Der GmbH-Geschäftsführer in Zeiten von COVID-19

Covid-19 hat Österreich in einem Ausmaß getroffen, wie es die meisten von uns (auch ich) noch Anfang des Jahres für undenkbar erachtet haben. Wenn auch zum Zeitpunkt des Erscheinens dieses Artikels viele Ausgangsbeschränkungen bereits der Vergangenheit angehören (und ein Revival hoffentlich ausbleibt), werden die wirtschaftlichen Folgen österreichische Unternehmen – und damit auch GmbH-Geschäftsführer – voraussichtlich noch längere Zeit beschäftigen. Der heutige Beitrag der GmbH-Ecke will (selbstverständlich ohne Anspruch auf Vollständigkeit) einige praktische Empfehlungen vermitteln und versucht, auch ein klein wenig über den Tellerrand zu blicken.

Der GmbH-Geschäftsführer und das unternehmerische Risiko

Alle Verschwörungstheorien zum Trotz: Niemand ist schuld an einem Virus. Das mag breiten Kreisen unserer Bevölkerung, deren Einschätzung zur Folge „grundsätzlich jemand schuld sein muss“ (selbstverständlich immer der Andere) nur schwer erklärbar sein: Es ist eben so.

Überraschender Weise hat noch niemand behauptet, dass GmbH-Geschäftsführer „schuld“ am Eintritt der wirtschaftlichen Schieflage vieler österreichischer GmbHs sind. Dies aus gutem Grunde: Die GmbH haftet
mit ihrem gesamten Gesellschaftsvermögen; sie – und nicht die Geschäftsführer – ist Trägerin des wirtschaftlichen Risikos. Den Gesellschaftern steht der Unternehmenserfolg zu. Die Beteiligung am Verlust ist kraft Gesetz nicht vorgesehen; allerdings können sie im Falle eines wirtschaftlichen Scheiterns der Gesellschaft ihr Kapital – die geleisteten Stammeinlagen – verlieren.

Demgegenüber nimmt ein Geschäftsführer am Unternehmenserfolg nicht (unmittelbar) teil; er trägt daher auch kein unternehmerisches Risiko.
Das bedeutet, dass für ihn keine Erfolgshaftung besteht, sondern „nur“ eine sorgfaltsabhängige Haftung. Die praktisch bedeutsame Folge dieser
sorgfaltsabhängigen Haftung besteht darin, dass Geschäftsführer im Falle einer Pflichtverletzung persönlich, der Höhe nach unbeschränkt und
solidarisch haften, wenn bei einem Dritten (das ist in Anbetracht der Innenhaftung in erster Linie die Gesellschaft selbst) ein Vermögensschaden eingetreten ist. Der Sorgfaltsnachweis obliegt jedem Geschäftsführer. In der Praxis ist mangels ausreichender Dokumentation vielfach die Beweisführung schwierig, dass die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes angewendet wurde.

Ein GmbH-Geschäftsführer schuldet im Ergebnis „nur“ ein sorgfältiges Bemühen und im Hinblick auf die Einhaltung der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen ein „angenähertes Verhalten“. Angesichts der Dichte an zu beachtenden Vorschriften – es sind etwa 110.000 – ist dies auch nicht möglich.

Oberstes Gebot für eine ordentliche Geschäftsführung ist das Wohl der Gesellschaft. Das bedeutet,

  • im Rahmen der Gesetze, des Gesellschaftsvertrages, der für die Geschäftsführung verbindlichen Beschlüsse anderer Gesellschaftsorgane;
  • unter Berücksichtigung der Interessen der Öffentlichkeit und der Arbeitnehmer an den von der Gesellschaft betriebenem Unternehmen;
  • den Vorteil der Gesellschaft zu wahren sowie Schaden von ihr abzuwenden und dabei mit dem gebotenen Anstand sowie unter Beachtung wirtschaftsethischer Grundsätze zu handeln.

Selbstverständlich gehört zu einer ordnungsgemäßen Geschäftsführung
dazu, nach einigermaßen gesicherten Erkenntnissen eine gewisse Krisenvorsorge zu treffen. Mit Ausnahme der Organisatoren des Wimbledon Grand Slam ist mir kein Unternehmen bekannt, das gegen die wirtschaftlichen Folgen einer Pandemie versichert ist. Hätten Sie es vor 13 bis 14 Wochen für denkbar gehalten, was ab Mitte März dieses Jahres passiert ist? Wohl kaum. Das bedeutet, dass in Anbetracht der von der Regierung notabene verhängten Maßnahmen, die vielfach dramatische wirtschaftliche Auswirkungen nach sich zogen, GmbH-Geschäftsführer in einem Zug gesessen sind, in dem sie trotz ihrer gesetzlichen Leitungsfunktion nur Passagier waren.

Nun ist es aber an der Zeit, das Heft des Handels wieder in die Hand zu nehmen. Jede Krise birgt trotz aller Tragödien auch Chancen; es gibt nicht nur Kollateralschäden sondern – wenn wir es zulassen – auch einen kollateralen Nutzen.

Dieser Beitrag kann nicht aufzeigen, welchen gesellschaftlichen Nutzen
wir aus der gegenwärtigen Krise ziehen können (wenn wir nur wollten);
es geht vielmehr darum, GmbH-Geschäftsführern Handlungsweisen und
Denkschulen anzubieten, damit sie

  • ihren Pflichten nachkommen,
  • für das von ihnen geleitete Unternehmen einen Nutzen ziehen und
  • – auch wenn es auf den ersten Blick als eine gewagte These erscheint – einen persönlichen Nutzen ziehen können.

Vermeidung der Zahlungsunfähigkeit

Eine der schwierigsten – aber gleichzeitig elementarsten – Aufgaben der
GmbH-Geschäftsführung ist die Aufrechterhaltung der Zahlungsfähigkeit. Im Rahmen der sorgfältigen Geschäftsführung besteht eine Insolvenzantragspflicht, wenn die GmbH als Schuldnerin zahlungsunfähig ist. Zahlungsunfähigkeit bedeutet Nichtbedienbarkeit fälliger Geldforderungen.

Sie ist insbesondere anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen einstellt; das Andrängen von Gläubigern ist keine Voraussetzung. Der Umstand, dass die GmbH Forderungen einzelner Gläubiger ganz oder teilweise erfüllt oder noch erfüllen kann, begründet für sich alleine nicht die Annahme, dass sie zahlungsfähig ist. Die Zahlungsunfähigkeit ist im Gegensatz zur Überschuldung Tatbestandsmerkmal der Gläubigerbegünstigung und der fahrlässigen Krida.

Zahlungsunfähigkeit liegt nach der maßgeblichen zeitpunktbezogenen Interpretation vor, wenn der Schuldner

  • mangels flüssiger Mittel mehr als fünf Prozent aller fälligen Verbindlichkeiten nicht erfüllen kann und sich die dazu erforderlichen Mittel
  • bei redlicher wirtschaftlicher Gebarung (= keine Täuschung neuer Gläubiger über die tatsächliche wirtschaftliche Lage) voraussichtlich nicht in angemessener Frist verschaffen kann (stellvertretend für viele OGH 26.4.2001, 6 Ob 37/01m = ZIK 2001/270).

Die entscheidende Frage für die GmbH-Geschäftsführung lautet demnach: „Finden die am relevanten Stichtag fälligen Forderungen in den
vorhandenen liquiden Mitteln (Kasse, Bankguthaben, offene Kreditlinien)
und binnen angemessener Frist zu beschaffenden Mitteln Deckung oder
nicht.“

Die Erstellung einer kurzfristigen Liquiditätsprognose an Hand einer Finanzplanung ist unerlässlich; angesichts der gegenwärtigen wirtschaftlichen Erschwernisse ist eine verlängerte Frist von bis zu fünf Monaten angemessen.

Die Ermittlung der Zahlungsunfähigkeit ist eine Zeitpunktbetrachtung;
künftige Verbindlichkeiten sind daher bei Beurteilung der Zahlungsunfähigkeiten nicht zu berücksichtigen. Die sog. Zeitraum-Zahlungsunfähigkeit ist die absolute Ausnahme; sie ist etwa dann maßgeblich, wenn sich ein Schuldner einen Kredit im Bewusstsein „erschleicht“, diesen nicht bedienen zu können. In derartigen Fällen werden im Rahmen der Zeitraum-Zahlungsunfähigkeit auch Verbindlichkeiten bei der Prüfung der Zahlungsunfähigkeit berücksichtigt, die im relevanten Zeitraum noch nicht fällig sind.

Für die Geschäftsführung bietet sich folgender Praxistest an: In einem ersten Schritt erfolgt eine Gegenüberstellung der verfügbaren Zahlungsmittel plus Forderungen, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit in den nächsten (max.) 14 Tagen eingehen werden, mit den fälligen Verbindlichkeiten. Wenn eine Liquiditätsunterdeckung vorliegt, ist in der zweiten Stufe zu prüfen, ob es sich um eine dauernde Unterdeckung (= Zahlungsunfähigkeit) handelt, oder von einem bloß vorübergehenden Zustand (= Zahlungsstockung) auszugehen ist. Die Zahlungsunfähigkeit kann durch Stundung kurzfristig fälliger Verbindlichkeiten, Ratenzahlungsvereinbarungen, Forderungsverzichte (gegenwärtig anderen Geschäftspartnern wohl nicht ohne weiteres zumutbar) und vor allem der Bereitstellung finanzieller Mittel durch die Gesellschafter (vorzugsweise in Form von Kapitalerhöhungen) ausgeräumt werden.

Eine Zahlungsstockung liegt dann vor, wenn die Gesellschaft ihre am maßgeblichen Stichtag fälligen Verbindlichkeiten noch nicht bedienen kann, weil lediglich vorübergehend und kurzzeitig ein Mangel an Zahlungsmitteln besteht, der aber durch alsbaldige Mittelbeschaffung wieder behebbar ist, und innerhalb angemessener Frist wieder ausreichende Liquidität vorhanden ist. Angesichts der extrem unsicheren wirtschaftlichen Entwicklung in vielen Branchen fehlen gegenwärtig verlässliche Vergleichswerte, wann eine hinreichende liquide Ausstattung wieder zu erwarten ist. Wenn das Geld knapp ist, sollten Geschäftsführer auch an sich denken:
Nachdem zu Lasten der Vertretungsorgane eine subsidiäre Haftung im Abgabenrecht (§§ 9, 80 BAO), für Sozialversicherungsbeiträge (§ 67 Abs. 11 ASVG) sowie nach den Landesabgabenordnungen besteht, sollten diese bevorrechteten Gläubiger auf Punkt und Beistrich erfüllt werden. Dringend zu empfehlen ist auch, dass sich die nicht für die Ermittlung und Abfuhr von Steuern, Selbstbemessungsabgaben und Sozialversicherungsbeiträgen ressortzuständigen Geschäftsführer im Rahmen ihrer Überwachungspflichten mehr als in der Vergangenheit für diesen Geschäftsbereich in ihrem ureigensten Interesse kümmern; mit Misstrauen hat dies nichts zu tun.

Die Notwendigkeit von Ermessensentscheidungen

„Corona“ ist für uns alle etwas Neues; wir können nicht auf Erfahrungen zurückgreifen. Rund drei Monate nach Beginn der Verkehrsbeschränkungen in Österreich, lässt sich beurteilen, was (Mann oder Frau) mit der Weisheit des Rückblicks anders bzw. besser machen hätte können. In Anbetracht der Herausforderungen der kommenden Wochen, in denen Geschäftsführer Entscheidungen zu treffen haben, deren Ergebnis im höchsten Maße ungewiss ist, kommt der Business Judgement Rule als Rechtsform übergreifenden Rechtsgrundsatz (§ 25 Abs. 1a GmbHG, § 84 Abs 1a AktG) eine besondere Bedeutung zu: Ein Geschäftsführer handelt jedenfalls in Einklang mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes, wenn er sich bei einer unternehmerischen Entscheidung nicht von sachfremden Interessen leiten lässt und auf der Grundlage angemessener Information annehmen darf, zum Wohle der Gesellschaft zu handeln.

Die Business Judgement Rule ist demnach ein gesetzlich verankertes Haftungsprivileg zugunsten von Geschäftsführern, Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern, das unter bestimmten Voraussetzungen kraft Gesetz eine Pflichtverletzung ausschließt. Vielfach wird insoweit von einem sicheren Hafen („Safe Harbour“) gesprochen, wenn sich Geschäftsführer an gewisse Regeln halten. Wenn sämtliche Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind, führen bloße unternehmerische Fehlentscheidungen zu keiner Haftung (OGH 23.2.2016, 6 Ob 160/15w); das Unternehmerrisiko trägt die Gesellschaft.

Gerade in der durch COVID-19 verursachten „besonderen Situation“ besteht ein breiter Ermessensspielraum bei unternehmerischen Entscheidungen, einschließlich dem bewussten Eingehen von geschäftlichen Risiken sowie der Gefahr einer Fehlbeurteilung. Den Geschäftsführer trifft keine Erfolgshaftung; er hat nur für ein zum Entscheidungszeitpunkt („ex-ante“) pflichtwidriges Verhalten einzustehen. In der unrichtigen Beurteilung der Folgen einer Handlung liegt noch keine Fahrlässigkeit, wenn nicht die Beurteilung der Entscheidungsgrundlagen selbst auf einer Außerachtlassung der erforderlichen Sorgfalt beruht (OGH SZ 46/113).

Nachdem vieles derzeit ungewiss ist, empfiehlt sich für GmbH-Geschäftsführer bei Entscheidungen von größerer Tragweite nach folgendem Schema vorzugehen:

  • Was sind die voraussichtlichen Vorteile und Chancen der ins Auge gefassten Maßnahme?
  • Welche Nachteile sind damit verbunden, worin bestehen Gefahren?

Eine Beantwortung dieser Fragen in Form einer schriftlichen Eigendokumentation durch GmbH-Geschäftsführer ist unerlässlich: Wenn nämlich – weil Wochen oder Monate später gewiss ist, dass die Entscheidung nicht den gewünschten Erfolg gebracht hat – ein „Schuldiger“ gesucht wird, dient diese Dokumentation insoweit als Freibeweis, als die Entscheidungsgrundlagen und die pflichtgemäße Abwägung von Vor- und Nachteilen einerseits sowie Chancen und Risiken andererseits nachgewiesen werden können.

Jedem GmbH-Geschäftsführer ist daher ein sehr weites Beurteilungs- und Entscheidungsermessen kraft Gesetz eingeräumt. Eine Haftung besteht daher nur dann, wenn ein Geschäftsführer seinen Entscheidungsspielraum eklatant überschreitet, eine evident unrichtige Handlung oder eine geradezu unvertretbare Entscheidung trifft. Daraus folgt, dass es in einer Entscheidungssituation nicht zwingend nur eine Entscheidungsalternative gibt, sondern dass auch mehrere (u.U. entgegen stehende) Handlungsalternativen sorgfaltskonform sein können. Die Einhaltung der Business Judgement Rule schließt im Übrigen eine Strafbarkeit nach § 153 StGB (Untreue) aus.

Voraussetzungen für den weiten Beurteilungs- und Ermessensspielraum
sind:

  1. Es muss sich um eine (ex-ante) objektiv nachvollziehbare unternehmerische Entscheidung handeln.
  2. Beachtung gesetzlicher und gesellschaftsvertraglicher Bestimmungen sowie Generalversammlungsoder Aufsichtsratsbeschlüssen
  3. Der Geschäftsführer handelt frei
    von Eigeninteressen, Interessenskonflikten und sachfremden
    Einflüssen.
  4. Die Entscheidung muss, zu dem
    Zeitpunkt, zu dem sie getroffen
    wird, nach subjektiver Überzeugung des Geschäftsführers offenkundig geeignet sein, dem Wohle
    der Gesellschaft zu dienen; der
    Geschäftsführer hat im besten
    Interesse des Unternehmens zu
    handeln.
  5. Die Entscheidungsgrundlage
    stützt sich auf die der Bedeutung
    der Maßnahme entsprechenden
    angemessenen Informationen, die
    vernünftigerweise verfügbar waren.
  6. Kein Eingehen unverhältnismäßiger Risiken.
  7. Gutgläubigkeit des Geschäftsführers im Hinblick auf die Voraussetzungen zu 1. bis 6.

Im Umkehrschluss führt das Nichtvorliegen einer Voraussetzung nicht automatisch zu Sorgfaltswidrigkeit; es hat jedoch Indizwirkung. Kein haftungsfreier unternehmerischer Ermessensspielraum zu Gunsten von Geschäftsführern besteht

  • bei einer bereits aus einer Kompetenzüberschreitung resultierenden Pflichtverletzung;
  • bei Vorliegen eines In-Sich-Geschäftes;
  • in jenen Fällen, bei denen sie aufgrund zwingender gesetzlicher Vorgaben verpflichtet sind, bestimmte Handlungen zu setzen oder zu unterlassen.

Die Prüfung der Angemessenheit von Geschäftsführungshandlungen erfolgt insbesondere im Falle einer Interessenkollision.

Die Voraussetzungen einer unternehmerischen Entscheidung sind weit auszulegen und nicht im technischen Sinn zu beschränken. Eine unternehmerische Entscheidung kann sich auch auf eine bewusste Nichtentscheidung oder Unterlassung stützen. Sie hat auch die Zukunftsbezogenheit von Prognosen sowie die Unvorhersehbarkeit gewisser Entwicklungen und Risikofaktoren zu berücksichtigen. Die Anwendung der Business Judgement Rule ist ausgeschlossen bei

  • Entscheidungen wider gesellschaftsrechtlicher Bestimmungen und zwingender gesetzlicher Vorgaben;
  • In-Sich-Geschäften und Kompetenzüberschreitungen.

Überlegungen zur Arbeitssicherheit

Das österreichische Arbeitsrecht sieht umfassende Fürsorgepflichten eines Arbeitgebers gegenüber den Mitarbeitern vor, für welche das GmbH-Vertretungsorgan verantwortlich ist. Wenn der viel gepflogene Stehsatz „Die Mitarbeiter sind das wichtigste Kapital eines Unternehmens“ auch wirklich (hoffentlich) gelebt wird, dann ist es eine Selbstverständlichkeit, für ihre gesundheitliche Unversehrtheit Sorge zu tragen. Die Schwierigkeit dieses Unterfangens kann darin liegen, dass die Naturelle von Mitarbeitern unterschiedlich sein können: Vom eher unaufgeregten, sich auch durch den Corona-Virus nicht an seiner Lebensfreude beeinträchtigten Dienstnehmer bis zum pathologisch-hysterischen Hypochonder ist möglicherweise alles dabei.

Mit Sicherheit wird es zum Thema Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz in den nächsten Wochen noch die eine oder andere Verordnung sowie eine Vielzahl von Empfehlungen (etwa durch das Arbeitsinspektorat oder die AUVA) geben. Zweckmäßig ist es jedenfalls

  • das Home-Office in jenen Bereichen, in denen es sich bewährt hat, zu prolongieren;
  • die Mitarbeiter über die erforderliche Händehygiene nachweislich zu informieren und diese auch durch entsprechende Ressourcen zu ermöglichen;
  • räumliche Maßnahmen, wie etwa die Errichtung von Trennscheiben oder vergrößerten Abständen zwischen den Arbeitsplätzen vorzusehen;
  • Gesichtsmasken, Arbeitshandschuhe et cetera zur Verfügung zu stellen;
  • eine grundlegende Neuorganisation und Adaptierung der Arbeitsabläufe einzuleiten, damit (zum Beispiel) weniger Mitarbeiter gleichzeitig am Arbeitsplatz sind und persönliche Besprechungen vermieden werden können.

Zur sorgfältigen Geschäftsführung gehört naturgemäß, dass die erlassenen Sicherheitsmaßnahmen auch kontrolliert werden. Ängstlichen Mitarbeitern sollte eine „Beschwerdemöglichkeit“ in Form einer Gesundheitshotline zur Verfügung gestellt werden. Ganz allgemein empfiehlt es sich, mehr als vielleicht vor Corona-Zeiten auf die Meinung der Dienstnehmer „zu hören“.

Home-Office hat sich (auch weil vielfach keine Alternative bestand) grundsätzlich bewährt. Freilich, nicht jeder Mitarbeiter ist hierzu (persönlich, aufgrund seiner Wohnsituation oder beides) geeignet. Geschäftsführer werden insoweit in manchen Fällen über den eigenen Schatten zu springen haben (es soll ja auch manische Kontrollfreaks geben). In rechtlicher Hinsicht ist zu beachten, dass Home-Office eine Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer voraussetzt (§ 2 Z 4 COVID-VO-Novelle, BGBl II 2020/108). Die Geschäftsführung darf also Home-Office genauso wenig anordnen, wie Mitarbeiter einen Rechtsanspruch daraus ableiten können.

Dass Schutzmaßnahmen für Mitarbeiter etwas kosten, steht außer Frage: Die gesetzlichen Mindestanforderungen sind zu erfüllen, alles darüber hinaus Gehende ist wiederum eine Ermessensentscheidung der Geschäftsführung (siehe oben). Und wenn (hoffentlich nicht) sich ein Mitarbeiter mit dem Virus infiziert, dann fällt dieser Umstand zwar wiederum in die Risikosphäre der Gesellschaft (siehe ganz oben); Coronafälle mit einem schweren Krankheitsverlauf könnten allerdings für GmbH-Geschäftsführer strafrechtliche Folgen mit sich bringen.

So sie noch nicht vorhanden ist, wäre jetzt der geeignete Zeitpunkt für den Abschluss einer Directors & Officers sowie einer Strafrechtsschutzversicherung durch die Gesellschaft zu Gunsten ihrer Manager.

Kurzüberblick über ausgewählte Erleichterungen

Der Gesetzgeber hat aus gegebenem Anlass folgende für GmbHs maßgebliche zeitlich befristete Maßnahmen erlassen:

  • Jene Generalversammlung, die über die Feststellung des Jahresabschlusses, die Gewinnverwendung sowie die Entlastung der Geschäftsführung entscheidet kann auf bis zu zwölf Monate verschoben werden.
  • Ganz grundsätzlich gilt die Fristenhemmung des 1. COVID-19- JuBG und des COVID-19-VwBG. Das bedeutet, dass für alle Fristen eine Fristenhemmung eintritt, die entweder
    • vor dem 22.3.2020 zu laufen begonnen haben und zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgelaufen sind (dann verlängert sich die Frist um 40 Tage) oder
    • zwischen dem 22.3.3020 und dem 30. April 2020 zu laufen beginnen (dann verlängert sich die Frist um den Zeitraum von ihrem Beginn bis zum Ablauf des 30.4.2020).
  • Der Lauf von Fristen, die erst nach dem 30.4.2020 beginnen, wird durch die Bestimmung nicht berührt. Sobald die Frist aber einmal verlängert wurde, entfällt sie mit Außerkraft-Treten des § 2 1. COVID-19-JuBG.
  • Die Frist für die Einreichung des Jahresabschlusses beim Firmenbuch, die bislang nach neun Monaten (in der überwiegenden Zahl der Fälle bis Ende September) zu erfolgen hatte, wurde auf zwölf Monate verlängert.

Die in den Grundzügen wiedergegebene Fristenhemmung schafft den GmbH-Geschäftsführern zweifelsohne einen gewissen Freiraum, löst aber nicht die wahrscheinlich zwischenzeitlich eingetretenen wirtschaftlichen Probleme.

Offene Urlaubs- oder Zeitguthaben im Zeitraum 15.3. bis 31.12.2020 müssen auf Verlangen des Arbeitgebers verbraucht werden; dies allerdings nur, wenn die Gesellschaft von Arbeitsausfällen infolge Quarantäne sowie Betretungsverboten betroffen war.

Rücktritt des Geschäftsführers als Ultima Ratio?

Vertretungsorgane von Kapitalgesellschaften schulden als treuhändische Verwalter fremden anvertrauten Vermögens eine Treuepflicht gegenüber ihrer Gesellschaft; das gilt insbesondere auch in der Krise. Auf der anderen Seite ist der § 16a GmbHG – Rücktritt des Geschäftsführers (auch gegen den Willen der Gesellschafter) – eines der wichtigsten Rechte überhaupt.

Bevor ein solcher Schritt in Erwägung gezogen wird, sollte aus haftungsprophylaktischer Sicht sichergestellt sein, dass eine allfällige Insolvenzantragspflicht nicht verabsäumt wurde. Sollte dieses „Hoppala“ schon passiert sein oder im Bereich des realistisch Möglichen liegen, so lautet die klare Empfehlung: Rücktritt verschieben und Unternehmen sanieren.

Ansonsten hat der rücktrittswillige Geschäftsführer sicher zu stellen, dass nach seinem Ausscheiden eine ordnungsgemäße Vertretung der Gesellschaft möglich ist; gegebenenfalls ist gleichzeitig mit der Rücktrittserklärung auch eine Generalversammlung mit dem Tagesordnungspunkt „Bestellung eines Geschäftsführers“ einzuberufen.

Fazit: Die gegenwärtige gesamtwirtschaftliche Situation ist ernst; sie bietet aber auch die Chance, „Ballast“ hinter sich zu lassen.

Aufgrund ihrer Organstellung sind GmbH-Geschäftsführer im Hinblick auf die „Unternehmensführung“ (dazu gehört im worst case auch, das Unternehmen vom Markt zu nehmen) besonders gefordert. COVID-19 wird Opfer fordern: wirtschaftliche und menschliche (oder beide).

Es empfiehlt sich, in den nächsten Wochen mit Anstand und unter Beachtung wirtschaftsethischer Gesichtspunkte sorgfältig abgewogene unternehmerische Entscheidungen zu treffen. Nach Möglichkeit sollten alte Konflikte begraben und neue vermieden werden. Realistischer weise ist zu befürchten, dass hierzu die Bereitschaft „nicht flächendeckend“ vorhanden ist. Nehmen Sie aus diesem Beitrag das mit, was Sie für sich als passend ansehen. Und bleiben Sie gesund!