
Die Ressortaufteilung der GmbH-Geschäftsführung 4. Teil
Mit Ausnahme der klassischen Ein-Personen-Gesellschaften verfügen sehr viele GmbHs über mehr als einen Geschäftsführer. Dies aus guten Gründen: Einerseits lassen sich oftmals der Umfang und die Komplexität des Geschäftsbetriebs durch ein einzelnes Vertretungsorgan schlichtweg nicht mehr bewältigen; andererseits wollen die Gesellschafter personalistisch strukturierter GmbHs häufig – auch im Hinblick auf einen gewissen Gleichheitsgedanken – im gesetzlich vorgesehenen Geschäftsleitungsorgan repräsentiert sein.
4. Pflichten des Geschäftsführers
Das bedeutet jedoch keineswegs, dass sich die übrigen Gesch.ftsführer um diesen Verantwortungsbereich überhaupt nicht kümmern müssen. Vielmehr besteht für sie die Verpflichtung, sich durch geeignete Überwachungsmaßnahmen eine elementare Kenntnis über die Tätigkeit ihres ressortzuständigen Kollegen zu verschaffen; nur in diesem Fall wirkt die Ressortunzuständigkeit in haftungsrechtlicher Hinsicht exkulpierend.
Der notwendige Umfang der Überwachungs- und Kontrollpflicht hängt naturgemäß vom Einzelfall ab; aus der höchstgerichtlichen Judikatur können jedenfalls folgende Schlussfolgerungen für die Praxis abgeleitet werden:
- Ein nicht ressortverantwortlicher Gesch.ftsführer haftet jedoch selbst, wenn er eigene (Überwachungs-)Pflichten dadurch grob verletzt, dass er es unterlässt, Abhilfe gegen Unregelmäßigkeiten des zur Erfüllung der abgabenrechtlichen Angelegenheiten bestellten Kollegen zu schaffen.
- Eine Pflichtverletzung des nicht mit abgabenrechtlichen Angelegenheiten Befassten ist allerdings erst dann anzunehmen, wenn für diesen ein Anlass vorliegt, an der Ordnungsmäßigkeit der Pflichterfüllung des ressortverantwortlichen Gesch.ftsführers zu zweifeln, und er dennoch nichts unternimmt, um Abhilfe zu schaffen.
Die Geschäftsführer können (und sollen) sich untereinander wechselseitig jedenfall sein gewisses Grundvertrauen entgegenbringen. Im Normalfall – es besteht kein Anlass, an der Ordnungsmäßigkeit zu zweifeln – genügt es, wenn anlässlich der regelmäßigen Geschäftsführungsmeetings nachgefragt wird, ob vom verantwortlichen Kollegen die abgabenrechtlichen Pflichten erfüllt werden.12) Dieses bloße Nachfragen genügt jedoch dann nicht mehr, wenn den ressortunzuständigen Geschäftsführern Säumnisse ihres Kollegen bekannt werden. Maßgeblich für eine allfällige Haftung der nicht mit abgabenrechtlichen Pflichten betrauten Geschäftsführer ist, ob für sie ein Anlass besteht, an der ordnungsmäßigen Pflichterfüllung ihres ressortzuständigen Kollegen zu zweifeln.
Bestehen derartige substanzielle Zweifel, liegt ein schuldhaftes Verhalten darin, dass die übrigen Geschäftsführer nichts gegen die Pflichtverletzungen ihres ressortverantwortlichen Kollegen unternommen haben. Im Ergebnis beginnt die abgabenrechtliche Verantwortlichkeit der (an sich) nicht ressortzuständigen Geschäftsführer bereits dann, wenn die Säumnisse ihres Kollegen ihnen schuldhaft – etwa durch ein bewusstes Wegschauen – nicht bekannt werden.