Die Übernahme von Verwaltungsstrafen durch die Gesellschaft – Grenzen der Zulässigkeit 2. Teil

Österreich ist ein schönes Land … aber auch ein strenges: Verwaltungsübertretungen werden – je nach Sichtweise streng bis sehr streng sanktioniert. Dazu kommt, dass die penible Einhaltung sämtlicher gesetzlicher Bestimmungen auch bei größter Mühewaltung nicht gelingen wird. Es ist lediglich ein angenähertes gesetzeskonformes Verhalten möglich; dieses sollte jedoch von der GmbH-Geschäftsführung auch angestrebt werden.  Die Frage, wer gegen einen Funktionsinhaber verhängte Verwaltungsstrafen bezahlt, ist für die Betroffenen von großer praktischer Bedeutung; dieser Umstand rechtfertigt es, sich im folgenden diesem Thema zu widmen.

4. Entscheidungskompetenz

Die Erstattung der Geldstrafe sowie die Übernahme der Verfahrens- und Vertretungskosten hat Entgeltcharakter und ist sohin eine steuer- und sozialversicherungspflichtige Vergütung des Geschäftsführers bzw verantwortlichen Beauftragten. Bei der GmbH ist die Generalversammlung für den Abschluss und den Inhalt des Anstellungsvertrages des Geschäftsführers zuständig; sie entscheidet daher auch über die Übernahme einer Strafe sowie die Verfahrenskosten. Weder ist ein Geschäftsführer berechtigt, selbst über Gesellschaftsvermögen zu verfügen, um eine über ihn verhängte Verwaltungsstrafe zu ersetzen, noch sind die Geschäftsführer berechtigt, aus (liquiden) Mitteln der GmbH einem anderen Geschäftsführer gegenüber Verwaltungsstrafen zu ersetzen, ohne unmittelbar einen Regress zu veranlassen. Diese Entscheidungskompetenz der Generalversammlung gilt auch dann, wenn die Gesellschaft über einen Aufsichtsrat verfügt, sofern dieser nicht auch zum Abschluss solcher Strafübernahmevereinbarungen bevollmächtigt.

Während also bei Verhängung von Verwaltungsstrafen gegenüber den GmbH-Geschäftsführern andere (Gesellschaftsorgane) über deren Übernahme durch die Gesellschaft Beschluss fassen, obliegt diese Entscheidung im Verhältnis zu nicht-organschaftlichen leitenden Angestellten grundsätzlich der Geschäftsführung.

5. Von der unzulässigen Übernahme von Geldstrafen zur strafrechtlichen Untreue

Eine zulässige Übernahme einer gegen einen verantwortlichen Beauftragten und / oder gewerberechtlichen Geschäftsführer verhängten Verwaltungsstrafe, der nicht gleichzeitig dem gesetzlichen Vertretungsorgan der Gesellschaft angehört, kann aus Sicht der diese Entscheidung treffenden Geschäftsführer niemals zu strafrechtlichen Folgen führen. Das gleiche gilt, wenn sämtliche Gesellschafter (und nicht nur alle in einer Generalversammlung Anwesenden) einstimmig beschließen, dass die Gesellschaft eine über einen Geschäftsführer verhängte Verwaltungsstrafe sowie die Verfahrenskosten zur Zahlung übernimmt,sie also einen strafbefreienden Entlastungsbeschluss fassen.

Stellt sich hingegen (nachträglich) heraus, dass die Voraussetzungen für eine Übernahme der Geldstrafe sowie der Verfahrens- und Vertretungskosten nicht vorliegen, steht dem Vermögensabfluss kein wirksamer Rechtsgrund gegenüber. Aus Sicht der Gesellschaft wird somit eine Zahlung ohne das Bestehen einer vertraglichen Verpflichtung („Nichtschuld“) geleistet, was dazu führt, dass eine strafrechtliche Untreue im Sinne des § 153 StGB vorliegen kann.

Spätestens seit der Verurteilung des ehemaligen Salzburger Bürgermeisters wegen Untreue ist dieser Tatbestand breiten Bevölkerungskreisen bekannt, wenn auch nicht unbedingt inhaltlich geläufig. § 153 StGB ist ein Vermögensdelikt und schützt das Vermögen der Gesellschaft als Machtgeberin sowie (indirekt) jenes der Gesellschafter als Eigentümer. Ausgehend von der Tatsache, dass jeder GmbH-Geschäftsführer treuhändischer Verwalter fremden anvertrauten Vermögens ist, bedarf es für eine strafrechtliche Relevanz eines vorsätzlichen („wissentlichen“) Missbrauchs von der durch Gesetz oder Rechtsgeschäft eingeräumten Befugnis über fremdes Vermögen zu verfügen und dem Hinzufügen eines Vermögensnachteils.

Der Handlungsunwert einer Untreue besteht im wissentlichen  Missbrauch rechtlich eingeräumter Verfügungsmacht im Zusammenhang mit rechtsgeschäftlichen Handlungen (bzw mit rechtlichem Charakter) durch die Geschäftsführer als Träger einer Befugnis und damit Machthaber. Durch diesen Befugnismissbrauch (durch aktives Tun) muss der Gesellschaft als Machtgeberin ein Vermögensschaden entstehen, der im gegebenen Fall in der unzulässigen Bezahlung einer Verwaltungsstrafe (bei der nicht die Gesellschaft sondern ein Dritter Strafadressat ist) besteht. Voraussetzung für das Vorliegen der Untreue ist jedenfalls, dass die Geschäftsführer wissen, dass die Strafübernahme pflichtwidrig ist und es auch für ernstlich möglich halten, dass die Gesellschaft durch ihre Handlung einen Vermögensschaden erleidet; auf subjektiver Tatseite ist insoweit Eventualvorsatz ausreichend.

Der Begriff der Unvertretbarkeit in § 153 Abs 2 StGB ist gesetzlich nicht definiert. Unvertretbarkeit ist jedenfalls bei Entscheidungen anzunehmen, die jeder vernünftigen Ermessensausübung widersprechen bzw außerhalb des vernünftig Argumentierbaren liegen; abgestellt wird insoweit auf die Interessen der wirtschaftlich berechtigten Gesellschaft und nicht die dahinter stehenden Gesellschafter.

Es ist daher zu prüfen, wann bei der Übernahme von Verwaltungsstrafen und Verfahrenskosten das dafür zuständige Organ (im Regelfall die Geschäftsführer) seine Befugnisse missbraucht. Steht der Geschäftsführung – wie im Fall der Übernahme von Verwaltungsstrafen – ein Ermessensspielraum zu, ist die Grenze zum Missbrauch erst überschritten, wenn die konkrete Entscheidung außerhalb jeder vernünftigen Ermessensausübung liegt. Somit ist es auch für die strafrechtliche Beurteilung erforderlich, zunächst aus dem Blickwinkel des Gesellschaftsrechts zu beurteilen, ob die Entscheidung zur Übernahme der Strafe und / oder der Verfahrenskosten sorgfaltswidrig ist oder nicht.

6. Solidarhaftung der Gesellschaft

Die Gesellschaft haftet zur ungeteilten Hand über eine gegen den Geschäftsführer oder verantwortlichen Beauftragten verhängte Geldstrafe sowie die Verfahrenskosten (§ 9 Abs 7 VStG). Die Rechtfertigung für diese solidarische Haftung besteht darin, dass vielfach die wirtschaftlichen Vorteile aus der (bewussten) Übertretung von Verwaltungsvorschriften wirtschaftlich der Gesellschaft (Vermeidung von Aufwendungen zur Herstellung eines gesetzeskonformen Zustands) zu Gute kommen. Auf Grund der primären solidarischen Haftung kommt der GmbH im Verfahren gegen die Geschäftsführer bzw verantwortlichen Beauftragten Parteienstellung zu. Rechtsfolge ist, dass über die Haftung der GmbH bereits im Strafbescheid gegen die nach § 9 VStG verantwortliche Person abzusprechen ist und neben den verantwortlichen Beauftragten auch die Gesellschaft gegen den Strafbescheid Berufung erheben kann.

Die Gesellschaft ist aufgrund ihrer unmittelbaren und nicht bloß subsidiären Haftung berechtigt, die Verwaltungsstrafe direkt zu bezahlen. Diese „Direktzahlung“ berechtigt die Gesellschaft zum Regress gemäß §§ 896 und 1358 ABGB gegen den verantwortlichen Beauftragten. In rechtlicher Hinsicht ist dieser Fall dergestalt zu beurteilen, dass die Gesellschaft für die Schuld eines anderen aufgrund der gesamtschuldnerischen Haftung im Sinne des § 891 ABGB haftet. Der Regress gegen den verantwortlichen Beauftragten ist nicht durch die Einrede der Gutgläubigkeit belastet, sondern in voller Höhe durchsetzbar.

Wenn die Gesellschaft die Verwaltungsstrafe aufgrund ihrer solidarischen Haftung direkt bezahlt, ist dieser Aufwand eine nicht abzugsfähige Betriebsausgabe im Sinne des § 20 Abs 1 Z 5 lit b EStG 1988.

7. Steuerliche Behandlung von Verwaltungsstrafen

Bei der Erstattung einer Verwaltungsstrafe an Personen, die an der Gesellschaft nicht (wesentlich) beteiligt sind, handelt es sich nicht um durchlaufende Gelder gemäß § 26 Z 2 EStG und auch nicht um Auslagenersätze (diese wären jeweils nicht steuerbar). Vielmehr führt der Ersatz einer Geldstrafe zu einer (lohn-)steuerpflichtigen Zuwendung an den Geschäftsführer bzw verantwortlichen Beauftragten. Dieser lohnsteuerpflichtige Vorteil aus dem Anstellungsverhältnis besteht unabhängig davon, ob die Gesellschaft die Übernahme der Verwaltungsstrafe freiwillig vornimmt oder hierzu verpflichtet ist. Einzelfallabhängig können Werbungskosten vorliegen, die der Geschäftsführer bzw verantwortliche Beauftragte im Veranlagungsverfahren geltend machen kann.

Im Falle einer grundsätzlich zulässigen und steuerlich abzugsfähigen Übernahme (bzw Refundierung) von Verwaltungsstrafen ist es auch zulässig, dass die Gesellschaft dem Geschäftsführer / verantwortlichen Beauftragten den durch Ersatz des bloßen Strafbetrages erwachsenden steuerrechtlichen Nachteil ausgleicht.