertragsverletzungen

9. Anzuwendendes Recht

10. Streitbeilegung im Falle nicht gütlich beizulegender Meinungsverschiedenheiten

Die Chancen einer richtigen Gestaltung von GmbH-Verträgen

Wenn wir uns die Beliebtheit der Gesellschaft mit beschränkter Haftung von Augen halten, so verwundert es, wie wenig Augenmerk der richtigen Vertragsgestaltung beigemessen wird. Richtig ist, was im Hinblick auf die jeweilige Ausgangssituation ein interessensgerechter Vertrag ist, von dem realistischer Weise erwartet werden kann, dass er entweder bis zum nächstfolgenden Generationenwechsel oder einer grundlegenden Umstrukturierung des Unternehmens seine Zwecke erfüllt. Wenn dann der Gesellschaftsvertrag auch noch einen friedensstiftenden Beitrag im Falle von Streitigkeiten zwischen den Gesellschaftern leistet, so verspürt der Rechtsformanwender fast schon so etwas wie Glückgefühle; ihnen solche – zumindest gesellschaftsvertraglicher Natur – zu vermitteln, ist das Ziel der nachfolgenden Ausführungen.

1. Grundsätzliches zum Gesellschaftsvertrag

Der Gesellschaftsvertrag ist ein Organisationsvertrag und stellt die Verfassung der Gesellschaft dar; er regelt die Rechte und Pflichten der Gesellschafter gegenüber der GmbH sowie zwischen ihnen. Sämtliche (auch zukünftige) Gesellschafter sind an die Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages gebunden. Die Gesellschaft wird durch einen in notarieller Form zu beurkundenden Gesellschaftsvertrag errichtet (§ 4 Abs 3 GmbHG).

Der Satzung einer GmbH kommt im österreichischen Gesellschaftsrecht zentrale Bedeutung zu: Quantitativ im Hinblick auf die Anzahl bestehender und jährlich neu hinzukommender Gesellschaften, in qualitativer Hinsicht dadurch, dass der Vertrag die Grundlage für die Ausgestaltung der Verhältnisse während der gesamten Lebensdauer der GmbH ist. Diese Bedeutung, die der Gesellschaftsvertrag hat (zumindest jedoch haben sollte), spiegelt sich jedoch bei sehr vielen Gründungen nicht wieder: Dem Vertragsinhalt wird häufig zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet. Die vorrangigen Bedürfnisse der (potenziellen) Gesellschafter liegen in einer schnellen Gründung sowie einer Kostenoptimierung („Die Gesellschaftsgründung muss schnell erledigt sein und darf nicht viel kosten.). Dazu kommt, dass zwischen den Gründern ohnehin alles klar ist. Im Regelfall ist nicht davon auszugehen, dass eine Gesellschaftsgründung erfolgt, wenn zwischen den Vertragspartnern in wesentlichen Punkten Dissens herrscht. Die Schwierigkeit eines zweckmäßigen, individuell ausgestalteten Gesellschaftsvertrages liegt darin, dass weniger die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Gründung abzubilden sind, sondern jene die sich in weiterer Folge entweder zwangsläufig ergeben (insbesondere das Ableben physischer Gründungsgesellschafter) oder eintreten können.

Die entscheidenden Fragen, die im Zuge der Verfassung des Gesellschaftsvertrages von den Gründungsgesellschaftern beantwortet werden sollten, sind insbesondere:

Der Gesellschaftsvertrag sollte für den jeweiligen Anlassfall „maßgeschneidert“ sein. Bei der Gesellschaftsgründung ist es meist leichter, ausgewogene Regelungen zu finden, weil bei vielen Regelungsbereichen noch nicht feststeht, in welcher „Rolle“ (etwa als ausscheidender oder als verbleibender Gesellschafter) einen Vertragspartner eine Regelung des Gesellschaftsvertrages treffen wird. Die Konsensbereitschaft ist insoweit bei der GmbH-Gründung ausgeprägter als bei nachträglichen Änderungen des Gesellschaftsvertrages. Dieser Grundsatz gilt insbesondere auch im Falle der Beteiligung von (nur) Familienmitgliedern. Das Konfliktpotenzial von Familiengesellschaften wird vielfach unterschätzt: Gesellschaftsrechtliche Probleme (die im Lebenszyklus einer GmbH nun einmal passieren können) werden häufig durch die familiäre Situation zusätzlich verschärft. 

Bei einer bereits eingetretenen Konfliktsituation ist eine Adaptierung des Gesellschaftsvertrages meist nur mehr schwer möglich, da eine bereits vorhandene gesellschaftsvertragliche Bestimmung oder eine eben nicht vorhandene Regelung häufig den einen Gesellschafter in einem bestehenden Konfliktfall begünstigt und den anderen benachteiligt, sodass ein Nachgeben des im konkreten Fall Begünstigten oft nicht zu erwarten ist. 

2. Zwingende Vertragsbestandteile

Der Gesellschaftsvertrag hat folgenden Mindestinhalt aufzuweisen (§ 4 Abs 1 GmbHG):

Soll das Unternehmen auf eine gewisse Zeit beschränkt sein oder sollen den Gesellschaftern außer der Leistung von Kapitaleinlagen noch andere Verpflichtungen gegenüber der Gesellschaft auferlegt werden, so bedürfen auch diese Bestimmungen der Aufnahme in den Gesellschaftsvertrag.

Die nachfolgenden relativ zwingenden Bestimmungen sind im Gesellschaftsvertrag zu vereinbaren, andernfalls entfalten sie keine absolute Wirkung gegenüber neu eintretenden Gesellschaftern:

3. Fakultative Regelungen

Das österreichische GmbH-Recht ist vorwiegend durch das Prinzip der Vertragsfreiheit geprägt. Neben den notwendig zu regelnden Essentialia des Gesellschaftsvertrages (§ 4 Abs 1 GmbHG) kommt den Gesellschaftern eine weitgehende Dispositionsbefugnis zur Regelung ihres Vertrages zu, soweit diese nicht Grundprinzipien des GmbH-Gesetzes verletzen. In diesem Zusammenhang ist grundlegend zwischen materiellen (auch „echten“ oder „korporativen“) und formellen (auch „unechten“ oder „nichtkorporativen“) Satzungsbestandteilen zu unterscheiden.

Unter materiellen Satzungsbestandteilen ist die Summe jener Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages zu verstehen, die einerseits den notwendigen (§ 4 Abs 1 GmbHG), aber auch den fakultativen Satzungsinhalt regeln und die anderseits die organisatorische Grundlage der Gesellschaft bilden; sie sind nicht nur von den Gründern, sondern von künftigen Gesellschaftern und Dritten zu beachten (vgl.OGH 3.11.2005, 6 Ob 231/05x). Die als Satzung im materiellen Sinn zu qualifizierenden kooperativen Regelungen sind nach deren Wortlaut und Zweck in ihrem systematischen Zusammenhang rein objektiv zu interpretieren (vgl. OGH 16.6.2011, 6 Ob 99/11v).

Materielle Satzungsbestandteile sind insbesondere: 

Bestimmungen in der Vertragsurkunde, die nicht zum materiellen Satzungsinhalt gehören, werden als formelle Satzungsbestimmungen bezeichnet; sie führen trotz Aufnahme in den Gesellschaftsvertrag nicht zum Entstehen korporativer Rechte und Pflichten (z. B. Vereinbarungen mit Gesellschaftsdritten). Formelle Satzungsbestandteile sind im Ergebnis dadurch gekennzeichnet, dass es sich um Vereinbarungen handelt, die nicht die Gesellschaft, sondern bloß die Gesellschafter untereinander binden.

Zu den formellen Satzungsbestandteilen gehören: 

Die Unterscheidung zwischen materiellen und formellen Satzungsbestandteilen ist von praktischer Bedeutung für

4. Grundsatz der Gestaltungsfreiheit 

Für GmbH-Gesellschaftsverträge gilt der Grundsatz der Vertragsfreiheit. Der Gesellschaftsvertrag kann etwa die Übertragung der Geschäftsanteile erschweren, er kann Bestimmungen über die Geschäftsführung, über das Stimmrecht usw enthalten.

Zulässig und häufig gebräuchlich sind folgende gesellschaftsvertragliche Regelungen:

Die Frage Wie weit reicht die Vertragsfreiheit? ist vor allem dann von Bedeutung, wenn es um Vertragsänderungen geht, nur der materielle Satzungsinhalt ist Inhalt der notariellen Form und der strengen Regeln der Satzungsänderungen (§§ 49 ff GmbHG). Die Organisation der Gesellschaft einschließlich der Grundlagen der Gesellschafterstellung kann nur durch echte Satzungsbestandteile geregelt werden. Die als Satzung im materiellen Sinn zu qualifizierenden korporativen Regelungen sind nach deren Wortlaut und Zweck in ihrem systematischen Zusammenhang objektiv zu interpretieren (vgl OGH 3.11.2005, 6 Ob 231/05x = GesRZ 2006, 35 = Ges 2006/3, 119). Korporative Regelungen sind solche, die nicht für derzeitige, sondern auch für künftige Gesellschafter und Dritte von Bedeutung sind. Umgekehrt sind Vereinbarungen mit Dritten niemals echte Satzungsbestandteile. Zwischen diesen beiden Positionen liegt der Bereich der indifferenten Bestimmungen, die echte Satzungsbestandteile sein können, aber nicht müssen. Insoweit besteht ein Gestaltungsspielraum der Gesellschafter, ihr Parteiwille entscheidet darüber, ob eine Vertragsregelung korporativer Satzungsbestandteil oder als bloß schuldrechtliche Regelung zu qualifizieren ist.

Unzulässige Regelungen. Es gibt aber auch Bestandteile des Gesellschaftsvertrages, die weder materieller noch formeller Natur sondern schlichtweg unzulässig sind oder mit Inhaltsmängel behaftet sind. 

Beispiele

Als unzulässig (und daher unwirksam), weil gegen zwingendes Recht verstoßend, werden unter anderen folgende Bestimmungen beurteilt: 

Die als Satzung im materiellen Sinn zu qualifizierenden korporativen Regelungen sind nach deren Wortlaut und Zweck in ihrem systematischen Zusammenhang objektiv zu interpretieren. Eine Auslegungshilfe bietet auch eine Präambel. Eine Präambel wird zur Auslegung des Gesellschaftsvertragessowohl von den Gesellschaftern als auch – im worst case – vom Gericht herangezogen. Werden Feststellungen zum Vertragszweck getroffen, liegt es nahe, dass der Inhalt der Präambel als Geschäftsgrundlage anzusehen ist. Vor allem bei komplexeren Sachverhalten ist eine Präambel sinnvoll, sie sollte sich jedoch auf eine möglichst knappe Zusammenfassung des wirtschaftlichen Hintergrundes des Gesellschaftsvertrages beschränken. Die Präambel soll einem außenstehenden Dritten ein leichteres Verständnis für die Zielsetzungen der Gesellschafter ermöglichen. Zur Auslegung des Gesellschaftsvertrages vgl weiterführend Fritz/Wildmoser/Koch, Mustersammlung zum GmbH-Recht I² – Gründung, Gesellschaftsverträge (2016) 19.

5. Obligatorische notarielle Form

Der Gesellschaftsvertrag (samt dessen Änderung vor Eintragung der GmbH in das Firmenbuch) sowie die Erklärung über die Errichtung der Gesellschaft sind zwingend als Notariatsakt (§ 4 Abs 3 iVm § 3 Abs 2 GmbHG; § 52 NO) zu errichten.  Dem Formerfordernis nach § 4 Abs 3 wird auch durch Solennisierung einer Privaturkunde durch Mantelung gemäß § 54 NO entsprochen. Der Notariatsakt als öffentliche Urkunde mit einer erhöhten Beweiskraft dient vor allem der Beweissicherung und soll die Vorlage unrichtiger Urkunden unmöglich machen. Eine Verletzung der Notariatsaktpflicht führt zur absoluten Nichtigkeit des Gesellschaftsvertrages; die Eintragung der GmbH in das Firmenbuch heilt jedoch den Formmangel. Vorverträge zu formpflichtigen Rechtsgeschäften bedürfen der Form des Hauptvertrages. Der Abschluss eines Syndikatsvertrages unterliegt grundsätzlich keiner Formpflicht. 

Wann haftet ein GmbH-Gesellschafter nicht? 1. Teil

Der Titel der Beitrags der GMBH-Ecke mag provokant wirken: Der Begriff Gesellschaft mit beschränkter Haftung – einer Rechtsform, die in weiten Anwenderkreisen gemeinhin mit einer geradezu erotisierenden Wirkung behaftet ist – wird üblicherweise in der Form erklärt, dass die Gesellschafter mit ihren Einlagen beschränkt haften. Im Folgenden wird diese Definition kritisch hinterfragt und eine Art Persilschein entwickelt, damit sich ein GmbH-Gesellschafter – auch rein rechtstheoretisch – auf der sicheren Seite bewegt. Auf Grund der – wie sich zeigen wird – Komplexität der Materie erscheint der Beitrag in zwei Teilen.

Aus der Sicht eines GmbH-Gesellschafters sollten die nachfolgenden Kriterien kumulativ vorliegen, damit wirklich nichts passieren kann:

  1. Volleinzahlung aller Stammeinlagen sämtlicher Gesellschafter.
  2. Keine gesellschaftsvertragliche Vereinbarung zur Leistung von Nachschüssen.
  3. Nicht gegen die Einleitung eines Reorganisationsverfahrens stimmen. 
  4. Änderungen des Gesellschaftsvertrages bedürfen entweder der Einstimmigkeit oder der Zustimmung der jeweiligen (Minderheits-)Gesellschafter. 
  5. Kein kridaträchtiges Verhalten in der Generalversammlung. 
  6. Keine Unterkapitalisierung der Gesellschaft. 
  7. Vermeidung einer unzulässigen Einlagenrückgewähr.
  8. Keine Bürgschaftsübernahmen für GmbH-Verbindlichkeiten.
  9. Vorhandensein eines Geschäftsführers.
  10. Kein Handeln in der Vorgründungsgesellschaft. 
  11. Keine faktische Geschäftsführung.
  12. Kein Missbrauch der Organisationsfreiheit.
  13. Keine Verletzung des Prinzips der Trennung des Vermögens der Gesellschaft von jenem der Gesellschafter.

Zu 1. Volleinzahlung aller Stammeinlagen sämtlicher Gesellschafter

Jeder Bilanzbuchhalter wird seine Mandanten darauf hinweisen, dass sie, insbesondere im Falle des gesetzlichen Mindeststammkapitals von € 35.000,00 oder einer vergleichbar geringen Stammkapitalziffer, ihre Stammeinlagen zur Gänze einbezahlen. Die Krux an den – dass sei hier ausdrücklich gesagt – gesetzlich zulässigen ausstehenden Einlagen liegt darin, dass ein Gesellschafter nicht nur für seine Stammeinlagen geradezustehen hat, sondern im Falle der Kaduzierung eines Geschäftsanteiles (so zu sagen als worst case) auch für die Stammeinlagen der Mitgesellschafter. 

An dieser Stelle sollte man sich vor Augen halten, was eigentlich Kaduzierung im Sinne der §§ 60 – 66 GmbHG bedeutet: Das Kaduzierungsverfahren stellt sicher, dass jene Haftungsfonds, den die Gesellschafter anlässlich der Gründung den (abstrakten) Gesellschaftsgläubigern versprochen haben, auch im Falle eines säumigen Gesellschafters geleistet wird. Die Kaduzierung kann durch den Gesellschaftsvertrag nicht wirksam ausgeschlossen werden; allerdings kann die Dauer des Fristenlaufes im Zusammenhang mit der Fälligstellung der ausstehenden Einlagen gesellschaftsvertraglich verlängert werden. 

Wie funktioniert nunmehr eine Kaduzierung?

Beispiel: 

Das Stammkapital der XY-GmbH beträgt € 36.000,00 und wurde von den Gesellschaftern mit folgenden Stammeinlagen übernommen:

Name, Geburtsdatum Übernommene Stammeinlage Hierauf geleistet Beteiligung in %
Anton Alber, * 9 000,– 4.500,– 25
Berta Berger, * 9 000,– 4.500,– 25
Cäsar Capelli, * 9 000,– 4.500,– 25
Dora Daum, * 9 000,– 4.500,– 25

36.000,– 18.000,– 100

Am 31. August 2012 überträgt Anton Alber seinen Geschäftsanteil zur Gänze an Emil Eder. Im notariell zu errichtenden Abtretungsvertrag findet sich unter anderen folgende Regelung.

„Der abtretende Gesellschafter bestätigt, vom Vertragsrichter über seine subsidiäre Haftung für eine nicht voll geleistete Stammeinlage (§ 67 GmbHG) informiert worden zu sein.“

Drei Jahre später wird die Gesellschaft insolvent. Der Insolvenzverwalter stellt bei den aktuellen Gesellschaftern die Stammeinlagen fällig. Weder die verbleibenden Gründungsgesellschafter Bernhard Berger, Cäsar Capellari und Dora Daum noch der später hinzugetretene Emil Eder sind zahlungsfähig bzw. zahlungsbereit. Der Oberste Gerichtshof hat zwar ausgeführt, dass die Ausfallshaftung der übrigen Gesellschafter auch ohne einem Kaduzierungsverfahren besteht (OGH 13.10.2011, 6 Ob 204/11 = GesRZ 2012, 182), diese Verfahrenserleichterung gilt jedoch dann nicht, wenn Vormänner des säumigen Gesellschafters vorhanden sind und es nicht ausgeschlossen ist, dass die fehlende Stammeinlage (teilweise) von diesem hereingebracht werden kann.

Die Lösung unseres Beispiels sieht also so aus, dass dem ehemaligen Gesellschafter Anton Alber sämtliche Geschäftsanteile der gegenwärtigen Gesellschafter zugeschlagen werden (ob er nun will oder nicht) und er – als mit dieser Kaduzierung verbundene Verpflichtung – sämtliche noch nicht einbezahlte Stammeinlagen (€ 18.000,–) zu leisten hat.  

Angesichts der dargestellten Haftungsdramaturgie leuchtet die Empfehlung der Beratungspraxis ein, dass sämtliche Gesellschafter sämtliche Stammeinlagen zur Gänze anlässlich der Gründung (bzw. zeitnah mit dieser) vollwertig leisten. Wenn man sich vor Augen führt, dass diese Stammeinlagen ja kein Kostenfaktor sind, so verwundert es, warum man sich vielerorts dieses Haftungsrisiko überhaupt antut.

Zu 2. Keine gesellschaftsvertragliche Vereinbarung zur Leistung von Nachschüssen

Die in den §§ 72 -74 GmbHG geregelte Nachschusspflicht ist eine Besonderheit des österreichischen GmbH-Rechtes, die es beispielsweise in Deutschland nicht gibt. Nachschüsse sind über die Stammeinlagen der Gesellschafter hinaus Beiträge, die nur in Geld bestehen dürfen, die auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage zu leisten sind und für deren Rückzahlung keine formelle Kapitalherabsetzung erforderlich ist. Unter diesem Aspekt dienen Nachschüsse der Gesellschaft als zusätzliche Innenfinanzierung. Kokettiert man mit der Leistung von Nachschüssen, so sind diese im Gesellschaftsvertrag ausdrücklich zu verankern. Umgekehrt bedeutet das: Enthält der Gesellschaftsvertrag keine Regelungen, so dürfen Nachschüsse nicht eingefordert werden. Dieser Grundsatz gibt den Gesellschaftern auch eine entsprechende Sicherheit, dass nach vollständiger Leistung ihrer Stammeinlagen nichts mehr kommt

Umgekehrt und da kommen wir zum 3. Punkt des „Persilscheins“, können natürlich auch Nachschüsse – auch gegen den Willen des/der Minderheitsgesellschafter – durch Änderung des Gesellschaftsvertrages vereinbart werden. Die Nachschusspflicht muss zwingend auf einen nach Verhältnis der Stammeinlagen bestimmten Betrag beschränkt werden. Die Angabe eines Höchstbetrages genügt nicht, das Ausmaß der potenziellen Gesamtverpflichtung muss im Voraus bestimmt sein. Die Einzahlung der Nachzahlung ist zwingend von sämtlichen Gesellschaftern nach dem Verhältnis ihrer Stammeinlage zu leisten; insoweit besteht ein Gleichbehandlungsgebot. Voraussetzung für die Nachschussverpflichtung ist ein Einforderungsbeschluss der Gesellschafter. 

Nachschussverpflichtungen sind deshalb unangenehm, weil den betroffenen Gesellschaftern üblicherweise zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht klar ist, ob diese Verpflichtung jemals – und gegebenenfalls zu welchem Zeitpunkt – schlagend wird. Streng genommen müsste der betreffende Gesellschafter den Höchstbetrag der auf ihn im Verhältnis zu seiner Stammeinlage bestehenden Nachschussverpflichtung immer auf einem Sparbuch parken, um im Falle eines Einforderungsbeschlusses gegen seinen Willen, seinen gesellschaftsvertraglichen Pflichten nachzukommen. Dass eine solche Vorkehrung nicht besonders attraktiv ist, liegt auf der Hand.

Zu 3. Nicht gegen die Einleitung eines Reorganisationsverfahrens stimmen

Diese Haftungsbestimmung zu Lasten der Gesellschafter ist einigermaßen skurril, jedenfalls aber völlig unsystematisch: Die Geschäftsführer prüfungspflichtiger Kapitalgesellschaften sind angehalten (eine ausdrückliche Verpflichtung besteht nicht), im Falle der kumulativen Über- oder Unterschreitung von Kennzahlen (Eigenmittelquote und fiktive Schuldentilgungsdauer) ein Reorganisationsverfahren zu beantragen. 

Wenn jetzt ein „schlauer“ Geschäftsführer die Frage ob ein Unternehmensreorganisationsverfahren beantragt werden soll oder nicht, der Generalversammlung zur Beschlussfassung vorlegt und die Gesellschaftermehrheit gegen eine Antragstellung votiert, 

Die Eigenmittelquote ermittelt sich wie folgt:

Eigenkapital (§ 224 Abs. 3 A UGB) + unversteuerte Rücklagen (§ 224 Abs. 3 B UGB)

: Gesamtkapital (§ 224 Abs. 3 UGB)  – Anzahlungen (soweit gem. § 225 Abs. 6 UGB von den Vorräten absetzbar)

Die Formel für die Ermittlung der fiktiven Schuldentilgungsdauer lautet:

Rückstellungen (§ 224 Abs. 3 C UGB)

+ Verbindlichkeiten (§ 224 Abs. 3 D UGB)

– im Unternehmen verfügbare Aktiva gem. § 224 Abs. 2 B III Z 2 UGB
(sonstige Wertpapiere und Anteile des Umlaufvermögens) und § 224
Abs. 2 B IV UGB (Kassenbestand, Schecks, Guthaben bei Kreditinstituten)

– Anzahlungen (soweit nach § 225 Abs. 6 UGB von den Vorräten
absetzbar)

: Mittelüberschuss aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit

Der Berechnung des Mittelüberschusses aus gewöhnlicher Geschäftstätigkeit liegt nachfolgendes Berechnungsschema zu Grunde:

Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit

– auf die gewöhnliche Geschäftstätigkeit entfallende Steuern vom
Einkommen

+ Abschreibungen auf das Anlagevermögen

– Zuschreibungen zum Anlagevermögen

+ Verluste aus dem Abgang von Anlagevermögen

– Gewinne aus dem Abgang von Anlagevermögen

+ Erhöhung der langfristigen Rückstellungen

– Verminderung der langfristigen Rückstellungen  

= Mittelüberschuss aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit

Praktiker-Tipp: Wenn in der Generalversammlung über die Folgen einer von der Geschäftsführung vorgelegten Maßnahme keine Klarheit besteht, so möge man sich der Stimme enthalten. Auf diese Art und Weise lassen sich finanzielle Folgen (maximale Haftung nach dem URG pro Kopf: € 100.000,00) vermeiden. 

Die Gesellschafterhaftung nach § 25 URG lässt sich daher wie folgt zusammenfassen: 

Zu 4. Änderungen des Gesellschaftsvertrages

Nach der gesetzlichen Regelung genügt für Änderungen des Gesellschaftsvertrages eine ¾-Mehrheit. Ist demnach ein Gesellschafter mit weniger als 26 % beteiligt, so können Änderungen gegen seinen Willen – mit allen damit verbundenen Konsequenzen – beschlossen werden. Die unter Umständen dramatischen Auswirkungen werden anhand des nachfolgenden Beispiels (wie es in der Praxis tatsächlich schon vorgekommen ist) dargestellt:

Das Stammkapital der XY-GmbH ist mit € 100.000,00 vereinbart. A hat Stammeinlagen im Nominalbetrag von € 80.000,00 übernommen (Beteiligung 80 %). B hat Stammeinlagen von € 20.000,00 übernommen (Beteiligung 20 %). A beschließt mit einer Mehrheit von 80 % eine Erhöhung des Stammkapitals von € 100.000,00 um € 900.000,00 auf insgesamt € 1,000.000,00. B stimmt dagegen und ist auch nicht verpflichtet, den auf ihn entfallenden Erhöhungsbetrag von € 180.000,00 (20 % von € 900.000,00) zu übernehmen. In seinem solchen Fall erfolgt die Übernahmeerklärung für den gesamten Erhöhungsbetrag von € 900.000,00 durch A. Die Beteiligung verändert sich sohin auf € 980.000,00 (Gesellschafter A) zu € 20.000,00 (Gesellschafter B). In Prozenten beträgt die Beteiligung 99,8 % zu 0,2 %. Folge dieser geänderten Beteiligungsverhältnisse wäre, dass A nach den Bestimmungen des Gesellschafterausschlussgesetzes B aus der Gesellschaft ausschließen könnte. 

Eine Einstimmigkeit bei Vertragsänderungen empfiehlt sich insbesondere dann, wenn nicht sämtliche Gesellschafter die Erhöhungsbeträge im Rahmen einer Kapitalerhöhung bar einzahlen. 

Quo vadis GmbH & Co KG?

Die GmbH & Co KG ist als Sonderfall einer KG eine Personengesellschaft, deren Komplementär entweder eine GmbH ist oder dem Kreise der Komplementäre eine GmbH angehört. Und genau hier liegt der entscheidende Unterschied: Die Kernfrage lautet, ob es in der GmbH & Co KG eine physische Personen, also unbeschränkt haftenden Gesellschafter, gibt oder nicht. An die Beantwortung dieser Ausgangslage sind Rechtsfolgen geknüpft.

Eine gesetzliche Gleichstellung jener GmbH & Co KG´s bei der keine natürliche Person unbeschränkt haftender Gesellschafter ist, mit einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, erfolgt in folgenden Bereichen:

Angesichts der oben dargestellten Fälle der Gleichstellung mit einer GmbH stellt sich naturgemäß die Frage, wann eine Kommanditgesellschaft wie eine klassische KG und in welchen Fällen sie wie eine kapitalistische GmbH & Co KG zu behandeln ist.

Beispiel 1:

Ausgangslage ist eine Familien-KG, bei welcher der Vater („Anton“) als Familienoberhaupt einziger unbeschränkt haftender Gesellschafter ist.

vorher:

Durch die Inanspruchnahme der vorzeitigen Alterspension ist es erforderlich, dass Anton seine Rechtsstellung in die eines Kommanditisten ändert. Wenn sich niemand aus der Familie bereit erklärt, die Funktion eines unbeschränkt haftenden Gesellschafters zu übernehmen, bleibt nur die Errichtung einer Komplementär-GmbH, die am Vermögen der KG nicht beteiligt ist. An den Vermögensverhältnissen der vier Familiengesellschafter ändert sich nichts; der Vorgang führt jedoch zu einer Strukturänderung in eine GmbH & Co KG.

nachher:

Dadurch, dass keine physische Person mehr unbeschränkt haftender Gesellschafter ist, liegt eine kapitalistische GmbH & Co KG vor. Die Beteiligungs- und Machtverhältnisse in der Komplementärgesellschaft spielen insoweit keine Rolle.

Beispiel 2:

Der Komplementär ist eine physische Person, die vier Kommanditisten sind GmbHs.

Es handelt sich um eine echte KG (ohne den Rechtsformzusatz GmbH & Co KG), weil der einzige Komplementär eine physische Person ist. 

Beispiel 3:

An der Gesellschaft sind zwei Komplementäre beteiligt; zwischen diesen gelten die Bestimmungen über die offene Gesellschaft.

Es handelt sich um eine echte KG, weil mindestens ein unbeschränkt haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist.

Beispiel 4:

Bei einer Familiengesellschaft ist die Willensbildung der beiden Familienstämme in jeweils einer Komplementärgesellschaft gebündelt.

Es liegt eine kapitalistische GmbH & Co KG vor, weil zwar die beiden Komplementäre unbeschränkt, primär, unmittelbar und solidarisch (mit ihrem üblicherweise gering gehaltenen Vermögen) haften, aber keine physische Person die Rechtsstellung eines persönlich haftenden Gesellschafters einnimmt.

Beispiel 5:

Bei diesem Gestaltungsmodell wird zwar die Geschäftsführung der KG durch die Organe einer Komplementärgesellschaft wahrgenommen. Eine physische Person ist für jeweils ein Geschäftsjahr als unbeschränkt haftender Gesellschafter im Firmenbuch eingetragen um hernach wiederum in die Funktion eines Kommanditisten zu wechseln.

Beteiligungsstruktur 2012: 

Beteiligungsstruktur 2013:

Durch die alljährliche Rochade einer natürlichen Person in die Rechtsstellung eines unbeschränkt haftenden Gesellschafters handelt es sich um eine echte KG; die für eine GmbH geltenden Bestimmungen sind nicht anzuwenden.

Wenn bei einer GmbH & Co OG kein Gesellschafter eine natürliche Person ist, die unbeschränkt haftet, dann gelten die Ausführungen für eine kapitalistische GmbH & Co KG sinngemäß.

Beispiel 6:

Die Beteiligungsstruktur einer GmbH & Co OG stellt sich folgendermaßen dar.

In Anbetracht der Tatsache, dass keine physische Person an der Gesellschaft beteiligt ist, handelt es sich um einen Anwendungsfall einer kapitalistischen Personengesellschaft.

Ist hingegen der einzige oder einer von mehreren dieser OG-Gesellschafter eine natürliche Person – wenn auch auf der den Kommanditisten zugedachten Ebne – dann sind auf diesen (wohl eher ausnahmsweisen) Fall die für kapitalistische Personengesellschaften geltenden Sonderbestimmungen nicht anzuwenden.

Beispiel 7:

Kein Anwendungsfall einer kapitalistischen Personengesellschaft liegt hingegen bei nachfolgender Konstellation vor.

Beispiel 8:

Dasselbe gilt, wenn eine natürliche Person auf der organisationsrechtlichen Ebene eines Kommanditisten als unbeschränkt haftender Gesellschafter beteiligt ist.

Nachdem es bei einer Offenen Gesellschaft im Gegensatz zur KG eine einheitliche Haftungsordnung gibt, spielt es keine Rolle, auf welcher Ebene eine natürliche Person als unbeschränkt haftender Gesellschafter beteiligt ist.

Ziehen wir ein Zwischenresümee: Wenn an einer GmbH & Co KG keine natürliche Person als unbeschränkt haftender Gesellschafter beteiligt ist, dann gilt das „volle“ GmbH-Recht. Das bedeutet unter anderem:

Eine insolvenzrechtliche Überschuldung liegt nur vor, im Falle einer rechnerischen Überschuldung und gleichzeitig einer negativen Fortbestehensprognose. Diese beiden Prüfungsschritte sind unabhängig voneinander: es ist keine bestimmte Reihenfolge vorgegeben. Das Ziel der Überschuldungsprüfung besteht darin, die künftige Zahlungs- und damit Lebensfähigkeit eines Unternehmens – im konkreten Fall einer GmbH & Co KG ohne eine natürliche Person als unbeschränkt haftenden Gesellschafter – mit zumindest überwiegender Wahrscheinlichkeit feststellen zu können. 

Die Überschuldungsprüfung ist daher 

Eine zweistufige Überschuldungsprüfung ist allerdings nur dort zulässig, wo – trotz rechnerischer Überschuldung – die Zahlungsfähigkeit des Unternehmens noch erhalten ist. Mit Eintritt der Zahlungsunfähigkeit ist daher der insolvenzrechtlich relevante Sachverhalt jedenfalls verwirklicht, ohne dass es dann noch auf eine Fortbestehensprognose ankäme (OGH 9.5.2007, 7 Ob 84/07 i).

Die Beispiele wurden entnommen aus dem im Februar 2013 erschienen Buch Fritz, Die Kommanditgesellschaft, Band 2, Die GmbH & Co KG, dbv-Verlag – Fachverlag für Steuer- und Wirtschaftsrecht Druck-, Beratungs- und Verlagsgesellschaft m. b. H., Graz.