Wie sinnvoll ist ein Beirat bei einer GmbH?

Obwohl das österreichische Gesellschaftsrecht den Begriff Beirat gar nicht kennt, ist ein solcher bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung durchaus häufig anzutreffen. Genaue Zahlen, wie viele GmbHs einen Beirat eingerichtet haben, sind mangels Firmenbucheintragung dieses freiwilligen Organs nicht verfügbar. Der süße Duft der Nichtpublizität schmeckt manchen Entscheidungsträgern offenbar so gut, dass vielfach ein Beirat, dessen Aufgabenbereich nicht klar definiert ist, einem Aufsichtsrat mit seinen im Gesetz eindeutig geregelten Pflichten vorgezogen wird. 

1. Einführung

Das österreichische Gesellschaftsrecht kennt prinzipiell drei Organisationsebenen für eine Gesellschaft im Allgemeinen und juristische Person im Besonderen:

Während es die beiden erstgenannten Organisationsebenen bei jeder Gesellschaftsform gibt, ist Einrichtung eines Aufsichtsrats als dritte Ebene grundsätzlich nur bei einer AG unbeschadet vom Umfang des Geschäftsbetriebes zwingend. Bei einer GmbH ist ein Aufsichtsrat nur in vergleichsweise wenigen Fällen obligatorisch (vgl. § 29 GmbHG). Den Gesellschaftern kleinerer und mittlerer Unternehmen steht es daher frei, eine dritte Ebene in die Organisationsverfassung ihrer Gesellschaft vorzusehen. Neben der insoweit gesellschaftsvertraglich zulässigen Errichtung eines weiteren Organs – also etwa auch eines (gesetzlich nicht zwingenden) Aufsichtsrats – kann ein Beirat auch schuldrechtlich errichtet werden.

Der Beirat ist ein Organ, dass als Bestandteil einer strategischen Unternehmensorganisation sowohl für langjährig bestehende Gesellschaften mit beschränkter Haftung als auch für gegründete Rechtsträger in Frage kommt.

Wesentliche Gründe für die Errichtung eines Beirates sind

Selbstverständlich kann argumentiert werden, dass der finanzielle Aufwand gegen die Errichtung eines Beirates spricht. Im Gegensatz zu Deutschland sind allerdings in Österreich die meisten Beiratsmitglieder unentgeltlich tätig. Die Kosten für die Verwaltung des Beirates (Vor- und Nachbereitung von Zusammenkünften, Protokollübermittlung, usw.) sollten dann kein entscheidendes Kriterium gegen seine Errichtung sein. Nach dem Motto was nichts kostet, ist nichts wert, empfiehlt sich allerdings in Abhängigkeit vom Tätigkeitsumfang der Beiratsmitglieder die Festlegung einer angemessenen Vergütung.  

2. Die Errichtung des Beirates

In den meisten Fällen wird ein Beirat durch eine gesellschaftsvertragliche Regelung entweder anlässlich der Gesellschaftsgründung oder zu einem späteren Zeitpunkt durch Satzungsänderung vereinbart. Denkmöglich ist es auch, den Beirat durch schuldvertragliche Vereinbarung mit den einzelnen Beiratsmitgliedern zu errichten. Nachdem in diesem Fall die Beiratsmitglieder außerhalb der gesellschaftsvertraglichen Organisationsregeln tätig werden, können ihnen ausschließlich Beratungsaufgaben gegenüber anderen Gesellschaftsorganen übertragen werden.

Jede Kompetenzübertragung führt zu einer Änderung der Organisationsverfassung der Gesellschaft. Aus diesem Grund ist sowohl die Errichtung des Beirates als solchen als auch die vorgesehenen Aufgaben und Kompetenzen sowie die die Stellung der Beiratsmitglieder betreffenden grundsätzlichen Regeln (Bestellungsmodus, Rechte, Pflichten, usw.) gesellschaftsvertraglich – zumindest in den Grundzügen – gesellschaftsvertraglich zu vereinbaren. Die innere Ordnung des Beirates sollte hingegen zweckmäßigerweise in einer Geschäftsordnung geregelt sein.

3. Kompetenzübertragung auf den Beirat und ohne Grenzen

Durch eine entsprechende Regelung im Gesellschaftsvertrag dürfen Kompetenzen auf einen Beirat übertragen werden, wenn

Die bei allen Gesellschaftsformen bestehenden (präventiven) Kontrollrechte dürfen den Gesellschaftern nicht entzogen werden; die Gesellschafter dürfen sich letztlich nicht selbst entmachten. Wird dieser Rahmen beachtet, kann ein Beirat bedenkenlos mit Nichtgesellschaftern besetzt und diesem sogar die Mehrheit der Beiratssitze eingeräumt werden. Nach meiner Einschätzung ist dies vielfach sogar der primäre Grund für die Errichtung eines Beirats, um mit der fachlichen (und persönlichen) Kompetenz Dritter allfällige Defizite des Unternehmens auszugleichen.

Die Zuständigkeiten des Beirates können sich mit jenen der Gesellschafter, des Aufsichtsrats und der Geschäftsführer überschneiden, dürfen aber nicht in die gesetzlichen Mindestkompetenzen dieser Organe eingreifen (vgl. Schmidsberger, Gestaltung von GmbH-Verträgen [20011] 31). Üblicherweise werden dem Beirat – ausgehend von der jeweiligen individuellen Ausgangssituation – aus dem nachfolgenden Katalog einzelne Zuständigkeiten übertragen:

Es ist im Einzelfall kritisch zu evaluieren, welche Kompetenzen im welchem Umfang einem Beirat eingeräumt werden sollen. Die folgenden Entscheidungen bzw. Maßnahmen fallen jedoch in die zwingende Kompetenz der GmbH-Gesellschafter und dürfen dem Beirat deshalb nicht zugewiesen werden:

Die Errichtung eines Beirates ist jedoch dann unzulässig, wenn dadurch die Arbeitnehmermitbestimmung unterlaufen wird. Eine solche Umgehung ist dann anzunehmen, wenn bei einer GmbH, bei der eine Belegschaftsvertretung eingericht ist, dem Beirat die Aufgabe zukommt, die Mitglieder der Geschäftsführung zu überwachen (vgl. hierzu eindeutig OGH 27.9.2006, 9 Ob A 130/05 s mit Urteilsanmerkung Fritz, Beirat oder doch Aufsichtsrat … das ist hier die Frage; Aufsichtsrat aktuell 1/2007, 13f). 

Ein Beirat kann neben einem Aufsichtsrat bestehen. In einem solchen Fall wird – von einem reinen Honoratiorenbeirat abgesehen – die Aufgabe des Beirates üblicherweise in der Beratung der Gesellschafter und Geschäftsführung liegen, währenddessen dem Aufsichtsrat die Überwachung der Geschäftsführung zukommt. Ein Nebeneinander Aufsichtsrat und Beirat hat sich in den mir bekannten Fällen nicht bewährt und war vielfach die Quelle von Zuständigkeitsstreitigkeiten zwischen den Mitgliedern dieser beiden Organe. Eine detaillierte Geschäftsordnung des Beirates wäre bei einem Nebeneinander jedenfalls unerlässlich. Dem Beirat kann in einem solchen Fall auch die Ausübung von Zustimmungsvorbehalten oder Weisungsrechten übertragen werden.

4. Die Bestellung der Beiratsmitglieder

Im Gesellschaftsvertrag ist die Art der Bestellung der Beiratsmitglieder festzulegen. Neben der Bestimmung eines oder mehrerer Beiratsmitglieder im Gesellschaftsvertrag als Sonderrecht einzelner Gesellschafter(gruppen) kommen nachfolgende Bestellungsformen in Frage.

Im Zusammenhang mit der Festlegung des Bestellungsmodus sind von den Gesellschaftern auch Regelungen für den Fall einer Verhinderung von Beiratsmitgliedern zu vereinbaren. Eine gerichtliche Bestellung von Beiratsmitgliedern ist nicht möglich.

5. Gedanken zum richtigen Beiratsmitglied

Auswahl. Damit der Beirat die ihm übertragenen Aufgaben erfüllen kann, ist seine Besetzung mit geeigneten Personen von entscheidender Bedeutung. Hat sich die Zusammensetzung des Beirats bewährt, können die Beiratsmitglieder beliebig oft wieder bestellt werden, sofern kein Hinderungsgrund (z.B. das Erreichen einer gesellschaftsvertraglich vereinbarten Altersgrenze) entgegensteht. Gilt es hingegen einen Beirat neu zu besetzen, sollten sich die Gesellschafter über die gewünschte Person entweder einvernehmlich im Klaren sein oder – für einen noch nicht abschließend konkretisierten Personenkreis – ein Anforderungsprofil in fachlicher und persönlicher Hinsicht konzipieren.

Rechte und Pflichten. Keine Frage: der Beirat lebt durch seine Mitglieder. Deren Aufgaben und die hieraus resultierenden Pflichten sind abhängig, von den Kompetenzen, die dem Beirat von den Gesellschaftern übertragen wurden Mitgliedern eines Beratungsbeirates kommt die Pflicht zu, die geschuldeten Beratungsleistungen zu erbringen. Das Mitglied eines in der Unternehmenspraxis am häufigsten eingerichteten Beratungs- und Kontrollbeirates ist zusätzlich auch für die Kontrolle der Geschäftsführung in dem sich aus der Kompetenzübertragung auf den Beirat ergebenden Umfang verantwortlich. 

Neben diesen konkret mit der Aufgabenstellung zusammenhängenden Pflichten, schuldet jedes  Beiratsmitglied auch die mit der Übernahme des Amtes verbundenen Aufgaben (z. B. Teilnahme an Beiratssitzungen). Der Vorsitzende des Beirates schuldet darüber hinaus eine adäquate Organisation dieses fakultativen gesellschaftlichen Organs.

Die ihm übertragenen Aufgaben hat das Beiratsmitglied mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Organmitgliedes zu erfüllen. In Abhängigkeit vom konkreten Umfang der übertragenen Aufgaben hat jedes Beiratsmitglied also mindestens die Kenntnisse und Fähigkeiten eines durchschnittlichen Beiratsmitgliedes für die konkreten Aufgabenstellungen mitzubringen. Jedem Beiratsmitglied obliegen die höchstpersönlichen Mitwirkungs-, Verschwiegenheits- und Treuepflichten; es darf insbesondere keine Kollision mit eigenen wirtschaftlichen Interessen vorliegen.

Neben diesen Pflichten kommen jedem Beiratsmitglied vor allem das Recht auf Teilnahme am Beiratsleben (Sitzungsteilnahme, Übermittlung der für die Ausübung des Stimmrechtes maßgeblichen Informationen, usw.) zu. Jedem Mitglied kommt zumindest ein Ersatz für die mit der Ausübung der Beiratstätigkeit verbundenen Barauslagen zu. 

Haftungsfragen. Nach meiner persönlichen Einschätzung ist einer der Gründe, warum die nicht öffentliche Beiratsfunktion einer im Firmenbuch ersichtlichen Mitgliedschaft im Aufsichtsrat vorgezogen wird, der Irrglaube, dass einem Beiratsmitglied nichts passieren kann. Jedes Beiratsmitglied hat die ihm übertragenen Aufgaben sorgfältig zu erledigen, da es andernfalls eine Pflichtverletzung begeht. Entsteht der Gesellschaft durch ein rechtswidriges schuldhaftes Verhalten des Beirats ein Schaden, sind die Beiratsmitglieder grundsätzlich ersatzpflichtig.. Es ist schon klar und auch gut so, dass die Gesellschafter hiervor im Regelfall zurückschrecken werden (vor allem auch dann, wenn die Beiratsmitglieder nicht [angemessen] vergütet werden). Diese Zurückhaltung wird jedoch für den Insolvenzverwalter nicht gelten. Es ist daher durchaus üblich, dass sämtliche Beiratsmitglieder von einer von der Gesellschaft abgeschlossenen (und bezahlten!) directors & orders-Versicherung umfasst sind.

6. Beendigung der Beiratsfunktion

Die Bestellung eines Beiratsmitgliedes endet im Regelfall – vorbehaltlich einer erneuten Berufung durch die Generalversammlung bzw. abermaligen Entsendung – mit Ablauf der vereinbarten Amtsperiode. Abweichende Regelungen, etwa eine Amtsausübung bis zur Berufung eines neuen Beiratsmitgliedes,  sind zulässig. Die Amtsniederlegung eines Beiratsmitgliedes ist ebenso wie die Abberufung durch die Generalversammlung aus wichtigen Gründen möglich; diese wechselseitigen wichtigen Gründe sollten zweckmäßigerweise vor Beginn der Amtsausübung konkretisiert werden.