Die steuerrechtliche Behandlung von GmbH-Geschäftsführern 1. Teil

Die steuerrechtliche, sozialversicherungsrechtliche und arbeitsrechtliche Stellung von GmbH-Geschäftsführern ist vielschichtig und komplex. Im BÖB-Journal 78/19, 78 wurde auf arbeitsrechtliche Gesichtspunkte von (angestellten) Geschäftsführern eingegangen. Der heutige Beitrag beleuchtet in den Grundzügen die steuerliche Behandlung.

1. Überblick

Die einkommensteuerliche Zuordnung der Einkünfte eines gesellschaftsrechtlichen GmbH-Geschäftsführers ist von nachfolgenden Kriterien abhängig:

  • Vom Wesenstypus des Vertragsverhältnisses:
  • echter Dienstvertrag (= Vorliegen von Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit im Sinne des § 25 Abs 1 Z 1 lit a EStG); oder
  • freier Dienstvertrag; oder
  • bloßer Auftrag; oder
  • Werkvertrag;
  • vom Ausmaß der Beteiligung:
  • keine Beteiligung des Fremdgeschäftsführers;
  • nicht wesentliche Beteiligung (max 25 %) im Sinne des § 25 Abs 1 Z 1 lit b EStG;
  • wesentliche Beteiligung (mehr als 25 %) im Sinne des § 22 Z 2 zweiter Teilstrich EStG (bzw § 25 Abs 1 Z 2 lit a sublit bb EstG);
  • ob bei Gesellschafter-Geschäftsführern alle Merkmale eines Dienstverhältnisses entweder mit oder ohne Weisungsgebundenheit gegenüber der Generalversammlung vorliegen:
  • § 22 Z 2 zweiter Teilstrich EStG iVm § 47 EStG; oder
  • § 25 Abs 1 Z 1 lit b iVm § 47 EStG; oder
  • § 25 Abs 1 Z 1 lit b EStG im Falle einer gesellschaftsvertraglich vereinbarten Sperrminorität uÄ;
  • von der Art der Tätigkeit:
  • freiberufliche Tätigkeit im Sinne des § 22 Z 1 lit b EStG; oder
  • vermögensverwaltende Tätigkeit im Sinne des § 22 Z 2 erster Teilstrich EStG.

Der Fremdgeschäftsführer erzielt

  • Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 25 Abs 1 Z 1 lit a EStG), wenn er
  • in persönlicher Abhängigkeit weisungsgebunden,
  • im Rahmen eines echten Dienstverhältnisses im Sinne des § 47 Abs 2 EStG beschäftigt ist;
  • Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Form freiberuflicher Tätigkeit (§ 22 Z 1 lit b EStG), wenn er
  • im Werkvertrag oder im Zuge eines bloßen Auftragsverhältnisses tätig ist und
  • die Geschäftsführung im Rahmen seiner freiberuflichen Tätigkeit erbringt;
  • Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit in Form vermögensverwaltender Tätigkeit (§ 22 Z 2 erster Teilstrich EStG), wenn er,
  • ohne persönlich abhängig zu sein,
  • als freier Dienstnehmer oder im Werkvertrag tätig ist.

Bei einem Fremdgeschäftsführer ist die erste Variante – Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit – der mit Abstand häufigste Anwendungsfall. Ein solcher Geschäftsführer ist auch sozialversicherungsrechtlich sowie im Hinblick auf die meisten arbeitsrechtlichen Bestimmungen wie ein normaler Dienstnehmer der Gesellschaft zu behandeln.

Der Gesellschafter-Geschäftsführer erzielt

  • Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 25 Abs 1 Z 1 lit a EStG), wenn er
  • bis zu 25 % an der GmbH beteiligt ist und die Merkmale eines echten Dienstverhältnisses im Sinne der § 47 Abs 2 EStG und § 4 Abs 2 ASVG erfüllt sind;
  • Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 25 Abs 1 Z 1 lit b EStG), wenn er
  • bis zu 25 % an der GmbH beteiligt ist,
  • aufgrund einer gesellschaftsvertraglichen Regelung Weisungen in Einzelfall verhindern kann,
  • sonst jedoch alle Merkmale eines Dienstverhältnisses im Sinne von § 47 EStG vorliegen;
  • Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit (§ 22 Z 2 zweiter Teilstrich EStG), wenn er
  • zu mehr als 25 % an der GmbH beteiligt ist und
  • mit oder ohne Weisungsgebundenheit gegenüber der Generalversammlung,
  • sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses im Sinne des § 47 Abs 2 EStG gegeben sind;
  • Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Form freiberuflicher Tätigkeit (§ 22 Z 1 lit b EStG), wenn er
  • unabhängig vom Beteiligungsausmaß
  • im Werkvertrag oder im Zuge eines bloßen Auftragsverhältnisses tätig ist und
  • die Geschäftsführung im Rahmen seiner freiberuflichen Tätigkeit erbringt;
  • Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit in Form vermögensverwaltender Tätigkeit (§ 22 Z 2 erster Teilstrich EStG), wenn er,
  • ohne persönlich abhängig zu sein,
  • unabhängig von seiner Beteiligungsquote
  • als freier Dienstnehmer oder im Werkvertrag tätig ist.

Bei Gesellschafter-Geschäftsführern kommen die ersten drei Gestaltungsvarianten am häufigsten vor. Ein Geschäftsführer kann sich sein Vertragsverhältnis nicht aussuchen; es kommt vielmehr auf die jeweiligen Wesensmerkmale an. Das bedeutet, dass jedes Anstellungsverhältnis eines Geschäftsführers sowohl für diesen als auch für die Gesellschaft immer mit Vor- und Nachteilen verbunden ist. Im Zuge der Rechtsform- und Vertragsgestaltung sind diese eben gegeneinander abzuwägen.

2. Echter Dienstvertrag

Unter einen als Dauerschuldverhältnis zu qualifizierenden echten Dienstvertrag fallen alle natürlichen Personen, die die sich freiwillig dem Arbeitgeber – das ist im Falle des GmbH-Geschäftsführers die Gesellschaft – gegenüber zur Arbeitsleistung für bestimmte oder unbestimmte Zeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet haben.

Im Rahmen dieser Fremdbestimmung des Geschäftsführers ist zwischen seiner persönlichen Weisungsgebundenheit gegenüber der Gesellschaft (diese repräsentiert im Regelfall durch die Generalversammlung) und einer sachlichen Weisungsabhängigkeit zu unterscheiden. Die persönliche Weisungsgebundenheit bezieht sich auf die Berechtigung der GmbH, als Dienstgeberin neben den inhaltlichen auch im Hinblick auf persönliche Umstände der Erbringung der Arbeitsleistung über den Geschäftsführer zu verfügen. Die Weisungsgebundenheit tritt bei leitenden bzw höher qualifizierten Tätigkeiten in den Hintergrund, ohne dass dies das Vorliegen eines Dienstverhältnisses beeinträchtigen würde.

Unter persönlicher Abhängigkeit wird die individuelle Unterworfenheit unter die funktionelle Autorität der GmbH als Dienstgeberin verstanden: Diese wird bewirkt durch

  • Einhaltung betrieblicher Ordnungsvorschriften und organisatorische Gebundenheit des Geschäftsführers;
  • Bindung an Weisungen durch die Generalversammlung oder einen Mit-Geschäftsführer bezüglich der Arbeitszeit, des Arbeitsortes und des arbeitsbezogenen Verhaltens;
  • Kontrollunterworfenheit: Die Generalversammlung ist berechtigt, den Geschäftsführer daraufhin zu überprüfen, ob die betrieblichen Ordnungsvorschriften und Weisungen auch tatsächlich eingehalten werden;
  • disziplinäre Verantwortlichkeit: Der Geschäftsführer hat damit zu rechnen, dass er für ein allfälliges Fehlverhalten im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften zur Verantwortung gezogen wird;
  • höchstpersönliche Arbeitspflicht: Der Geschäftsführer kann sich bei der Verrichtung seiner Arbeit grundsätzlich nicht vertreten lassen, sondern hat die Arbeitsleistung höchstpersönlich zu erbringen und am vereinbarten Dienstort zu erscheinen.

Maßgebend für die Beurteilung einer Leistungsbeziehung ist nicht die Bezeichnung der vertraglichen Regelung, sondern immer das tatsächlich verwirklichte Gesamtbild der vereinbarten Tätigkeit.

3. Freier Dienstvertrag

Der freie Dienstvertrag ist ein auf einen wechselseitigen Austausch von Leistungen gerichteter Vertrag. Im Gegensatz zum Werkvertrag wird der freie Dienstvertrag nicht durch ein Zielschuldverhältnis begründet, sondern durch ein Dauerschuldverhältnis. Der freie Dienstnehmer schuldet seinem Auftraggeber als Vertragspartner weder eine konkret bestimmte Leistung noch die Herstellung eines bestimmten Erfolges. Er stellt vielmehr über einen gewissen Zeitraum seine Arbeitskraft für die Erbringung bloß gattungsmäßig umschriebener Leistungen zur Verfügung, damit der Auftraggeber sie im vereinbarten Rahmen einsetzen bzw nutzen kann. Der wesentliche Unterschied zwischen einem freien und einem echten Dienstvertrag liegt im Fehlen einer persönlichen Abhängigkeit. Für den freien Dienstvertrag ist typisch, dass die Arbeit weitgehend (wirtschaftlich) selbständig und frei von Beschränkungen des persönlichen Verhaltens geregelt ist.

Im Verhältnis zur GmbH als Auftraggeberin liegt keine wirtschaftliche Selbständigkeit vor, wenn im Zuge einer Gesamtbetrachtung des Beschäftigungsverhältnisses der Eindruck wirtschaftlicher Unselbständigkeit des Geschäftsführers im Verhältnis zur Gesellschaft überwiegt, ohne dass im Einzelfall sämtliche Merkmale vorliegen müssen.

Die wirtschaftliche Unselbständigkeit ist durch nachfolgende Tatsachen bzw Parameter gekennzeichnet:

  • Regelmäßigkeit und längere Dauer der Beschäftigung;
  • die Tätigkeit wird mit Arbeitsmitteln der Gesellschaft ausgeübt;
  • Verpflichtung zur persönlichen Arbeit;
  • Berichterstattungspflicht;
  • die Tätigkeit wird am Sitz der Gesellschaft verrichtet;
  • Bindung in zeitlicher, örtlicher oder sachlicher Hinsicht;
  • die persönliche Arbeitsleistung steht gegenüber dem Einsatz von eigenem Kapital im Vordergrund;
  • der Geschäftsführer verfügt im Zusammenhang mit der Erbringung seiner Leistung über keine nennenswerte eigene unternehmerische Struktur materieller und immaterieller Art und ist in seiner unternehmerischen Disposition rechtlichen oder faktischen Beschränkungen im Verhältnis zur GmbH unterworfen.

4. Auftragsverhältnis

Bei einer Gesellschaft, bei der nur sehr wenige Geschäfte anfallen, ist es denkbar, dass der Tätigkeit eines GmbH-Geschäftsführers lediglich ein bloßer Auftrag zu Grunde liegt. Der Auftrag unterscheidet sich vom Arbeitsvertrag dadurch, dass Ersterer bloß rechtsgeschäftliche Tätigkeiten und sonstige Rechtshandlungen beinhaltet, während ein klassischer Arbeitsvertrag typischerweise tatsächliche Verrichtungen umfasst. Ein Auftrag kann je nach individueller Ausgestaltung entweder Ziel- oder Dauerschuldverhältnis sein. In der Praxis kommen Auftragsverhältnisse vor allem dann in Frage, wenn ein Angehöriger der rechts- und wirtschaftsberatenden Berufe – quasi nebenbei – bestimmte Aufgaben in einer GmbH übernimmt.