
Die Übernahme von Verwaltungsstrafen durch die Gesellschaft – Grenzen der Zulässigkeit 1. Teil
Österreich ist ein schönes Land … aber auch ein strenges: Verwaltungsübertretungen werden – je nach Sichtweise streng bis sehr streng sanktioniert. Dazu kommt, dass die penible Einhaltung sämtlicher gesetzlicher Bestimmungen auch bei größter Mühewaltung nicht gelingen wird. Es ist lediglich ein angenähertes gesetzeskonformes Verhalten möglich; dieses sollte jedoch von der GmbH-Geschäftsführung auch angestrebt werden. Die Frage, wer gegen einen Funktionsinhaber verhängte Verwaltungsstrafen bezahlt, ist für die Betroffenen von großer praktischer Bedeutung; dieser Umstand rechtfertigt es, sich im folgenden diesem Thema zu widmen.
1. Überblick
Aufgrund ihrer höchstpersönlichen Natur hat eine Verwaltungsstrafe derjenige zu bezahlen, der als Adressat von ihr betroffen ist. Dieser Grundsatz gilt selbst dann, wenn die Strafe ausschließlich im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit eines GmbH-Geschäftsführers oder verantwortlichen Beauftragten verhängt wird. Nachdem eine Geldstrafe im Regelfall weder ein ersatzfähiger Aufwand noch ein ersatzfähiger Schaden im Sinne des § 1014 ABGB ist, besteht daher für eine Rückerstattung durch die Gesellschaft keine (rechtliche) Verpflichtung. Die Nichtübernahme einer gegen ihn verhängten Verwaltungsstrafe ist kein Grund für den vorzeitigen Austritt eines Dienstnehmers gemäß § 26 AngG.
Für (gewerberechtliche) Geschäftsführer und verantwortliche Beauftragte besteht angesichts der vorangeführten Ausgangslage ein starkes Interesse daran, die verhängte Verwaltungsstrafen von der Gesellschaft ersetzt zu bekommen oder zu erreichen, dass diese von vornherein die Strafen entrichtet; das Gleiche gilt sinngemäß auch für die Übernahme von Verfahrenskosten.
Einer Übernahme von Geldstrafen und Verfahrenskosten durch die Gesellschaft sind jedoch sehr enge rechtliche Grenzen gesetzt. Wesentliches Unterscheidungskriterium ist, zu welchem Zeitpunkt eine Vereinbarung zwischen der Gesellschaft einerseits und dem (potenziellen) Strafadressaten andererseits getroffen wird.
2. Vorwegvereinbarungen
An sich liegt es nahe, die Frage des wechselseitigen Regresses zwischen Gesellschaft und dem (gewerberechtlichen) Geschäftsführer bzw verantwortlichen Beauftragten hinsichtlich der auferlegten Verwaltungsstrafe im jeweiligen Anstellungsvertrag zu regeln und eine Haftungsfreistellung zu vereinbaren. Dem steht jedoch gegenüber, dass eine im Vorhinein vereinbarte Strafübernahmeklausel in einem Anstellungsvertrag, auf deren Grundlage sich die Gesellschaft verpflichtet, dem Strafadressaten die über diesen verhängten Geldstrafen zu ersetzen, im Hinblick auf § 879 ABGB sittenwidrig und deshalb auch nicht durchsetzbar ist.
Erklärt die GmbH-Geschäftsführung gegenüber einem verantwortlichen Beauftragten oder gewerberechtlichen Geschäftsführer, Verwaltungsstrafen (mehr oder weniger) „grundsätzlich“ zu übernehmen, so lässt sich dies mit einer sorgfältigen Geschäftsführung im Sinne des § 25 Abs 1 GmbHG nicht vereinbaren. Dies gilt auch für den Fall differenzierter Zusagen, etwa nur Strafen zu übernehmen, die wegen eines geringen Verschuldensgrades (zum Beispiel Fahrlässigkeit) verhängt werden. Demgegenüber ist eine im Vorhinein vereinbarte Befassungspflicht des zuständigen Gesellschaftsorgans dann zulässig, wenn damit nicht eine generelle Praxis der nachträglichen Überwälzung der Verwaltungsstrafe auf die Gesellschaft verbunden ist. Durch diese Befassungspflicht wird im Falle der Verhängung einer Verwaltungsstrafe lediglich eine bestimmte verfahrensmäßige Vorgangsweise ohne Aussicht auf ein bestimmtes Ergebnis zugesichert bzw überhaupt vertraglich vereinbart.
Nachdem ein gesetzlicher Anspruch auf Bevorschussung von Aufwendungen besteht, umfasst dieser auch die Verfahrens- und Vertretungs- bzw Verteidigungskosten, zumal diese keinen Sanktionscharakter haben. Eine Vereinbarung zur Übernahme der Kosten einer rechtsfreundlichen Beratung und Vertretung im Falle eines Verwaltungsstrafverfahrens ist auch im Vorhinein zulässig, soweit es sich nicht um vorsätzlich begangene Straftaten handelt; dies gilt auch für eine vertragliche Vorwegvereinbarung auf Leistung eines Vorschuss durch die Gesellschaft. Nachdem die vorsätzliche Begehung im Verwaltungsstrafrecht keine Rolle spielt, ist eine Vorwegvereinbarung über die Übernahme der Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens jedenfalls zulässig; erforderlich ist allerdings, dass diese Kostenübernahme eindeutig im überwiegenden Unternehmensinteresse gelegen ist.
Voraussetzungen für die Leistung eines Vorschusses sind allerdings die
- Bedingung der Nichtverurteilung im (Verwaltungs-)Strafverfahren;
- Verpflichtung zur Rückzahlung im Falle einer Verurteilung;
- Kreditwürdigkeit des Empfängers.
Die Kosten des Strafverfahrens können somit grundsätzlich vor und nach der Begehung der Tat von der Gesellschaft übernommen werden. Im Falle einer vorsätzlichen Schädigung, darf die Gesellschaft ebenfalls die Verfahrens- und Vertretungskosten übernehmen, sofern die diesbezügliche Übernahmevereinbarung nach Begehung der Tat erfolgt.
3. Übernahme der Strafe nach der Tatbegehung
Etwas günstiger stellt sich die Situation im Hinblick auf Vereinbarungen dar, die nach Begehung der Tat bzw Verhängung einer Verwaltungsstrafe getroffen werden: Eine nachträgliche– also nach Verurteilung oder Tatbegehung – vereinbarte Strafübernahme ist grundsätzlich zulässig. In diesem Fall fehlt die Strafzweckvereitelung als „Leitmotiv“ für die Sittenwidrigkeit von Vorwegvereinbarungen; aus diesem Grunde besteht kein generelles Verbot einer Übernahmevereinbarung. Die Gesellschaft darf demnach sowohl die über den (gewerberechtlichen) Geschäftsführer oder verantwortlichen Beauftragten verhängte Geldstrafe als auch die Verteidigungskosten übernehmen, wenn dies eindeutig im überwiegenden Unternehmensinteresse liegt. Ob ein solches „überwiegendes Unternehmensinteresse“ besteht, ist in jedem Einzelfall zu beurteilen.
Für die nachträgliche Übernahme von Verwaltungsstrafen bei Vorsatztaten ist entscheidend, ob
- der Pflichtenverstoß gegenüber der Gesellschaft selbst erfolgt ist;
- die verletzte Deliktsnorm vorwiegend dem Schutz der Interessen der Gesellschaft dient;
- die Strafübernahme durch ein entsprechendes Interesse der Gesellschaft gerechtfertigt werden kann.
In jenen Fällen, in denen von der Gesellschaft die Strafe übernommen werden darf, gilt dies auch für Verfahrens- und Vertretungskosten. Bei einer Weisung durch die Geschäftsführung, eine gesetzliche Norm im wirtschaftlichen Interesse der Gesellschaft zu missachten, ist ein Ersatz der über den verantwortlichen Beauftragten verhängten Strafe jedenfalls zulässig.