Information und Kommunikation in der Krise

In der GmbH-Ecke dieser Ausgabe verlassen wir den rein rechtlichen Bereich und wenden uns einem Thema zu, für das es zwar Regeln der Vernunft und Zweckmäßigkeitserwägungen, jedoch – wohl Gott sei Dank – keine gesetzlichen Bestimmungen gibt: Der Information und Kommunikation in der Krise.

1. Einführung

Krisen sind naturgemäß niemals willkommen und erscheinen meistens unerwartet. Alle Krisen haben eines gemeinsam: sie stellen die Gesellschaft und die Geschäftsführung im Hinblick auf die Information bzw. Kommunikation vor eine große Herausforderung. Unternehmenskrisen sind Vertrauenskrisen. Der Verlust des Vertrauens in die Geschäftsführung bedeutet bei den Mitarbeitern und insbesondere auch in der Öffentlichkeit einen Vertrauensverlust. Die Kommunikation in der Krise ist darauf ausgerichtet, Glaubwürdigkeit und damit Vertrauen zu bewahren bzw. zurückzugewinnen. Dies ist nur möglich durch die überzeugende Identifikation der Geschäftsführung mit der notwendigen Kommunikationsaufgabe, die Klarheit, Geradlinigkeit und Offenheit erfordert. 

Kommunikation im Allgemeinen und die konsequente Umsetzung der richtigen Maßnahmen im Besondern durch die Geschäftsführung sind zentrale Merkmale des Krisenmanagements. Das oberste Ziel der Krisenkommunikation ist die behutsame positive Beeinflussung der öffentlichen Meinung unter sorgfältiger Beachtung der Tatsachen. 

2. Phasen der Krisenkommunikation

Die effektive Kommunikation bei Krisen kann frühzeitig geplant und zielgerichtet gesteuert werden, weil folgende Annahmen zugrunde liegen.

  • Jede Krise hat einen Lebenszyklus der beeinflusst werden kann.
  • Die beste Strategie, negative Berichterstattung in den Medien zu verhindern, liegt in Aktivitäten, welche die Reputation des Unternehmens in Hinblick auf seine soziale Verantwortlichkeit fördern. 

Vorausschauend werden die externen und internen Einflussfaktoren permanent nach möglichen Schwierigkeiten überprüft. Dieser zeitliche Vorsprung ermöglicht der Gesellschaft bzw. der Geschäftsführung, mögliche auftauchende Schwierigkeiten zu analysieren und entsprechende Lösungsstrategien auszuarbeiten, bevor diese kurzfristig gelöst werden müssen. In der Phase des Problemmanagements werden die externen und internen Einflussfaktoren nach aktuellen Trends überprüft und mögliche Schwierigkeiten identifiziert. 

Im Zuge der Präventionsplanung werden die Umweltfaktoren, welche die Gesellschaft betreffen und deren Einflussfaktoren weiterhin überwacht. Neben der Identifikation von potenziellen Schwierigkeiten sowie der Herleitung von effektiven Beeinflussungsmaßnahmen steht in dieser Phase die Reduktion negativer Folgen einer allfälligen Krise im Vordergrund. Zu diesem Zweck sollte auch ein Notfallplan erstellt werden, um den weiteren Verlauf der Schwierigkeiten möglichst beeinflussen zu können. Sobald die Geschäftsführung realisiert, dass eine Krise unmittelbar bevorsteht, sind die Informationsbeschaffungs- und Frühwarnsysteme zu intensivieren, um den weiteren Verlauf der Krise entsprechend überwachen zu können. 

Im Falle des Eintretens der Krise kann lediglich mit entsprechenden Notfallmaßnahmen reagiert werden, um den Schaden in der Öffentlichkeit zu reduzieren. Solche reaktiven Kommunikationsaktivitäten haben jedoch eine beschränkte Effektivität, da die Öffentlichkeit die Krise bereits subjektiv wahrnimmt. In der Phase „in der Krise“ ist es für die Gesellschaft wichtig, dass der Notfallplan der in der Phase „Problemmanagement“ erstellt wurde, umgesetzt wird. 

Nach der Krise ist die notwendige Kommunikation noch nicht beendet. Die überstandenen Schwierigkeiten müssen noch immer beobachtet werden, um bei einem allfälligen erneuten Erscheinen zeitgerecht reagieren zu können. Veränderungen der Intensität der Krise, der Schaden, den das Unternehmen durch die Krise erleidet sowie die Zeitdauer der Krise sind wesentliche Einflussfaktoren der Wahrnehmung in der Krise. In dieser Phase ist es wesentlich, dass die Gesellschaft weiterhin der Öffentlichkeit Beachtung schenkt, um deren Bedenken zu adressieren. 

3. Die Kommunikationsstrategien in der Krise

Beschuldigung. Diejenigen Personen, die behaupten, eine Krise existiere, werden attackiert und der üblen Nachrede beschuldigt. Die vermeintliche Krise wird abgestritten oder überhaupt nicht erwähnt.

Abstreiten. Es wird behauptet, dass gar keine Krise bestehe und – wenn nötig – erklärt, weshalb das so ist. 

Kein Kommentar. Die von einer vermeintlichen Krise betroffene Gesellschaft schweigt sich aus bzw. gibt keine Kommentare dazu ab.

Rechtfertigung. Die von einer Krise betroffene Gesellschaft entschuldigt sich zwar, spielt die Krise aber gleichzeitig herunter und erklärt, dass sie an der Krise keine oder höchstens eine indirekte Schuld treffe.

Kompensation und Korrektur. Die Gesellschaft versucht den durch die Krise entstandenen Schaden zu reparieren, erklärt sich bereit, allfälligen Opfern eine finanzielle Entschädigung zu zahlen und ergreift Maßnahmen, um eine Wiederholung der Krise zu verhindern. 

Abbitte. Die betroffene Gesellschaft übernimmt die volle Verantwortung für die Krise, bittet um Entschuldigung und verspricht den entstandenen Schaden zu begleichen. 

Während vor allem die Beschuldigung und das Abstreiten Ausdruck einer defensiven Haltung sind und das Ziel verfolgen, die Verantwortung für eine vermeintliche Krise abzuschieben, zielen insbesondere die beiden Strategievarianten Kompensation und Korrektur sowie Abbitte drauf ab, das angeschlagene Image der Gesellschaft durch pro-aktives Handeln wieder zu verbessern, indem die Verantwortung für die Krise übernommen, entsprechende Gegenmaßnahmen ergriffen und ein allenfalls entstandener Schaden beglichen wird.

4. Krisenarten

Die Frage nach der in einer bestimmten Krise adäquaten und erfolgversprechenden Krisenkommunikationsstrategie hängt in erster Linie von der Art der Krise ab, mit der eine Gesellschaft konfrontiert ist. In Frage kommen folgende Krisenarten: 

  • Die Gesellschaft als Opfer:
  • Unfälle
  • selbst verschuldete und vorsätzliche Ereignisse.

5. Die Wahl der adäquaten Kommunikationsstrategie

Mit der nachfolgenden Grafik wird demonstriert, dass in jeder Krise mehrere Kommunikationsstrategien denkbar sind und umgekehrt auch jede Strategie bei verschiedenen Krisen zum Einsatz gelangen kann. 


Hohe Kontrolle, selbstverschulded


Art der Krise


Betrug, Misswirtschaft, menschliches Versagen | Abbitte


Adäquate Krisenkommunikations-
strategien



Technisches Problem, Betriebsunfälle | Kompensation, Korrektur



Böswillige, Produktmanipulation | Rechtfertigung



Gewalt am Arbeitsplatz | Kein Kommentar


Gerüchte, Unwahrheiten | Abstreiten, Beschuldigung


Terrorattacken, Naturkatastrophen | Kompensation, Korrektur


Keine Kontrolle, fremdverschuldet

Die Wahl der adäquaten Krisenkommunikationsstrategie hängt aber nicht nur von der Art der Krise ab, sondern auch von den Adressaten der Krisenkommunikation. 

6. Instrumente der Krisenkommunikation

Bei der Umsetzung der Kommunikationsaktivitäten sind folgende Fragen zu beantworten. 

  • Welche potenziellen Adressaten wissen bereits von dem Zwischenfall?
  • Was ist jetzt bekannt und was wird noch bekannt werden?
  • Wer ist von dem Zwischenfall betroffen?
  • Werden die Medien aus dem Vorfall für verschiedene Adressaten eine Kette mit anderen Vorfällen aus der Vergangenheit konstruieren?

Neben diesen Fragestellungen entscheidet eine Vielzahl an Faktoren in der Krisenkommunikation darüber, ob die geplante Strategie auch umgesetzt werden kann.

Bei der internen Krisenkommunikation ist es unerlässlich, dass die speziellen Rollen und Verantwortlichkeiten klar bestimmt sind und die Wichtigkeit der Einzelaufgaben jedes Teilnehmers der Krisenteams betont ist. Sämtliche Adressaten müssen wissen, wer die Ansprechpersonen sind und wo, wann und wie sie die Informationen erhalten. Im Vordergrund bei der internen Krisenkommunikation stehen die Mitarbeiter der Gesellschaft.

Bei der externen Krisenkommunikation eines Unternehmens stehen im Vordergrund die Kunden sowie die Gesellschafter und die Öffentlichkeit. Diese sollten in einer Krisensituation schnell und effektiv informiert werden.

7. Öffentlichkeitsarbeit im Krisenfall

Die Auswirkungen einer Krise auf die Gesellschaft beziehen sich auf die gesamten internen und externen Adressaten. In der Krise suchen Journalisten nach unmittelbaren Premiere-Nachrichten, die sie von den entsprechenden Stellen des Unternehmens bzw. direkt vor Ort eines Ereignisses erhalten. Die Anwesenheit von überdurchschnittlich vielen Medienvertretern mit teilweise geringer Sachkenntnis, deren hoher Konkurrenzdruck untereinander sowie der knappe Zeitrahmen müssen im Rahmen des Krisenmanagements berücksichtigt und bewältigt werden.

Wer in Krisen interne und externe Adressaten frühzeitig und umfassend informiert, ohne unangenehme Tatsachen zu verschweigen, riskiert kurzfristig einen Imageeinbruch, die offene und ehrliche Haltung führt jedoch mittelfristig zu einem Imagegewinn, der nachhaltiger wirkt als der erste „Schock“.

Bei großen Störfällen lässt sich eine Pressekonferenz in der Regel nicht vermeiden. Der erste Schritt muss dann eine schriftliche und dem Vorfall angemessene kurze Pressemitteilung sein, deren Professionalität sehr wichtig ist, da sie bei der Mehrzahl der Journalisten den Trend setzt. Nachdem unzureichend informierte Journalisten dazu neigen, selbst in Aktionismus und Kreativität zu verfallen, ist es unerlässlich, eine entsprechende Liste von Ansprechpartnern für Krisenfälle zu führen. Jene Person, die zum offiziellen Mediensprecher des Unternehmens bestimmt wird (das muss nicht ein Geschäftsführer sein) sollte redegewandt und umfassend informiert sein. Sämtliche Führungskräfte müssen alle Anfragen nach detaillierten Informationen an den Unternehmenssprecher weiterleiten. Gleichzeitig müssen sie sämtliche Informationen aus ihrem Bereich, die für die Berichterstattung oder die Aufklärung der Krise notwendig sind, möglichst schnell an den Mediensprecher weiterleiten.

Je akuter die Krise ist, umso häufiger und umfangreicher sollte die Berichterstattung erfolgen. Dabei sollten alle Informationen einer klar verständlichen Sprache unter Vermeidung von Fachbegriffen gegeben werden. Wenn sich die Krise abschwächt, entspannt sich zwar die Situation, jedoch müssen auch in dieser Phase die richtigen Kommunikationsmaßnahmen getroffen, sowie das interne zusammengehalten werden, um das Unternehmen, dessen Produkte und Dienstleistungen positiv zu positionieren.

Die Bedeutung der Instrumente der Krisenkommunikation wird abschließend in Form der folgenden Tabelle dargestellt (3 = hohe Bedeutung, 0 = keine Bedeutung. 


Phasen  Instrumente


Problem- management


Präventions- planung


In der Krise


Nach der Krise


Interne Kommunikation


3


2


3


2


PR / Medien



2


1


3


2


Werbung



2


1


0


2


Internet


1


2


2


1

Bleibt nur zu hoffen, dass dem Bundesverband der österreichischen Bilanzbuchhalter, der BÖB-Akademie und den Lesern dieser Zeitschrift Krisen, vor allem hausgemachte, künftig erspart bleiben. Und wenn sie doch kommt, dann steht Ihnen jetzt ein kleiner Leitfaden zur Verfügung.